15. Kapitel

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"Und so kam es dazu, dass Jeremías jetzt ein Date mit Angie hat.", seufzte Germán hilflos, bevor er einen großen Schluck Kaffee trank. Er saß mit Ramallo zusammen auf dem weißen Sofa und sollte sich eigentlich mit seiner Arbeit beschäftigen. Ramallo hatte allerdings bald gemerkt, dass sein Arbeitgeber alles andere als konzentriert war und schließlich nachgefragt.

"Sie wollten doch endlich mit dieser Lüge aufhören, Germán!" Dieser strich sich einmal verzweifelt über den Kopf. "Ich weiß es ja! Ich wollte keine Lügen mehr in meinem Leben haben, von nun an nur noch die Wahrheit sagen..." Ramallo besah ihn mit einem skeptischen Blick. "Ihnen ist die Bedeutung von Wahrheit und Lüge schon geläufig?" "Ramallo!", ermahnte Germán ihn scharf, ließ im nächsten Moment jedoch den Kopf hängen. "Ich bin schrecklich, ich weiß." Er sah den Älteren ratlos an. "Ich mache alles falsch!"

"Seien Sie nicht so hart mit sich.", versuchte Ramallo zu beruhigen. Er verspürte eindeutig Mitleid mit dem anderen Mann. "Das wird schon wieder, Sie werden sehen." Ramallo klopfte ihm ermutigend auf die Schulter, doch Germán schüttelte stumm den Kopf. "Das Schlimme ist, dass es Angie ist. Es ist die Tatsache, dass sie, ganz egal wie es ausgeht, leiden wird. Wegen mir. Schon wieder. Immer ziehe ich Angie in meine Probleme mit hinein. Das ist nicht fair."

"Wenn du dich ihnen alleine stellen musst, ist das aber auch nicht gerecht." Germán und Ramallo wirbelten erschrocken den Kopf herum. Angie stand an der untersten Treppenstufe und hatte das Gespräch wohl mitgehört. "Angie. Ich..." Germán blickte seine Schwägerin entsetzt an.

"Du musst dich doch nicht schlecht fühlen, dass du mich dir helfen lässt. Es bringt nichts, alles alleine schaffen zu wollen. Das, was Esmeralda getan hat, ist nun einmal furchtbar! Das kann man nicht so ohne weiteres vergessen." Während Angie auf die Männer zugelaufen kam, atmete Germán erleichtert auf und schickte eine stille Danksagung Richtung Himmel. Die blonde Frau hatte nur das Ende mitgehört und den Inhalt des Gesprächs daher völlig anders interpretiert!

Im nächsten Moment hätte sich Germán allerdings gerne geschlagen. Wie konnte er so empfinden? Es wäre besser gewesen, Angie hätte es jetzt erfahren, dann wäre es wenigstens vorbei, bevor er noch schlimmeres anrichten könnte!

Ramallo räusperte sich. "Ich lasse euch beiden dann mal alleine.", verabschiedete er sich ein wenig verlegen und war im nächsten Augenblick auch schon in der Küche verschwunden.

"Angie." Germán sah seine Schwägerin überfordert an und erhob sich schließlich, um mit ihr auf Augenhöhe zu sein. "Es ist alles gut, Germán. Ich finde es wichtig, dass du dich mit anderen darüber austauschst und sie an deinen Gedanken teilhaben lässt. Du kannst auch gerne mit mir sprechen, wenn dir was auf dem Herzen liegt, das weißt du." Bei ihrem freundlichen Lächeln und der Hilfsbereitschaft musste Germán schlucken. Es ging in Wahrheit darum, wie sehr er ihr doch wehtat und sie bat nichtsahnend immer weiter ihre Unterstützung an. Er hatte diese Frau wirklich in keinster Weise verdient und dennoch war sie hier. Bei ihm.

"Ist Violetta hier?", fragte der große Mann vollkommen zusammenhangslos und ohne auf ihr Angebot einzugehen. Germán hatte überhaupt nicht mit der Anwesenheit seiner Schwägerin gerechnet und wollte daher wissen, was sie eigentlich tat oder weswegen sie hier war. "Nein, Vilu hat sich heute mit Camila getroffen." "Ach stimmt, die Italienerin. Davon hatte sie vorhin gesprochen." Germán begann sich allmählich zu sammeln. "Und was machst du hier?" Angie grinste ihn an. "Ich wohne hier, wenn du dich erinnerst."

Bei dieser einfachen Erklärung ging Germán nun zum ersten Mal gänzlich das Licht auf. Wo war er zur Zeit nur mit seinen Gedanken? "Du hast mich vor zwei Tagen gefragt, ob ich wieder einziehen will und ich hab zugestimmt, falls du das in deinem ganzen Stress vergessen haben solltest. Oder falls du mittlerweile bereits an Altersdemenz leidest.", zog ihn Angie lachend auf und Germán zog eine Grimasse. "Danke, ich erinnere mich." Die blonde Frau konnte bei seinem säuerlichen und leicht gekränkten Gesichtsausdruck unmöglich ernst bleiben und lachte ihren Schwager schamlos aus.

Germangie - This Ain't GoodbyeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt