"Und dann haben Vilu und ich noch eine kleine Ewigkeit auf dem Bett gelegen und über alles und jeden geredet, bis sie schließlich in meinen Armen eingeschlafen ist.", schilderte Angie verträumt. "Unsere Beziehung wird wirklich mit jedem Tag besser. Ich bin so froh, dass wir uns nach der Sache mit Esmeralda und meinen ganzen Streitereien mit Germán das Jahr über wieder so nahe sind!"
Seufzend ließ sie sich nach hinten gegen Jeremías Brust fallen, während sich dieser entspannt gegen die Parkbank lehnte. Beschützend umschloss der große Mann mit den Armen ihre Taille und zog die junge Frau gänzlich auf seinen Schoß. Er vergrub die Nase an ihrer Halsbeuge und atmete Angies blumigen Duft ein. "Und ich bin froh, wenn du so glücklich bist und strahlst, wie in diesem Moment." Mit dem Daumen strich er ihr zärtlich in stetigem Rhythmus über den Hüftknochen.
Eine Woche lang ging das schon so. Eine Woche war es her, dass sie sich zum ersten Mal geküsst hatten. Seit einer Woche verbrachten Angie und Jeremías beinahe jeden Tag miteinander.
Germán wusste, wie falsch es war und er konnte schon gar nicht mehr mitzählen, wie oft er diese Beziehung schon beenden oder ihr die ganze Wahrheit sagen wollte, doch er schaffte es letztendlich nie. Angie war die letzten sieben Tage so glücklich, wie er sie schon lange nicht mehr gesehen hatte und Germán konnte nicht behaupten, dass es ihm anders erging. Auch wenn sie es langsam angingen und auch noch nicht offiziell zusammen waren, hatte er wunderschöne Tage mit seiner Schwägerin verbracht. Er wollte nicht, dass dies endete, auch wenn es letztendlich unvermeidbar war.
"Ich hab Violetta so ungemein lieb.", unterbrach Angie plötzlich die zwischen ihnen entstandene, aber nicht im geringsten unangenehme, Stille. "Sie ist in den letzten eineinhalb Jahren für mich wie eine Tochter geworden. Es war die richtige Entscheidung wieder in das Haus einzuziehen." Germán hauchte ihr einen Kuss auf die Wange und strich mit einer Hand dann sanft über diese, während Angie den Kopf zu ihm drehte. "Und du bist für sie wie eine Mutter, sie liebt dich genauso sehr.", stellte Germán fest und hätte über diese Tatsache nicht glücklicher sein können. Seine Tochter hatte es so sehr verdient, endlich wieder eine Mutter zu haben. Es war herrlich mit anzusehen, wie gut sich die beiden verstanden.
Lächeln nickte Angie und verrenkte den Kopf noch weiter, sodass sich ihre Lippen zu einem leichten Kuss treffen konnten. "Aber genug von meiner Nichte, ich möchte dich ja schließlich nicht langweilen." Ebenfalls lächelnd verneinte der große Mann: "Keine Sorge, tust du nicht.", und schloss die Arme noch einmal fester um sie.
Germán genoss die Nähe zwischen den beiden viel mehr, als er eigentlich sollte. Trotzdem versuchte er, so wenig wie möglich zuzulassen. Wenn er sie lassen würde, wäre Angie vermutlich schon viel weiter gegangen, als nur die wenigen Küsse, die sie gelegentlich austauschten. Das konnte Germán jedoch nun wirklich nicht mit seinem Gewissen vereinbaren. Ihm war klar, dass Angie ihn ohnehin hassen würde, sollte seine Verkleidung jemals auffliegen, doch dennoch konnte er nicht zulassen, dass sie ihre körperliche und auch ihre emotionale Verbindung zu sehr vertieften. Wie lange ihm das noch gelingen würde, war allerdings fraglich...
Angie rutschte auf seinem Schoß so hin und her, dass sie ihn besser anschauen konnte. "Ich sollte mich eigentlich auf den Weg ins Studio machen.", grinste sie mit einem ganz speziellen Funkeln in den meeresblauen Augen, während sie ihrem Schwager immer näher kam. "Und ich sollte allmählich wieder nach Hause zu meiner Tante.", grinste auch Germán und überbrückte den letzten Abstand, um ihre Lippen zu einem kurzen Abschiedskuss zu verschließen.
Die blonde Frau sah dies wohl allerdings ein wenig anders, denn gerade als Germán sich aus dem Kuss lösen wollte, drängte sie sich noch einmal näher an ihn und drang mit der Zunge in seinen Mund ein. Germán keuchte erschrocken auf und erwiderte den nun intensiven Kuss. Genau so etwas wollte er eigentlich vermeiden! Angie sollte ihm so wenig nahe kommen wie möglich. Natürlich war es seine Schuld, dass es solche Situationen überhaupt gab und natürlich könnte er den Kuss trotzdem beenden... Seiner Schwägerin so nahe zu sein, rüttelte jedoch jedes Mal schwerer an seiner Selbstbeherrschung und er konnte einfach nicht anders, als den leidenschaftlichen Kuss zu erwidern.
"Ach, hallo Angie!", ertönte plötzlich eine laute, bekannte Stimme. Erschrocken fuhren die beiden auseinander und Angie rutschte peinlich berührt von Germáns Schoß. "Hallo Ramallo. Was für eine Überraschung dich hier zu sehen!" Verunsichert und mehr als verlegen sah sie zwischen den beiden Männern hin und her.
"Sie sind also Jeremías?", erkundigte sich Ramallo höflich, allerdings mit einer Spur Kritik in der Stimme. Germán erhob sich und gab seinem Angestellten die Hand. Was sollte das? Was machte Ramallo hier? "Genau, der bin ich. Und wer sind Sie?" Angie kam Ramallo allerdings zuvor. Sie wollte sich anscheinend schnellstmöglich aus dieser unangenehmen Situation befreien: "Das ist Ramallo. Er ist sozusagen die rechte Hand von Germán, meinem Schwager." Genau dieser nickte nun verstehend. "Freut mich, Sie kennenzulernen, Ramallo." "Die Freude ist ganz meinerseits."
"Also...", ergriff Angie wieder das Wort, "ich muss dann ins Studio, die Arbeit ruft." Sie trat noch einmal auf Germán zu und hauchte ihm einen schnellen Kuss auf die Wange. "Bis morgen, Jeremías. Mach's gut, Ramallo."
Die zwei Männer erwiderten die Abschiedsworte und winkten ihr noch so lange hinterher, bis Angie außer Hörweite war. "Also, Jeremías, haben Sie mir vielleicht irgendetwas zu erzählen?" Germán sah seinen Freund irritiert an. "Ich? Wie wäre es mit Ihnen? Was sollte das Ramallo, was machen Sie hier?" Auch Ramallo wurde energischer: "Was ich hier mache? Ich suche möglicherweise meinen Chef, der eigentlich bereits seit einer Stunde am Arbeiten sein sollte!"
"Tut mir leid, aber ich konnte Angie nicht einfach sitzen lassen." "Das habe ich gesehen. Sie konnten gar nicht genug von Angies Lippen bekommen." "Ramallo!" So aufbrausend und direkt kannte er seinen Assistenten gar nicht. "Nein, Señor Germán! Ich habe in dieser Geschichte schon viel zu lange den Mund gehalten. Ich bin nicht blöd, ich habe gesehen, wie nahe Sie sich mittlerweile kommen und das vermutlich auch regelmäßiger! Germán, Sie müssen diese Sache beenden und zwar auf der Stelle!" Germán machte sich bei jedem Wort kleiner und blickte schuldbewusst zu Boden. Er fühlte sich wie ein kleiner Junge, der eine Strafpredigt von seinem Vater bekam. Und das Schlimme war, dass Ramallo Recht hatte!
"Merken Sie nicht, was sie Angie da antun? Sie werden sie früher oder später verletzten und je später es wird, desto schlimmer wird es für die Arme!", fuhr der Ältere unbeirrt fort. "Nein, ich werde das regeln, ich bekomme das hin.", meinte Germán kleinlaut. "Und was haben Sie sich gedacht? Wie wollen Sie Angie bitteschön erklären, dass Jeremías von jetzt auf nachher einfach verschwindet? Denken Sie, sie wird es ohne weiteres hinnehmen? Sie ist bis über beide Ohren in Jeremías verliebt, verdammt nochmal! Sie stecken in einem Schlamassel, Germán und zwar in einem gewaltigen!"
Germán schluckte. Er wollte es nicht wahrhaben, aber es stimmte. Der große Mann saß tief in der Tinte. "Sie haben Recht, Ramallo. Ich weiß es ja.", gab Germán mit gesenktem Kopf zu. "Ich habe den richtigen Moment verpasst und jetzt wird es mit jedem Tag schwieriger, mich aus dieser riesigen Lüge zu winden."
"Sie hätten mit alldem gar nicht erst anfangen dürfen!" Bei Germáns geknicktem und schuldbewussten Gesichtsausdruck fuhr er jedoch wieder etwas sanfter fort: "Ich kenne Sie, Germán. Ich weiß, dass Sie kein schlechter Mensch sind und eigentlich das Richtige tun wollen." Ramallo seufzte. "Das Problem ist, dass Sie Angie viel zu sehr lieben, um sie nun wieder gehen zu lassen."
Germán sah zum ersten Mal wieder auf und blickte Ramallo mit großen Augen direkt an. "Jetzt schauen Sie nicht so überrascht. Es ist doch schon immer so gewesen! Mit Esmeralda versuchten Sie doch lediglich, ihre Gefühle für Angie zum Schweigen zu bringen. Oder wollen Sie diese Tatsache etwa bestreiten?"
Einen Moment zögerte Germán, er wollte es weder akzeptieren noch laut aussprechen. Sie war seine Schwägerin! Bei Ramallos durchdringendem Blick, gab er jedoch schließlich nach: "Es stimmt. Ich liebe Angie von ganzem Herzen."
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Germangie - This Ain't Goodbye
FanficGermán wollte Esmeralda heiraten, doch an deren Hochzeit hatte sich herausgestellt, dass sie eine Lügnerin, eine Schauspielerin war. Obwohl Angie durch die Beziehung der beiden sehr verletzt wurde, zögert sie keine Sekunde, ihrem Schwager beizustehe...