Mit zitternden Händen betätigte Angie die Klingel, um Einlass in das Castillo-Haus zu bekommen. Es war eine gefühlte Ewigkeit her, seitdem sie das letzte Mal hier war und sie war auch jetzt nicht wirklich erpicht darauf, es zu betreten.
Sie verwettete nämlich alles darauf, Germán gleich zu begegnen. Dabei wollte sie einzig und allein mit Violetta reden. Sie musste ihrer Nichte dringend erzählen, dass sie das Land verlassen würde, hatte jedoch eine Riesenangst vor deren Reaktion. Der einzige Grund, warum Angie momentan nicht restlos überzeugt von ihrer Entscheidung war, war Vilu. Sie wollte ihre Kleine nur ungern alleine lassen, aber hier sah Angie einfach keine Zukunft mehr für sich. Es ging nicht mehr.
Die blonde Frau wurde aus ihren Gedanken gerissen, als sich die große Eingangstür langsam öffnete. Angie blickte sogleich in zwei schokoladenbraune Augen. Natürlich musste es Germán sein...
"Hallo.", sagte Angie leise, nicht wissend, ob es kühl oder unsicher klang. "Hallo." Germáns Stimme klang ebenso vorsichtig. Er machte einen Schritt zur Seite, um seine Schwägerin eintreten zu lassen. Ein paar Sekunden standen beide unschlüssig im Wohnzimmer, keiner wusste, was er sagen sollte. Germán öffnete mehrere Male den Mund, schloss ihn letztendlich aber jedes Mal wieder, ohne etwas zu sagen. War vielleicht besser so.
"Ist Vilu in ihrem Zimmer?", erkundigte sich Angie dann und wagte einen erneuten Blick in seine dunklen Augen. Sie erkannte so viele Emotionen in ihnen, so viele gemischte Gefühle, die er ihr entweder gleich offenbaren oder sie für immer für sich behalten würde. Da der große Mann anscheinend zu keiner Antwort fähig war und sie nur stumm anschaute, fügte Angie hinzu: "Ich muss ihr etwas wichtiges erzählen. Und auch wenn du keinerlei Recht darauf hast, will ich es dir ebenfalls persönlich sagen." Sie holte kurz Luft und starrte die Wand hinter Germán an, während sie ihm offenbarte: "Ich werde nächste Woche nach Paris fliegen, um dort an einer Gesangsschule wie unserem Studio zu arbeiten. Der Vertrag gilt erstmal für ein halbes Jahr, kann aber auch auf unbestimmte Zeit verlängert werden."
Da keine sofortige Reaktion seitens Germán folgte, sah sie ihn nun doch wieder an. Zu ihrer eigenen Überraschung erkannte sie bei ihm keinerlei Überraschung. Es wirkte beinahe, als hätte er sich sowas schon gedacht oder als wüsste er es bereits. Was natürlich nicht sein konnte, denn wer hätte es ihm sagen sollen? Antonio würde das nicht machen und Pablo würde sich lieber in sein eigenes Bein schießen, als mit Germán zu reden. Dessen Gesichtsausdruck füllte sich nun langsam mit Trauer sowie Schuld und gleichzeitig besaß er eine für sie fast unheimliche Ruhe. "Du bist dir ganz sicher, dass du das machen willst?", ergriff Germán dann doch fragend das Wort. "Ja." "Und das machst du nicht wegen mir? Weil ich mich so unmöglich verhalten habe und so ein verdammtes Arschloch war?"
Angie hob eine Augenbraue. "Und das möchtest du wissen, weil?" Germán lächelte sie vorsichtig an und kam einen Schritt auf sie zu. "Weil du aus den richtigen Gründen gehen sollst und ich es nicht ertragen kann, dich vertrieben zu haben." Die blonde Frau seufzte verbittert auf. Wie konnte er in einem Moment so kindisch und dumm sein und ihr Herz in tausend Stücke zerreißen und im nächsten sich so ruhig und erwachsen verhalten? Sie wurde aus ihrem Schwager einfach nicht schlau. "Und ich kann es nicht ertragen, dass du dich als Jeremías verkleidet hast und meine Gefühle wieder und wieder mit Füßen trittst."
Anstatt nun ebenfalls lauter zu werden, biss sich Germán einzig auf die Unterlippe und meinte genauso beherrscht wie vorher: "Ich weiß, dass ich den größten Fehler meines Lebens begangen habe und dass ich ein elender Feigling war. Ich verstehe auch, dass du mir nicht verzeihst, das würde ich an deiner Stelle auch nicht tun." Er sah ihr tief in die Augen. Egal, wie sehr es Angie versuchte, seinem Bann konnte sie noch immer nicht entgehen. "Aber ich hatte in den letzten Tagen viel Zeit um über alles nachzudenken und habe dabei eine wichtige Erkenntnis gewonnen: Ich habe keine Lust mehr vor meinen Gefühlen und meinem Glück davonzulaufen. Ich kann mich bessern, Angie. Weißt du noch, was ich als Jeremías bei unserem Date zu dir gesagt habe? 'Du musst nur eine Sache tun: Hör auf dein Herz.' Und wenn dein Herz dir sagt, du willst eigentlich nicht gehen, machst es meinetwegen aber trotzdem, dann bitte bleib."
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Germangie - This Ain't Goodbye
FanfictionGermán wollte Esmeralda heiraten, doch an deren Hochzeit hatte sich herausgestellt, dass sie eine Lügnerin, eine Schauspielerin war. Obwohl Angie durch die Beziehung der beiden sehr verletzt wurde, zögert sie keine Sekunde, ihrem Schwager beizustehe...