Natürlich ohne meine Antwort abzuwarten setzt sie sich neben mich auf das Bett.
"Wie geht es dir? Was ist passiert?"
"Mir geht es nicht so gut, ich habe eine Grippe oder so etwas...", antworte ich mit belegter Stimme.
"Und was ist mit deinem Auge passiert?"
"Was soll passiert sein?"
Mein Herz schlägt so schnell und laut, dass ich denke, sie hört meinen Herzschlag. Sie darf es nicht erfahren. Es würde meine kleine Familie zerstören... Es wäre nicht gut, ich habe doch nichts außer das hier. Ich habe doch sonst nichts...
"Ich bin nur gegen den Türrahmen gelaufen."
Das wird sie dir jetzt bestimmt glauben.
Du hättest mir ja auch helfen können!
Wie wäre es mal mit der Wahrheit?
"Hope, ich bin hier um dir zu helfen. Wir werden zusammen eine Lösung finden. Du bist nicht alleine, versprochen. Aber öffne dich. Ich kann dir nur helfen, wenn du es zulässt. Ich weiß, dass hier einiges schief läuft, aber ich darf erst etwas dagegen unternehmen, wenn ich es von dir höre. Du solltest dir eingestehen, dass du jemanden brauchst, der dir hier raushilft. Das sind keine Familienverhältnisse. Das ist etwas schlimmes. Bitte, ich bitte dich, mir die Wahrheit zu sagen. Du bist nicht glücklich. Hier wirst du es auch niemals werden. Er wird sich nicht ändern. Du darfst nicht an solchen lügen festhalten, okay? Ich lasse dir meine Karte da. In ein paar Tagen komme ich wieder, aber du darfst mich auch jederzeit anrufen. Egal wie spät es ist. Ich werde für dich da sein."
Ich schließe meine Augen und die erste Träne verlässt mein Auge. Als die Tür wieder ins Schloss fällt, falle auch ich. Tief, sehr tief. Und ich werde nicht aufgefangen. Da ist nur Dunkelheit, die mich umhüllt. Es gibt keinen Lichtschimmer mehr. Nirgends.
Doch, maus. Sie ist der Hoffnungsschimmer.
Verdammt verstehst du mich nicht!? Ich kann das nicht!!!
Verstehst DU MICH nicht??? Verstehst du Frau Valenta nicht? Es wird sich niemals etwas ändern. Jeden Tag aufs Neue wirst du mit blauen Flecken, offenen Wunden und Schmerzen aufwachen, und mit jedem mal gehst du ein Stück mehr kaputt. Deine Seele schreit, aber du ignorierst sie. Dein Herz weint, aber du kümmerst dich nicht darum. Es hat sich noch nie jemand um dich gekümmert. Du kennst es auch nicht anders. Dir wurde beigebracht, stark zu sein. Und nicht schwach. Auf dich selbst aufzupassen und keine Gefühle zu zeigen. Stark zu sein. Aber was heißt denn stark sein? Und jetzt, wo Herr Becker sich Sorgen um dich macht, er sich um dich kümmern möchte, jetzt brichst du zusammen! Jetzt auf einmal fängst du an, über alles nachzudenken! Jetzt auf einmal triffst du David. Jetzt auf einmal bin ich da. Jetzt auf einmal bist du nicht mehr so unantastbar. Jetzt wirst du schwach. Und das ist vollkommen okay! Jetzt merkst du, wie es ist, wenn du erwünscht bist. Wie es ist, wenn dir jemand helfen will. Und es ist schwer, das anzunehmen. Dir wurde gelernt, dass man das nicht darf. Dass du alleine überleben musst. Aber das schaffst du nicht mehr lange. Du stirbst. Deine Wunden heilen nicht mehr. Du wirst immer dünner und immer schwächer. Du musst endlich deinen Mund aufmachen, sonst ist es wirklich zu spät. Du musst es zulassen.
Ja. Ja ich weiß. Ich weiß es doch! Aber mein ganzes Leben lang bin ich nur hier. ich kenne nichts anderes.
Aber du hast recht.
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Gefangen im eigenen zu Hause
RandomMein Name ist Malorie, das bedeutet Unglück. So werde ich jedenfalls von meinem Vater genannt, in der Schule werde ich Hope gerufen, weil niemand meinen richtigen Namen kennt und ich bezweifle, dass ich in Wirklichkeit Malorie heiße. Mein Vater hass...