Kapitel 26

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Hope's Pov

Zitternd liege ich in eine Decke gewickelt auf einem Holsbrett in unserem Gartenhaus. Als die ganzen Leute aus dem Haus waren hat er mich in den Garten geschmissen, vielleicht eine seiner neuen Erziehungsmaßnahmen. Bis auf den Punkt dass es sehr kalt ist und ich Hunger habe, finde ich es eigentlich gar nicht so schlecht. Ich muss nicht starr vor Angst auf meine Zimmertür starren und Angst haben, dass er jeden Moment reinkommen kann sondern bin ungestört hier draußen. Okay gemütlich ist es auch nicht unbedingt. Aber es geht schon.

Versuche doch nicht immer deine Situation gut zu reden. Es ist scheiße hier draußen und wenn du Pech hast bist du bis morgen früh halb erfroren. Kannst du mir mal sagen warum du eben nicht die Wahrheit gesagt hast?

Weil ich es nicht konnte man.

Hast du alles vergessen, was wir geredet haben? Du warst doch schon bereit dazu. Ich habe es gespürt. Du warst es schon längst.

Aber es waren so viele Leute um mich herum. Das hat mich unter Druck gesetzt! Es ging einfach nicht über meine Lippen....

Versuche zu schlafen..

Als ich mich gerade hinlegen will, macht mein Vater plötzlich die Tür auf und gibt mir ein Glas Wasser zu trinken. Schnell nehme ich es entgegen und trinke es ganz aus. Ohne ihn anzuschauen gebe ich ihm schnell das Glas zurück. Warum hat er mir etwas zu trinken gegeben? Freiwillig? Ich hätte damit gerechnet, dass er wieder ins Haus geht, doch stattdessen drängt er mich zurück und redet auf mich ein. Ich fühle mich wie in einem Tunnel, wie betäubt. Plötzlich knebelt er mich mit einem Stofffetzen und schon erreicht mich der erste Schlag. Ich weiß nicht, was los ist. Ob er einfach wütend ist oder ob ich etwas getan habe.... Okay, die Polizei war im Haus. Ich fühle mich anders als sonst. Es ist mir gerade so egal, was mit mir passiert. Es ist mir so egal. Irgendwie fühle ich mich... betrunken. Nicht dass ich wüsste, wie sich das anfühlt, aber so stell ich es mir ungefähr vor. Ich nehme diese höllischen Schmerzen zwar wahr, aber... Auf einmal wird mir ganz schwindelig und ich schließe meine Augen. Liegt wahrscheinlich an zu wenig Essen... Ich schließe meine Augen und bin im nächsten Moment nicht mehr bei Bewusstsein.

-

Unter Schmerzen öffne ich meine Augen. Ich fühle mich irgendwie extrem scheiße. Was zur Hölle ist gestern passiert? Mein Kopf tut höllisch weh. Gestern hat er mich ins Gartenhäuschen gesteckt, und dann ist meine Erinnerung weg... Ich hebe meinen Arm und fahre mir durch die Haare, als ich plötzlich etwas... nasses an meiner Hand spüre. Abrupt setze ich mich hin, was ein Fehler war. Mir tut schon wieder alles weh. Draußen ist es noch dunkel. Habe ich nicht lange geschlafen? Ich fühle mich als hätte ich einen ganzen Tag verpasst... Als ich auf meine Hand schaue, sehe ich Blut. Erschrocken fasse ich mir an die Stirn. Shit... Was ist gestern noch passiert!? Als ich an mir herunter schaue, muss ich feststellen, dass ich nur noch meinen zu großen Pullover an habe. Blut klebt an meinen Beinen. Ich habe schon eine schlimme Vermutung, wo dieses Blut herkommt...

Hope? Du weißt genau was passiert ist... Vielleicht kannst du dich nicht daran erinnern, aber du weißt was passiert sein muss...

Ja natürlich denke ich mir etwas dabei, ich kann mir das ja schlecht selbst zugefügt haben. Plötzlich überkommt mich eine große Angst. Ich fange an zu zittern und meine Augen füllen sich mit Tränen. Ich schaue meine Haut an, überall sehe ich Blut. Blut Blut Blut.. Meine Arme sind blau, und komische und Kreise sind zu sehen, ich weiß nicht von was sie kommen. Mein Unterleib schmerzt so schlimm wie noch nie... Mein Kopf pocht, alles tut mir so unglaublich weh! In dem spärlichen Licht hier drin suche ich etwas zum Anziehen, und tatsächlich finde ich noch eine alte Jacke und eine weitere Decke. Zitternd binde ich mir die eine Decke als Rocke um meine Beine, die Jacke ziehe ich an und wickle mich mit der anderen Decke noch fest ein. Panisch versuche ich, aus diesem Raum herauszukommen. Aber ich bin so kraftlos... Und plötzlich, als ich die Klinke nach unten drücke, geht die Tür auf. Er hat mich gar nicht eingeschlossen... Obwohl mein Körper schmerzt und ich nur noch schlafen will, laufe ich weg. Ich laufe einfach los. Weg von hier. Ich spüre so eine große Angst... Vor ihm. Ich habe Angst vor ihm. Ich glaube, so schlimm wie heute war es schon lange nicht mehr... Meine ganzen Klamotten kleben an mir und ich versuche mir einzureden, dass ich nur so stark schwitze. Es ist nicht wegen dem Blut. Ich schwitze nur. Obwohl ich seit Jahren nicht mehr geschwitzt habe...

Seit gefühlten Stunden irre ich jetzt schon umher, die nächste Stadt ist nicht mehr weit entfernt.... Ich weiß nicht, wohin ich gehen will. Wohin ich gehen soll. Mein Kopf ist ein einziges Chaos. Ich werde nicht mehr zurück gehen, so viel steht fest. Ich bin wütend auf mich, dass ich den Polizisten nichts erzählt habe. Ich kann das nicht mehr. Ich möchte endlich ein normales Leben haben! Aber ich muss das selbst auf die Reihe bekommen... Ich kann nicht zur Polizei gehen, das geht einfach nicht... Er würde... keine Ahnung, er würde mich finden. Er würde aus dem Gefängnis ausbrechen und mich umbringen! Ich muss weg hier. Weg aus diesem Land.. Wie ich das anstellen will weiß ich noch nicht. Ich habe ja nichts! Bis auf eine alte, stinkende Jacke, zwei Decken und ein Oberteil... Sonst habe ich nichts. Ah doch, ich habe offene Wunden die gerade danach schreien, verarztet zu werden.

Von wegen er würde sich ändern... Wie konnte ich nur so blöd sein und das glauben?

Müde und erschöpft lasse ich mich einige Zeit später auf eine Bank fallen. Ich weiß nicht genau wo ich bin, auf jeden Fall nicht mehr in Winden. Winden ist sehr klein, liegt aber direkt neben einer Großstadt. Und ich glaube, in dieser Großstadt bin ich jetzt. Ich glaube, das ist gut, bin mir aber nicht sicher. Es sind immer noch Sterne am Himmel zu sehen, ich habe keine Ahnung wie spät es ist. Ich mache es mir auf dieser Bank am Straßenrand so gut es geht gemütlich und lasse mich von den vereinzelt vorbeifahrenden Autos nicht stören. Ich brauche wirklich eine Pause...

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Ich werde durch sanftes Rütteln wach. Schützend vor dem Sonnenlicht halte ich meine Arme vor mein Gesicht. Ich fühle mich besser, aber die Schmerzen haben nicht nachgelassen. Es ist kälter geworden. Einzelne Körperteile sind taub geworden, aber ich fühle mich fitter.

"Hallo? Geht es Dir gut?"

Scheiße. Ruckartig setze ich mich auf. Und schon dreht sich die Welt um mich herum und ich brauche einen Moment um zu erkennen, wer vor mir steht. Eingeschüchtert senke ich meinen Blick. Täglich grüßt das Murmeltier... beziehungsweise die Polizei.

Gefangen im eigenen zu HauseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt