Kapitel 27: Klare Worte (1)

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Eine leichte Brise wehte in das Zimmer hinein. Tim hatte anscheinend nicht mehr daran gedacht das Fenster zu schließen, bevor er schlafen gegangen war. Geweckt durch die ersten morgendlichen Geräusche auf der Straße und in den Bäumen, schlug Stegi langsam die Augen auf. Obwohl der Wind um ihn herum wehte und er nicht zugedeckt war, fror er nicht. Als er ein klares Bild vor den Augen bekam, erkannte er auch wieso. Er hielt anscheinend etwas Warmes in den Armen. Einen Finger. Erschrocken ließ er ihn los, aber es gab keine Reaktion zurück. Als er sich wieder gefasst hatte linste er daran vorbei und sah auf der anderen Seite des Kissens einen riesigen schlafenden Tim, der einen Schatten auf ihn warf. Als er ihn sah, machte sein Herz einen kleinen Satz. Er drehte sich um und bemerkte, dass Tim's andere Hand, wie ein großer, schützender Regenschirm hinter ihm aufgebaut war.

Moment mal, wann war er überhaupt klein geworden? Er konnte sich nicht daran erinnern irgendwas derartiges gestern noch veranstaltet zu haben. Er versuchte aufzustehen, hatte aber den Zustand des Bodens unter ihm unterschätzt. Er war so weich und er sackte so tief ein, dass er gleich wieder hin fiel und den Rest des Kissens herunter kullerte. Verärgert richtete er sich wieder auf. Wann war das passiert? Wie war das passiert und wieso konnte er sich nicht erinnern? Und wieso anstatt ihn zu wecken oder sich bemerkbar zu machen, hatte sich dieser große Idiot einfach neben ihn gelegt?

~ Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, er genießt es diese beschützerische Rolle zu spielen. ~

Er hatte sogar noch seine Klamotten von gestern an und durch die etwas ungewöhnlich krampfhafte Haltung, in der Tim lag, schnitt ihm anscheinend der Reißverschluss seiner Jacke unangenehm in den Hals.

Stegi bekam ein schlechtes Gewissen bei diesem Anblick, also ging er zögerlich auf ihn zu und kletterte über seinen immer noch ruhenden Arm auf den Verschluss zu. Er konnte mit seiner ganzen Hand das Loch des Metallanhängers umgreifen und versuchte ihn herunter zu ziehen. Er musste sich irgendwo verhakt haben, so schwer wie er herunter ging.

Nach mehrfacher Anstrengung schaffte er es schließlich, so dass sich die Jacke oben ein Stück aufzog. Erschöpft und triumphierend ließ er sich auf die Matratze fallen. Dann begann es sich um ihn herum zu regen und der Arm über den er vorhin noch gestiegen war, hob sich schwerfällig. Tim war anscheinend aufgewacht, denn als Stegi zu ihm nach oben sah, rieb er sich die Augen.

„Guten Morgen mein kleiner Stegosaurus", sagte er noch mit kratziger, rauer Stimme. Konnte der Typ eigentlich NOCH tiefer klingen?

„Man Tim, jetzt hättest du auch noch weiter schlafen können, nach all dem Aufwand."

„Wie? Was für ein Aufwand?"

Er schien nun schon etwas wacher und hellhöriger geworden zu sein.

„Ach nicht so wichtig."

Verlegen sah er wieder weg, da ihm klar geworden war, wie lächerlich doch diese Aussage gewesen war.

„Tim, was ist gestern noch passiert? Ich kann mich nicht daran erinnern das hier", er sah an sich herunter und öffnete die Arme, "gestern noch verursacht zu haben".

Tim gähnte einmal, bevor er antwortete. Bei dem Anblick von diesem großen Mund fühlte Stegi sich unnatürlich eingeschüchtert, aber er versuchte den Gedanken schnell wieder zu verdrängen.

„Kein Wunder, du hast das nämlich im Schlaf getan", erklärte er.

Als er keine Antwort bekam drehte Tim sich besorgt zu ihm hin und versuchte Blickkontakt her zu stellen.

„Alles ok?"

„Hä, ja", Stegi riss aus seinen Gedanken, „Im Schlaf? Das ist gar nicht gut."

Große Gefühle für ein kleines Herz - StexpertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt