6. Kapitel

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Kaum waren die beiden im Castillo Haus gewesen, trennten sich ihre Wege. Germán hatte gemurmelt, dass er auf sein Zimmer gehen wolle, was Angie mit einem sorgenvollen Blick zur Kenntnis genommen hatte. Den Heimweg über, war ihr Schwager wieder um einiges stiller und verschlossener geworden. Ein wenig Zeit alleine würde ihm jetzt vielleicht ganz gut tun. Er musste die ganzen Geschehnisse auch erstmal richtig sacken lassen...

Es war mittlerweile Abend und Angie konnte sich nicht daran erinnern, sich in den vergangenen Jahren so sehr auf ihr Bett gefreut zu haben, wie in diesem Augenblick. Auch für die blonde Frau war es ein sehr anstrengender und nervenaufreibender Tag gewesen und er war noch immer nicht vorbei. Angie würde noch einmal nach allen sehen, bevor sie schließlich endlich selbst nach Hause gehen konnte. Germán hatte sich die ganzen Stunden über nicht mehr blicken lassen und seine Tochter hatte es ihm gleich getan. 

Die blonde Frau betrat daher gerade das Zimmer ihrer Nichte, in der Hand ein Tablett. Ihre Laune verdüsterte sich augenblicklich noch mehr als ohnehin schon, als sie sah, wie frustriert und traurig Violetta in ihrem Bett lag. "Hallo Vilu.", begann Angie vorsichtig und lächelte Violetta aufmunternd zu, während diese müde den Kopf hob. "Warst du etwa schon am Einschlafen? Das tut mir leid.", entschuldigte sich Angie für ihre Störung und stellte das Tablett auf dem Schreibtisch ab. "Ich hab dir Essen gebracht.", erklärte sie und als von ihrer Nichte noch immer nichts kam, ergänzte sie: "Es ist von Olga, Brathähnchen mit Salat. Du solltest vor dem Schlafengehen noch etwas essen, sonst weckst du später noch das ganze Haus mit deinem Magenknurren auf."

Violettas Mundwinkel hoben sich leicht, während Angie auf dem Bett Platz nahm. "Danke, Angie.", meinte die Jüngere mit matter Stimme. "Gern geschehen."

"Wie geht es Papá?", erkundigte sich Violetta sofort. Klar, an was sollte sie schon anderes denken? "Er ist auf seinem Zimmer.", antwortete Angie wahrheitsgemäß. "Keine Ahnung, wie es ihm gerade geht. Wenn du willst, schaue ich nachher bei ihm vorbei, aber ich denke, die Ruhe hat ihm mal ganz gut getan." Vilu nickte zustimmend, sagte aber ansonsten nichts mehr.

"Und wie geht es dir?", hakte Angie vorsichtig nach, unfähig ihre Nichte noch länger so entmutigt und traurig zu sehen. "Ich weiß nicht. Das ist einfach alles nicht zu fassen!" Violetta setzte sich auf. "Ich kann nicht glauben, dass Esmeralda eine Schauspielerin ist, dass sie uns allen etwas vorgemacht hat. Sie hat uns alle so sehr verletzt, vor allem Papá natürlich. Wer macht denn sowas? Wie kann man nur so grausam sein?" Angie seufzte auf. "Ich weiß es nicht, Vilu. Ich habe ja gemerkt, dass sie etwas verschleiert, zu mir war sie immer total anders, so als hätte sie zwei Gesichter." "Ach wirklich?", warf Violetta ein. "Ich wusste, dass du sie nicht magst und ihr nicht traust, aber, dass sie sich in deiner Gegenwart anders verhält..."

"Wenn wir beide alleine waren, war sie wie eine andere Person. Sie hat mich sogar bedroht und mich mehr oder weniger erpresst." Violettas Augen wurden bei diesen Worten groß, doch Angie winkte ab. Darüber wollte sie jetzt wirklich nicht sprechen. "Deshalb hab ich ihr ja misstraut, sie verdächtigt. Aber dass sie tatsächlich eine Diebin und sogar eine Schauspielerin ist..." Angie sah ihre Nichte entschuldigend an. "Ich hätte mir das alles nie im Leben vorstellen können! Wenn ich das früher gemerkt hätte, wenn ich der Sache mehr auf den Grund gegangen wäre, dann hätte ich es verhindern können, ich hätte..."

"Nein, Angie.", unterbrach Violetta. Diese konnte sich offenbar vorstellen, in welche Richtung Angie nun abdriften würde. "Es ist doch nicht deine Schuld! Esmeralda hat uns alle getäuscht, da kannst du von allen am wenigsten dafür." Die blonde Frau lächelte ihre Nichte dankbar an und griff nach ihren Händen. "Das wichtigste ist jetzt, dass wir Papá helfen, dass es ihm wieder gut geht." Angie drückte Vilus Hände einmal fest. "Genau und das ist jetzt mein Stichwort zu gehen." Die Ältere beugte sich vor und hauchte Violetta einen Kuss auf die Wange, dann erhob sie sich. "Und du isst jetzt das Essen, welches Olga extra für dich gekocht hat und gehst dann schlafen. Es war für uns alle ein anstrengender Tag."

Germangie - This Ain't GoodbyeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt