Kapitel 8

701 31 3
                                    

Nachdem ich den letzten Satz geschrieben habe und eine Unterschrift darunter gesetzt habe, schmeiße ich den Stift hin. Verdammt ist das aufbrausend.
Ich alte mehrmals tief durch und sage mir, dass es vorbei ist. Es ist doch überhaupt nichts schlimmes passiert.
~

Nach Schulschluss laufe ich aus dem Schulgelände heraus, als ich David sehe und er auch mich sieht. Er wartet wahrscheinlich mit den anderen auf den Bus. Vorsichtig lächle ich ihn an und zu meiner Erleichterung lächelt er zurück. Darf ich jetzt zu ihm gehen? Als er einen Schritt auf mich zu macht, gehe ich auch auf ihn zu.

"Hi.. ich.. ich wollte mich bei dir entschuldigen. Ich bin letztens einfach abgehauen, es tut mir leid. Mich hat die Situation nur an etwas erinnert... Ich... musste einfach weg. Entschuldigung."

"Hey, alles gut. Ich habe dir angesehen dass etwas nicht stimmt, deshalb bin ich dir auch nicht hinter her. Manchmal braucht man einfach seine Ruhe. Ist okay. Mein Bus kommt gleich, sehen wir uns morgen? Vielleicht kannst du mir dann auch ein bisschen die Schule zeigen."

"Gerne... Treffen wir uns morgen in der ersten großen Pause am Eingang?"

"Super, bis morgen. Ich freu mich."
~

Zu Hause klopfe ich zaghaft an die Haustür. Hoffentlich ist er gut gelaunt... Ich sollte in dieser Woche wenig Verletzungen haben.. Seine lauten Schritte lassen noch mehr Angst in mir aufkochen. Ich glaube, er ist sauer.

"Wo warst du so lange!? Ich habe auf dich gewartet!!! Machst mir gleich am ersten Tag wieder Probleme. Dir muss mal jemand eine Lektion erteilen!", schreit er mich direkt an und zerrt mich ins Haus.

Eine Lektion erteilen...

"Hast du mich das letzte mal nicht verstanden? DU SOLLST DEINEM LEHRER ZEIGEN, DASS ES DIR GUT GEHT! Nicht das Gegenteil!"

An den Haaren zieht er mich in das Zimmer. Mit schmerverzerrtem Gesicht schaue ich mich um. Kein Metalltisch. Heute sind Schläge dran. Er hat keinen Gürtel an. Als er mich loslässt, verkrieche ich mich in die hinterste Ecke.

"Ha, willst du dich vor mir verstecken? Du elendes Miststück, ich finde dich sowieso!

Hast du etwa Angst vor mir? Wunderbar! So sollte das sein. ICH bin der Chef! Nicht du, du bist nur eine Last für alle!"

Mein ganzer Körper ist am Zittern. Er macht sich an einer Steckdose zu schaffen, und als er plötzlich mit einem Bügeleisen vor mir steht, reiße ich vor Schreck die Augen auf. Er hat mich noch nie verbrannt.

"Ja, da schauste. Du wirst frecher, mein Schatz. Also kommen auch härtere Erziehungsmaßnahmen zum Vorschein.
Hose ausziehen."

Ich bleibe wie versteinert liegen.

"HOSE AUS hab ich gesagt!", brüllt er und kommt auf mich zu.

Zitternd öffne ich den Knopf und versuche, sie mir auszuziehen. Ich muss es selbst schaffen, sonst wird er es machen und das wird schnerzhafter.

Er will mich mit dem Bügeleisen verletzen.... Das kann er doch nicht machen... Nur einmal hat er mir mit etwas heißem wehgetan, das War vor 4 Jahren, als ich etwas anbrennen gelassen habe. Er hat meine Hand für ein paar Sekunden auf die heiße Herdplatte gelegt, ich kann mich an den Schmerz nur noch wage erinnern, aber ich konnte meine Hand 1 Woche danach immernoch nicht benutzen.

Drohend baut er sich vor mir auf.
"Wollen wir mal schauen, ob es schon heiß ist oder was meinst du? Ich glaube, dass ich mich im Wald nicht klar genug ausgedrückt habe. Du sollst verdammt nochmal zeigen, dass es dir gut geht, hast du das kapiert!?"

"Ja... ich gebe mein Bestes, sir.", gebe ich mit zitternder Stimme von mir.

"Hah! Und warum hat Herr Becker dann schon wieder hier angerufen weil er sich Sorgen macht? Kannst du mir das auch beantworten du hässliche Schlampe?!"

Bevor ich antworten kann, spüre ich plötzlich einen höllischen Schmerz, der durch meinen ganzen Körper zieht. Schmerzerfüllt Schreie ich auf, doch dafür kassiere ich nur einen Schlag in sie Rippen.
Mit meinen aufgerissenen Augen erkenne ich, dass der Schmerz durch das
Bügeleisen verursacht wurde. Es tut so brennen und ziehen!!! Es ist noch viel schlimmer als erwartet! Tränen rinnen über meine Wangen, ich kann sie nicht mehr zurückhalten. Ich darf vor ihm keine Schwäche zeigen, aber heute geht es nichz mehr. Es geht nicht mehr. Ununterbrochen beschimpft er mich, doch das kann ich gar nicht mehr wahrnehmen. Ich spüre schon wieder die aufkommende Ohnmacht. Wenn ich Ohnmächtig werde, wird er mich noch mehr verletzen. Ich muss wach bleiben.

Erneut verbrennt er mich. Und wieder verlässt ein heller schrei meine Kehle und mehr Tränen verlassen meine Augen. Ich habe das Gefühl, dass mein gesamtes Bein verbrannt ist. Ich krieche irgendwie, mit unglaublichen schmerzen, weiter weg von ihm.

"Wegen dir wird das Jugendamt kommen du Fickfehler!!! Du machst mir so große Probleme!! Womit habe ich das verdient, kannst du mir das mal sagen!? Warum bestrafen sie mich mit dir?! Mit dir hässlichen Fotze! Jeder denkt, du bist das arme kleine Opfer, dabei bin ich das! Ich leide! Wegen dir!"

Wütend holt er aus und plötzlich fliegt das Bügeleisen auf mich zu. Schützend halte ich die Arme vor mein Gesicht, doch trotzdem trifft es mich am Kopf und am Arm, und plötzlich spüre ich etwas warmes an meiner Schläfe.

Blut.

Das Bild vor meinen Augen wird immer unschärfer und mir wird immer mehr schwindelig. Und als ich wieder einen Tritt in den Bauch bekomme, flüchte ich aus der Realität und suche Schutz in der rettenden Ohnmacht.
~~

Langsam öffne ich die Augen. Ich liege mitten in meinem Zimmer. Ich erinnere mich an alles. An das bügeleisen, an das Blut, an die Tritte, an die Schmerzen, an seine Worte. Ich muss mich verarzten. Ich muss schauen, wie schlimm es ist.
Doch schon beim Aufsetzen habe ich sehr große Schmerzen. In meinem Kopf dreht sich alles, ich kann meinen linken Arm nicht ohne Schmerzen bewegen, mein Bauch fühlt sich an als hätte er Muskelkater, mein rechtes Bein kann ich kaum bewegen. Mein Schädel brummt.

Komm schon, ich muss es wenigstens bis ins Bad schaffen. danach geht es besser.

Endlich, als ich stehe, humpel ich ins Bad. Großer Gott, wie soll ich die nächsten Tage überstehen? Mein ganzer Körper schmerzt.
Als ich endlich auf dem Toilettendeckel sitze, ziehe ich mich vorsichtig aus. Erst das Oberteil. Hoffentlich ist mein Arm nicht gebrochen... Langsam taste ich ihn ab. Nein, gebrochen fühlt sich anders an. Wahrscheinlich nur verstaucht. Vor zwei Monaten hat er mir die Hand gebrochen, das hat sich anders angefühlt. Hoffentlich habe ich beim Rest auch so viel Glück.

Die Wunde am Kopf muss nicht genäht werden. Ich darf nur nicht dranstoßen, und Dreck sollte auch nicht reinkommen. Ich desinfiziere das Ganze mit zusammengebissenen Zähnen und betrachte anschließend meinen Bauch. Er ist blau. Überall sind blaue, große, lilane Flecken. Aber gebrochen scheint auch nichts zu sein. Fühlt sich das ganze also nur schlimmer an, als es ist.

Doch als ich meine Hose ausgezogen habe, zieht sich alles in mir zusammen und ich ziehe die Luft ein.
Mein ganzer rechter Oberschenkel ist verbrannt. Die Haut zieht sich eklig zusammen und ist feuerrot, teilweise auch offen. Von brandblasen wollen wir gar nicht erst reden.
"Scheiße...", flüstere ich leise.
Ich hole verschiedene Cremes, Binden und Pflaster und verarzte mich. Den Bauch schmiere ich ein, meinen linken Arm wickle ich ein und überschminke schon mal die Flecken an meinen Schultern und an meinem Dekolleté.
Schließlich beiße ich die Zähne zusammen und lege Binden mit einer Creme für Verbrennungen auf meinen Oberschenkel.
Wimpern wickle ich noch einen Verband darum und bleibe die nächsten 10 Minuten sitzen, ohne mich nur einen milimeter zu bewegen. Ich glaube, ich sollte heute früher los laufen wenn ich pünktlich zur Schule kommen will.

Als meine Zimmertür aufgeht, spannen sich meine Muskeln an, doch niemand kommt herein. Gott sei dank. Er hat mir nur etwas zum Anziehen und Brot gebracht. So schnell ich kann mache ich mich fertig und laufe 20 Minuten früher als sonst los. Aber das reicht wahrscheinlich nicht. Ich kann mich nicht richtig bewegen. Jeder Schritt führt zu Schmerzen im ganzen Körper, trotz Schmerzatbletten.

Gefangen im eigenen zu HauseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt