10. Notiz von mir selbst, an mich: Sagt die, die ein Vampir ist...

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Der Kuss wurde leidenschaftlicher und dann urplötzlich Unterbrochen.

Ich war es die ihn Unterbrach, denn mir fiel auf was wir hier gerade tun. Blitzschnell sprang ich auf, schnappte meine Sachen vom Boden und rannte zur Tür hinaus – einen verwirrten Noah auf dem Bett zurück gelassen. 

Wir konnten das nicht tun, es war und ist falsch. Vor der Tür kam ich zum Stehen denn ich hatte ja immer noch nicht meine Klamotten angezogen.

Ich wusste nicht wo ich war, jedoch war weit und breit nichts zu sehen, ich stand in einer einfachen dunklen Gasse. Die nebenbei bemerkt gar nicht so dunkel für mich schien denn schließlich bin ich ein Vampir. Was nicht heißt das ich Superkräfte hab.

Wenn man meine Magie außen vor lässt, bin ich ein ganz normaler Mensch. Ach und meine Sonnenallergie, und den Blutdurst... Vielleicht bin ich doch nicht so normal.

Schnell schlüpfte ich in meine Party Sachen von Gestern an, die zu meinem Verblüffen heute viel kürzer aussahen als gestern Abend. So werde ich mich wohl kaum auf der Straße blicken lassen können. Eine andere Wahl hatte ich jedoch auch nicht denn Noah wollte ich nicht wirklich mein kleines Problem nach meinem Auftritt von eben anvertrauen und mein Handy hängt am Ladekabel in meinem Zimmer.

Nachdem ich auch in die High Heels gefunden hatte tapste ich vorsichtig voran, wobei ich mich an der Wand festhielt denn alles wackelte um mich herum.

Vermerken wir uns auf einer Liste, Alkohol tut mir nicht gut und ich sollte die Finger davon lassen.

Nach langsamen vorankommen stand ich endlich vor einer Wendeltreppe die hinunter führte. Schritt für Schritt lief ich die Treppe entlang und unten angekommen ertönte langsame aber dennoch gute Musik.

Ich stand nun wahrscheinlich in dem Club von gestern. Teilweise standen noch ein paar Gläser verteilt auf verschiedenen Ablagen wo sie womöglich nicht hingehörten aber sonst war es sauber.

Die einzige Person die ich entdecken konnte war ein Barkeeper der im Takt zur Musik Gläser putze.

So als hätte er mich gehört stoppte er in der Bewegung und sah mich verdutzt an.

„Wo kommst du denn her? Wir haben bereits geschlossen.“, verkündete er in bestimmendem Ton.

„Nun ja, das weiß ich leider auch nicht so recht“, gab ich zu und setzte mich vor ihn an den Tresen.

„Wie, du weißt es nicht?“, gab er lachend von sich und wirkte sofort viel lockerer.

„Ich bin da gerade eben aufgewacht, mit meinem… ähm ich meine mit einem Freund.“, sagte ich zögernd und zeigte in Richtung der Treppe.

„Scheint eine harte Nacht gewesen zu sein“, erwiderte der Barkeeper ohne Pause. „Oh ja, wie recht Sie doch haben.“

„Lass uns doch bei einem Du bleiben, und nenn mich Tobi.“, ich erwiderte sein Lächeln, „Mein Name ist Ella.“.

Zufällig ging mein Blick auf die Uhr hinter dem Barkeeper und sie zeigte 7:35 Uhr an. Hastig wanderte mein Blick durch den Raum, bis er schließlich wieder bei Tobi hängenblieb der ein besorgtes Gesicht machte. „Ich hab in 25 Minuten Schule…“, klärte ich ihn auf und er konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.

„Ein Internat Kind, ja?“,

„Leider, lange Geschichte, und ich hab jetzt wirklich keine Zeit. Man sieht sich bestimmt nochmal. Wenn Noah auch noch auftauchen sollte Weise ihn bitte daraufhin das wir Schule haben. Bis dann!“, rief ich noch beim herausgehen. Nun stand ich auf der Straße. Ich hatte wirklich keine Ahnung wie ich gestern hierhergekommen war. Autos fuhren Hupend an mir vorbei und die Fahrer  machten blöde Grimassen.  Ich ging nicht drauf ein und lief einfach los. An einem Schaufenster blieb ich stehen, nicht etwa weil da was drin stand was mich interessiert hätte sondern weil ich mich selbst spiegelte. Meine Haare standen zu Berge und mein Make-Up war total verschmiert. Geschockt wandte ich den Blick ab und lief schnell weiter. An einem Restaurant machte ich Stopp und ging hinein. Ich fragte mich nach einer Toilette durch und versuchte wenigstens etwas zu retten.

Erst jetzt kam ich dazu mal darüber Nachzudenken was vorhin passiert war. Ich hatte Noah geküsst. Leugnen konnte ich es nicht, aber was war jetzt zwischen uns? Ganz abgetan schien er ja nicht gewesen zu sein.

Es dauerte nicht lange da stand die Entscheidung, die ja eigentlich schon früher offensichtlich war, fest. Ich würde heute nicht zur Schule gehen und einen auf mega cool machen indem ich einfach meinen Tag irgendwo im nirgendwo verbrachte.

***Yet’s Sicht***

Inzwischen war es über 12 Stunden her das ich Sie das letzte Mal gesehen hab. Ständig verfing sich mein Blick auf der Uhr die sich im Klassenzimmer neben der Tafel befand. 12:37 Uhr. Gestern auf der Party, ich denke Sie hat es etwas übertrieben… und ich hab nichts von alldem mitbekommen!

Ich war zwar ebenfalls anwesend gewesen, so wie fast alle Schüler meines und ihres Jahrgangs aber nach kurzer Zeit hatte ich Sie aus den Augen verloren und nicht weiter drüber Nachgedacht. Auch heute früh hatte ich Sie nicht getroffen und deshalb Kathy gefragt. Sie meinte Ella sei gestern nicht mehr ins Internat gekommen, jedoch wo könnte sie denn sonst sein?

Sie kennt sich nirgends aus, hat das Internatsgelände so gut wie nie verlassen und soll jetzt verschwunden sein?

Als Wächter ist es meine Aufgabe Sie zu beschützen und jetzt bin ich nicht da, jetzt wo es der bestmögliche Zeitpunkt ist Sie anzugreifen. Sie allein, verlaufen, ohne Orientierung…

***Ella’s Sicht***

Endlich. Endlich konnte ich mir mal sicher sein nicht beobachtet zu werden in irgendeiner Art denn keiner hier interessierte sich für mich. Ich konnte Leben. Ich konnte total ungestylt mit einem viel zu kurzen Partykleid durch die Straßen laufen ohne das es jemanden interessierte vor dem ich Angst haben müsste. Keiner der da war und mich korrigierte weil ich irgendwas falsch machte oder mich falsch benahm. Herrlich, es ist einfach göttlich dieses Gefühl der Freiheit.

Ein Pfeifen riss mich aus meiner Verträumtheit und ich wurde Achtsam. Es pfiff wieder Mals. Ich folgte mit meinem Gehör dem Geräusch und erkannte die Richtung. Es war ein Junge mit einer Cap, ungefähr Mitte 20, schätzte ich ihn. Es war nicht so ein Pfeifen wie die Jungs machten wenn sie Interesse haben, sondern eher eins dem man Aufmerksamkeit schenken musste.

Er befand sich auf der anderen Straßenseite mir gegenüber. Er lächelte mich kurzerhand an, zeigte einen Briefumschlag hoch, legte diesen in ein Blumentopf vor ihm, so einer die abwechseln in verschiedenen Abständen auf den Bürgersteigen platziert sind. Danach verschwand er. Ja richtig verschwinden, nicht nur so ein weggehen, er war plötzlich wirklich einfach weg. Auch nicht so ein in der Menge der Menschen verschwinden. Es war als hätte er da niemals gestanden. Neugierig blickte ich mich um, um zu sehen ob ich die einzige war der das Aufgefallen war. Anscheinend, war dies wirklich der Fall. Die anderen Menschen rannten einfach weiter die Wege entlang mit dem Blick starr geradeaus, auf eine Zeitung, Smartphone oder Stadtplan gerichtet. Ganz normale Städtische Hektik herrschte hier.

Einmal nach links und rechts geschaut um mich zu vergewissern das auch wirklich kein Auto kommt und dann zuversichtlich die Straßenseite gewechselt. Der Briefumschlag war nicht verschwunden, im Gegensatz zu dem jungem Mann.

Dort angekommen versicherte ich mich noch ein weiteres Mal das auch wirklich keiner guckte und schnappte mir den Briefumschlag. Irgendwie kam ich mir ein wenig verrückt vor, wen interessierte es denn dass ich ein Briefumschlag aus dem Gebüsch hole?

Anders betrachtet: Ein Mädchen, sieht aus als wäre sie gerade aufgestanden, umgangssprachlich: wie ein Penner, super kurzes Partykleid (Mitten am Tag), ist verunsichert guckt sich ständig um, holt ein Briefumschlag aus dem Gebüsch und versichert sich vorher ob Sie nicht beobachtet wird?

Ja, das kommt überhaupt nicht kriminell rüber.

Jedenfalls hatte ich nun diesen Umschlag in meinen Händen und rieb vorsichtig über das Papier denn irgendwie konnte ich das noch nicht fassen. Dick war er nicht, besonders ordentlich auch nicht. Und trotzdem Geheimnisvoll. Vielleicht hatte der Typ auch ein Mädchen hinter mir gemeint. Zögernd hob ich den Blick und sah rüber zur anderen Straßenseite wo ich gerade eben stand.

Keiner stand dort. Doch, auf einmal stand der Typ wieder da. Er nickte und lächelte und verschwand wieder.

Entweder werde ich verrückt oder ich bin verrückt! Das ist nicht möglich. Er kann nicht einfach verschwinden.

Notiz von mir selbst, an mich: Sagt die, die ein Vampir ist…

Vielleicht erfahre ich mehr wenn ich diesen Brief lese, entschlossen öffnete ich ihn mit meinem Finger und zog das leicht zerknitterte Papier heraus.

Vampir sein, ist kein KinderspielWo Geschichten leben. Entdecke jetzt