Ich stand auf und Patrick stützte mich. Doch als ich Richtung Tür laufen wollte, hielt er mich auf und drückte mich Richtung Treppe. Ich folgte ihm ohne Widerstand zu leisten, er flüsterte: „Bitte entschuldige, meine Eltern, es ist nicht leicht für sie. Auch ich, bin mir nicht sicher, ob ich dir glauben soll. Doch, was habe ich für eine Wahl?“, schulterzuckend lief er die ersten Treppenstufen hoch und schaute mich danach fordernd an. Ich stand immer noch unschlüssig auf der ersten Treppenstufe, und blickte zu ihm herauf.
„Komm, und erzähl mir die ganze Geschichte. Denn, ich mag wissen, was mit meinem kleinen Bruder geschehen ist. Du weißt ja, ich hab nicht alles mitbekommen.“, sagte er freundlich lächelnd. Er sah so aus als ob man mit ihm besser sprechen könnte als mit seinen Eltern. Dies allein ließ mich ihm in sein Zimmer folgen. Er bot mir einen Platz auf seinem Bett an, den ich zögernd annahm da meine Sachen doch nicht gerade sauber waren.
Ich deutete vorsichtig auf mein Oberteil und meine Hose, doch er winkte lachend ab.
„Ach, Bettwäsche kann man waschen.“, grinste er mir entgegen.
Es munterte mich auf. Es war lange her das mich jemand so ehrlich angegrinst hatte. Ich lächelte und er lief ebenfalls auf das Bett zu, sowie ich.
Doch nach kurzer Zeit, also bestimmt nach nur 2 Minuten, stand er wieder auf und lief zu seinem Schrank.
In diesen 2 Minuten hatte keiner von uns was gesagt.
Er schnappte sich ein großes T-Shirt und eine Jogginghose die er mir entgegen hielt.
Ich sah ihn verwirrt an.
„Nun nimm schon, zweite Tür Rechts ist das Bad. Ich kann das nicht weiter ansehen wie du hier herum sitzt. Doch danach, dann wirst du mir so einiges erklären.“, sagte er mit wieder einem so überaus freundlichem Gesichtsausdruck das auch ich lächeln musste.
Er wusste das sein Bruder Tod ist, und doch ist immer noch die Freundlichkeit in Person?
Vielleicht wusste er ja nicht das ich für den Tod seines kleinen Bruders verantwortlich bin.
Oder, er hat einfach mit der Zeit gelernt mit Tod umzugehen, wenn man beim Militär arbeitet… da ist das nicht so unwahrscheinlich.
Mit einem Nicken erhob ich mich und nahm die Sachen entgegen. „Danke“, es war ein raunen, doch er schien es verstanden zu haben.
Ich schloss die Tür und er nickte mir nochmal aufmunternd zu. Es war Bewundernswert von ihm.
Unten hörte ich es kurz Scheppern. Dann sprach Jan zu seiner Frau.
„Mensch Anne, lass doch die Tassen stehen. Das ist jetzt unwichtig.“, versuchte er sie zu beruhigen.
„Ich weiß doch, aber Noah hätte es nicht gewollt wenn wir herum liegen und nichts tun.“, versuchte sie sich jedoch herauszureden.
„Nein, jeder braucht Zeit zum Trauern. Und was interessieren Noah schon Tassen die herum liegen…“, sagte er, hielt dann aber kurz inne, „Außerdem ist er sowieso nicht Tod.“
Ich ließ den Kopf hängen und schüttelte ihn enttäuscht wobei ich mich auf die suche nach dem Badezimmer machte. Ich dachte eigentlich, er habe es verstanden. Doch dies scheint nicht der Fall gewesen zu sein.
Ich fand das Bad. Das erste was ich dort tat, war in den Spiegel zu sehen.
Ich hatte Augenringe und meine Klamotten waren wirklich voller Blut. In meinem Gesicht sowohl wie in meinen Haaren klebte Dreck, Modder und zum Teil auch Laub.
Ich hielt es nicht lange aus mich so in dem Spiegel zu begutachten.
Ein letzter Blick, und mir viel noch meine leicht rote Wange auf.
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