Ich lief und lief. Ich hatte mir schon vor 2 Tagen den perfekten Platz ausgesucht. Doch ich konnte mich nicht von ihm trennen. Es muss aber sein. Das weiß ich.
Nach gefühlten 50 Stunden kam ich endlich an. Es war auf einer Lichtung, unter einem riesigen Baum. Der Baum war Tod. Knorrige Äste ragten ihm aus allen Seiten. Aber genau das machte ihn so schön.
Ich legte Noah vorsichtig ab und begann zu buddeln.
Ich erkläre euch auch wie.
Ich stellte mich breitbeinig hin und hob die Arme in die Luft. Mir war nicht bewusst ob es klappen würde. Ich hoffte es nur insgeheim. Wenn nicht – daran möchte ich gar nicht denken.
Ich sog alle Flüssigkeit aus den Bäumen und Blättern um mich rum. Es bildete sich eine bibbernde Wolke aus hellgrüner bis gelblicher Flüssigkeit.
Ich nahm meine eine Hand runter und ließ die andere hoch gestreckt.
Das Wasser stürzte sich auf die Stelle auf die ich zeigte. Es nahm so viel wie möglich Dreck auf und mein Arm glitt wieder nach oben, dies alles wiederholte ich abwechselnd mit meinen Armen, bis sie müde wurden und ein 5 Meter tiefes Loch vor mir war.
Ich wusste nicht was die Grafvorschriften waren oder wie tief ein Grab sein musste, aber ich konnte nicht mehr.
Es musste wohl oder übel reichen.
Es blieb dann dabei zu hoffen das niemand ihn ausgraben würde. Zu mindestens keine Tiere, hoffentlich.
Jetzt war es meine Aufgabe ihn dort hinein zu legen. Ich packte seine Arme und zog ihn zum Loch.
Ach ja, das Wasser, mit dem ich das Loch gemacht hatte, hatte ich in der Erde verschwinden lassen. Die Pflanzen außen rum würden schon was damit anzufangen wissen.
Mit einem dumpfen Aufschlag landete Noah im Loch. Ich schaute auf sein nun dreckverschmiertes Gesicht nieder.
Ich nahm etwas Erde in die Hand und schaute in das Grab. Es war kein schönes Gefühl.
Kalte Luft blies mir in den Nacken und ein Schauer überkam mich.
Nein. Nein, ich konnte das nicht. Ich hüpfte zurück ins Loch und nahm Noah sein Armband ab. Ich wusste nicht wo es herkam, oder was es zu bedeuten hatte, nur das ich irgendetwas von ihm brauchte. Ich konnte ihn nicht einfach hier lassen, ohne jegliches Erinnerungsstück.
Oben angekommen beugte ich mich über das Loch und flüsterte: „Wenn du eines Tages wieder zurück kommst, dann bekommst du das Armband wieder. Na los, hol es dir!“
Danach warf ich den Sand auf ihn. Es dauerte nicht lange bis nichts mehr zu sehen war.
Wenn er nicht schon vorher Tod war, dann wäre er es spätestens jetzt, denn das Gewicht der Erde hätte ihm die Knochen mehrfach gebrochen.
Es ist vorbei.
Aus und vorbei.
Er wird nicht wieder kommen.
Auch wenn ich mir dies so sehr wünsche.
Mit Tränen in den Augen machte ich mir das Armband ums rechte Handgelenk.
„Ich liebe dich“, raunte ich bevor ich mich zum Gehen wandte.
Ich fühlte mich leer.
Ich schaute zum Himmel. Plötzlich hatte ich das Gefühl es jedem mitteilen zu müssen.
Als Bestätigung fing es plötzlich an zu regnen.
Ich rief es hinaus, so stark meine Stimmbänder es duldeten: „ICH LIEBE DICH!“