Kapitel 19: ... tritt eh nie ein

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Als sie schließlich im Flugzeug saßen schien alles wie gehabt. Am Flughafen war alles normal gelaufen. Was sollte an so einem Ort auch schon großartig passieren? Tim machte sich viel zu viele Sorgen. Stegi wurde von ihm bestimmt dreimal gefragt ob er Flugangst hätte, bevor sie in die Maschine einstiegen. Als ob er ihm so etwas Wichtiges verschwiegen hätte. Ist ja nicht so als hätte er ihm jemals etwas vorenthalten. *hust* Auch wich er die ganze Zeit nicht von Stegis Seite. Was ihm aber gar nicht mal so unangenehm war. Ihm fehlte wirklich nur noch eine Sonnenbrille, dann wäre sein Bodyguard Image perfekt gewesen. Tobi ließ es sich auch nicht nehmen genügend Scherze über die Beiden zu machen, er sah die ganze Sache etwas lockerer.

Das Flugzeug hatte drei Sitze, die jeweils an den Wänden angebracht waren und einen Mittelgang. Eher klein also, aber alles andere wäre für einen so kurzen Flug auch ungewöhnlich gewesen. Tim hatte den Fensterplatz beansprucht, Tobi saß am Gang und Stegi in der Mitte. Jetzt fühlte er sich doch ein wenig wie ein Kind, das von seinen Eltern begleitet wird. So unnötig, was dachten sie, wie wenig Selbstbeherrschung er hatte? Aber er konnte auch nichts dagegen sagen, nachdem, was die letzten Tage passiert war.

Sie flogen bereits 10 Minuten, während Tim aus dem Fenster sah und Stegi vor sich hin döste, hörte Tobi etwas Musik.

Er nahm einen seiner Kopfhörer aus dem Ohr und beobachtete die Stewardessen, wie sie im Gang mit ein paar Leuten diskutierten. Geistesabwesend beobachtete er, wie sich der Vorhang am vorderen Ende des Flugzeugs zur Seite schob und zwei Männer in Anzügen zu den Frauen gingen. Sie wirkten nicht wie Personal der Fluggesellschaft. Der größere von ihnen schob sie zur Seite und begann mit den Personen in den vordersten Sitzen zu reden. Er zog irgendein Papier aus seiner Tasche und hielt es ihnen vor die Nase. Jetzt wurde Tobi neugierig. Er steckte die Kopfhörer zusammen mit seinem Handy in seine Hosentasche, stieg aus dem Sitz und gab vor auf die Toilette nahe des Eingangsbereichs zu gehen. Auf seinem Rückweg lugte er über die Schulter der Beamten. Seine Augen wurden groß, als ihm klar wurde, was auf dem Papier zu sehen war. Er schreckte zusammen und lief sofort zurück zu ihren Sitzen. Der andere der beiden Männer warf ihm noch einen kurzen skeptischen Blick hinterher. Gehetzt setzte er sich wieder auf seinen Platz und sagte zu den Anderen:

„Leute, wir haben ein Problem!"

„Hm?", blinzelte ihn Stegi an.

„Was?", gelangweilt blickte Tim von seinem Fenster weg.

Tobi fiel auf, dass er vielleicht etwas laut gewesen war, also senkte er seine Stimme, als er erklärte: „Wir haben ein Problem. Seht ihr die zwei Typen da?", er zeigte auf die Personen, welche bereits zwei Reihen weiter als vorhin mit den nächsten Passagieren sprachen, „Die suchen nach Stegi, die haben ein Foto von ihm."

Stegi starrte ihn entgeistert an, während Tim aus seiner Starre erwachte und fragte:

„Wie? Was für ein Foto?"

„Ich hab es nicht genau gesehen. Ich glaub es war ein Foto von ihm von hinten, aber keine Ahnung was genau."

„Warum machen die das?" fragte Stegi, den langsam die Panik überkam.

„Keine Ahnung, aber wenn es nicht etwas wirklich Dringendes wäre, würden die nicht extra Flugzeuge überprüfen und jetzt kannst du dreimal raten."

„Unmöglich, meint ihr, die haben mich gesehen?"

„Fakt ist, dass man dich auf dem Foto jedenfalls sofort wieder erkennt, wenn man nur vergleicht."

Tim lugte über die Sitze nach vorne. Sie waren inzwischen wieder eine Reihe weiter gegangen, es waren nur noch zwei zwischen ihnen und sie konnten hier nicht weg, schließlich waren sie in einem Flugzeug! Hektisch sah er sich um, um irgendwas zu entdecken, was ihnen jetzt helfen konnte. Er drehte sich nach hinten und ihm fiel etwas auf. Das war jetzt ihre einzige Möglichkeit.

Dann sagte er zu Tobi: „Stell dich in den Gang und versuch deren Sichtfeld zu verdecken!"

Hektisch stand er auf, nahm seine schwarze Jacke schnell aus dem Regal und schob Stegi unauffällig vor sich her.

„Du kommst mit."

Dann zog er ihn hastig mit in die Toilette am anderen Ende des Flugzeugs und verriegelte die Tür.

Es war ziemlich eng zu zweit in der kleinen Kabine.

„Tim, du weißt, dass sie auch die Toiletten überprüfen werden?"

Tim zog seine Jacke an und sah dann Stegi direkt in die Augen: „Schrumpf dich!"

„Was?! Nein, nein, nein, nein", er schüttelte heftig den Kopf.

„Aber du hast es doch letztes Mal auch alleine hinbekommen und du hast gemeint du weißt wie es geht. Die können dich dann unmöglich finden."

„Ich hab gesagt, ich GLAUBE es zu wissen! Und das war ne' völlig andere Situation. Wir haben darüber geredet, wie man VERMEIDEN kann, dass es passiert, nicht umgekehrt."

„Ach, du kriegst das schon hin. Das ist jetzt der falsche Moment um bescheiden zu sein".

„Bescheiden? So einfach ist das nicht. Außerdem weißt du, dass wir vielleicht nur noch eine halbe Stunde fliegen und meinst du nicht, dass es auffällt, wenn beim Aussteigen eine Person fehlt?"

„Wir kehren es vorher wieder um. Kein Ding. Das Wichtigste ist, dass sie dich jetzt nicht finden" , er machte einen Schritt auf ihn zu, als Stegi das bemerkte drückte er sich sofort in die andere Ecke des Raumes und hob die Arme abwehrend.

„Nein! Nein! Ich will nicht. Tim komm mir nicht näher!", er lugte nach einer kurzen Pause, als nichts geschah, zwischen seinen Armen hindurch und sah wie Tim sich verärgert auf die Lippe biss. Leise murmelte er: „Was denkst du denn, was ich tue? Wofür hältst du mich?"

„Was? Tim, nein, so war das gar nicht gemeint. Weißt du?"

Als er keine Antwort erhielt kam er wieder aus seiner Ecke heraus, soweit das eben möglich war.

„Entschuldige, so war das wirklich nicht gemeint. Ich vertraue dir, ok?"

Er versuchte in seinen Blickwinkel zu gelangen, als das aber nicht funktionierte, ging er wieder ein Stück zurück und atmete enttäuscht aus:

„Ich vertraue dir und darauf, dass du weißt, was du tust."

Dann schloss er die Augen für das was gleich kam, denn er wusste, ihm würde sonst wieder schwindlig werden. Er versuchte das zu rekonstruieren, was er am Strand gemachte hatte, verknüpft mit dem Wunsch sich zu verstecken und von niemandem mehr gesehen zu werden. So merkte er nicht, wie die Räumlichkeiten an ihm vorbei zogen, wie ihn zuerst das Waschbecken übertraf und dann der Toilettensitz. Das einzige, was er spürte, war vielleicht ein leichter Windhauch. Als er die Augen wieder öffnete, bemerkte er den großen freien Platz um sich herum und ihn traf die Erkenntnis, dass es wohl funktioniert haben musste. Dann sah er nach oben.

Tim grinste breit auf ihn herab und sagte: „Voll drauf reingefallen!"

Große Gefühle für ein kleines Herz - StexpertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt