Kapitel 38: Ruhe vor dem Sturm

442 51 16
                                    

Der Wind wehte durch die Blätter der Bäume, die am Rande der Straße standen und brachte sie zum rascheln. Es wurde wirklich langsam kälter, auch wenn die Sonnenstrahlen dafür sorgten, dass man noch ohne Jacke herumlaufen konnte. Stegi kuschelte sich lächelnd in seinen neuen Schal. Es musste ziemlich komisch aussehen, nur im T-Shirt und Schal rumzulaufen, aber das war egal. Was kümmert es einen schon, was irgendwelche wildfremden Menschen dachten?

Tim musste jetzt gerade wohl bei seiner Prüfung sitzen. Er hatte gemeint sie dauerte mehrere Stunden und umfasste die verschiedensten Bereiche von Mathematik bis Allgemeinwissen. Er konnte einem schon leidtun, aber nur fast. Hoffentlich war er mit seinen Gedanken bei der Sache.

Über all die Ereignisse hinweg hatte er natürlich nicht vergessen, was ihm seine Mutter erzählt hatte. Wenn er wirklich adoptiert war, mussten seine leiblichen Eltern, oder zumindest einer davon, so sein wie er. Womit eine ziemlich hohe Chance bestünde, dass diese Leute von der Paramount One Organisation Kontakt zu ihnen hätten. Aber wieso hatten sie ihn nicht groß gezogen? Was für ein Grund könnte groß genug gewesen sein, das eigene Kind abzugeben? Waren sie der Meinung gewesen, dass sie nicht für ihn sorgen könnten? Oder war es am Ende gar ein Unfall gewesen, dass es ihn überhaupt gab. Je mehr er darüber nachdachte, desto mehr Horrorszenarien entwickelten sich, bis er sich nicht einmal mehr sicher war, ob er überhaupt wissen wollte wer oder was seine Eltern waren.

Als er in dem Gebäude ankam wurde er sofort von Chrissy in Empfang genommen und augenblicklich beschwerte sie sich:

„Du bist viel zu spät, man. Hast du mal auf die Uhr geguckt?"

Es war kurz vor elf, najaaa sowas konnte schon mal vorkommen. Chissy schien das nicht einsehen zu wollen und schimpfte den ganzen Weg zum Büro des Doktors vor sich hin. Als sie den Raum schließlich erreichten nahm sie ihm noch das Versprechen ab in Zukunft pünktlich zu sein. Sie nahm diese Mentoren-Rolle wohl um einiges ernster, als er.

Nach kurzem Klopfen ertönte ein „Herein". Woraufhin Chrissy die Tür öffnete und ihn hastig hinein schob. Dr. Schwarz war gerade angestrengt über irgendwelche Papiere gebeugt, als er Stegi bemerkte, sah er von seinen Unterlagen auf und begrüßte ihn:

„Oh hallo, heute mal ganz allein?"

„Ja", antwortete Stegi mit ruhigem Blick, „Weswegen es heute auch keine Verwandlungen geben wird", stellte er gleich in scharfem Ton klar.

Der Doktor sah ihn vielsagend an und hob dann abwehrend die Hände: „Ganz wie du möchtest. Wärst du dann damit einverstanden, wenn wir ein wenig Blut abnehmen könnten?"

Stegi nickte und folgte dem Doktor über den Flur in einen benachbarten Raum, der offenbar ein einfaches Behandlungszimmer war.

Während Stegi sich nervös auf die bereitstehende Liege setzte, suchte der Doktor noch einige Sekunden in diversen Schubladen herum. Schließlich drehte er sich zu ihm um und platzierte seine Utensilien sorgsam auf einem kleinen Wagen.

„Sehr schön, nun haben wir auch mal die Gelegenheit uns in Ruhe zu unterhalten", stellte Schwarz zufrieden fest.

Das stimmte. Sollte er jetzt mal nach seinen Eltern fragen? Ja, das war vermutlich eine gute Idee:

„Hören sie mal, wegen dem Kontakt zu anderen Größenwandlern. Ich finde wirklich, es wird langsam Zeit, dass wir-"

„Sag mal Marcel, du studierst doch Medizin, richtig?", unterbrach ihn der Doktor, was Stegi etwas aus dem Konzept brachte.

„Äh ... Ähm. Ja?"

„Dann müsste dir doch der Terminus ‚natürliche Selektion' ein Begriff sein, auch wenn das eher in den Bereich der Biologie fällt", er sah ihn aus dem Augenwinkel an, während er die Spritze überprüfte. Wieso fragte er ihn das jetzt? War das ein Test?

Große Gefühle für ein kleines Herz - StexpertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt