XXVIII

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Als wir uns nach einer knappen Stunde schon wieder verabschiedeten, war die Stimmung mehr als schlecht.
Auch wenn ich eigentlich ziemlich zufrieden mit mir war, weil ich Dario eins ausgewischt hatte, ging ich mit reichlich Wut im Bauch, ins Wohnzimmer zurück.
Dort schlich ich mich vorsichtig an die Couch um über die Lehne zu sehen. Michi lag, mit dem Gesicht zum Fernseher, schlafend da und als ich so auf ihn hinunter sah, wie er friedlich schlief, verflog meine Wut. Vorsichtig und leise schaltete ich den Fernseher aus und kniete mich dann vor das Sofa.
Der kleinere sollte auf keinen Fall hier schlafen, sonst hätte er morgen früh garantiert schlimme Rückenschmerzen. Also schob ich meine Arme vorsichtig unter seinen Rücken und seine Beine und hob ihn hoch.
Michi grummelte und kuschelte sich an mich, was mich unweigerlich zum grinsen brachte. Gott er war so niedlich.
Und er war Schuld daran, dass ich innerhalb eines Tages schwul geworden war.

Naja. Vielleicht war ich es auch schon vorher gewesen.

Ein kleines bisschen.

Im Schlafzimmer legte ich Michi auf meinem Bett ab und deckte ihn zu, bevor ich leise zurück in die Küche ging.

Hinter dem Zuckerpacket kramte ich erneut Michis Handy hervor und löschte, wie gestern, alle Mailbox Nachrichten und las mir die Nachrichten auf WhatsApp durch.
Am liebsten hätte ich Michis Vater und Kai meine Meinung gesagt, aber als ich die neuen Nachrichten las, wurde mir doch etwas komisch.

Dort standen nämlich keine Beleidigungen oder dergleichen. Sein Vater schrieb auf einmal ebenfalls besorgte Nachrichten, in denen stand, dass er bitte nach Hause kommen solle. Auch Kai wirkte auf einmal mehr als besorgt. Zwar wollte ich den 'Das war doch alles nicht ernst gemeint' und 'Bitte komm nach Hause, wir machen uns Sorgen' Texten noch nicht wirklich glauben, aber es hörte sich schon einmal besser an, als vorher.

Ich würde Michi wohl morgen sein Handy wiedergeben können.
Ich hoffte nur, dass er kein Heimweh bekommen und nach Hause fahren würde.
Das würde ich nämlich auf keinen Fall zu lassen.
Noch nicht.

Gedankenverloren verstaute ich Michis Handy wieder hinter den Zucker.

Ich wollte unbedingt noch Zeit mit ihm verbringen. Er war mir wichtig geworden.

Ich meine wichtig war er mir auch vorher schon, aber nicht in diesem Ausmaß.
Er hatte es tatsächlich zu Stande gebracht, dass ich mich innerhalb eines Tages total in ihn verschossen hatte.

Das hatten bei weitem nicht viele geschafft. Wenn man überhaupt behaupten konnte, dass es irgendjemand geschafft hatte.
Naja, es gab jemanden, aber derjenige war es nicht wert überhaupt über ihn zu reden. Denn der war schuld an meinem Absturz.

Seufzend ging ich ins Bad und putzte meine Zähne. Das war eine der Sachen von denen ich hoffte, Michi würde nie etwas davon erfahren.

Aber ewig könnte ich es wohl nicht vor ihm geheimhalten.

Im Schlafzimmer zog ich mich schnell um und schlüpfte, nachdem ich Michi wieder auf seine Seite geschoben hatte, zu ihm unter die Decke.

Als ich gerade gemütlich lag, kuschelte sich der kleinere an mich und ich konnte nicht anders als ihn noch näher zu mir zu ziehen. Ich vernahm ein zufriedenes grummeln seinerseits und flüsterte ein leises 'Gute Nacht' zurück, bevor ich ebenfalls wegdämmerte.

Dann kamst Du - (Selfishii)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt