Das Geheimnis der Zwölf

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Wie ich vermutet hatte war uns Leslie bei unserem 'Verdauungsspaziergang' auf dem Dachboden verloren gegangen. Und wo Leslie sich aufhielt, da war Raph in der letzten Zeit nicht weit. Also steuerte ich nur mit Gid im Gefolge zielsicher die Treppe hinunter.
"Wo willst du eigentlich hin?"
"Zu den Büchern."
"Aha. Und was suchst du da?"
"Das weiß ich noch nicht..." Das stimmte. Es gibt im Leben diese ganz seltenen Momente, in denen dir deine Intuition etwas einflüstert. Und wenn du auf diese weise Stimme in deinem Inneren hörst, passiert etwas Wunderbares.
Diese innere Stimme gab mir ein ich solle in die kleine Geheim-Bibliothek gehen um dort auf etwas zu stoßen. Gideon stellte keine weiteren Fragen. Ich brauchte einen Moment um den gut versteckten Verschluss Mechanismus der Geheimtür zu finden und zu entriegeln. Es war ein Kombinationsschloss auf dem Rücken eines nicht echten Buches.
In dem Augenblick als Grace die Kombination eingegeben hatte, war ich zufällig neben ihr gestanden und hatte die sechsstellige Zahl gesehen. Das ist das merkwürdige an Zu-Fällen: sie geschehen nie ganz ohne Grund.
Nach einigen Sekunden des Nachdenkens konnte ich mir die Zahl wieder ins Gedächtnis rufen: 000507
Gids Augen hatten inzwischen die Größe von Kristallkugeln angenommen. Als unsere Blicke sich trafen, fragten mich seine Gedanken:
>Wie konntest du dir die Kombination merken?< Ich musste lächeln.
>So vergesslich bin ich nun auch wieder nicht.<
Wir traten ein - peinlich darauf bedacht keinen Lärm zu machen, da wir ja eigentlich gar nicht hier sein durften - und lehnten die Tür an. Gid hatte sich aus einem der Regale ein dünnes Buch genommen und schob es nun so in den Türspalt, dass die Tür nicht zufallen konnte. Hatte ich schon erwähnt, dass Gideon manchmal erschreckend geistesgegenwärtig ist?
Jedenfalls ging ich nun - immer noch unter dem Einfluss meiner inneren Stimme - durch den Raum und blieb mit dem Ärmel an etwas hängen das zu Boden fiel. Es war eine ledergebundene Dokumentenmappe mit der Aufschrift:

Das Geheimnis der Zwölf

Ich hob es auf und wollte es gerade wieder ins Regal zurückstellen, als mein Blick an einem Blatt hängen blieb das offenbar herausgerutscht war. Zu-Fall?
Vorsichtig nahm ich es in die Hand. Es war eine Liste von den zwölf Edelsteinen. Immer zwei paarweise nebeneinander. Hinter den Edelsteinen waren immer zwei zweistellige Zahlen mit je einem Punkt dahinter aufgeführt. Was konnte das bedeuten?

Smaragd 07.03 Blutstein 00.05.
Diamant 08.11.
Rubin 09.09.
Azurit 04.06.
Mondstein 02.10.
Topas 01.08.
Türkis 03.12.
Aquamarin 05.02.
Saphir 06.04.
Jade 14.01.
Opal 15.07.

Die Zahlen hinter 'unseren' Edelsteinen waren exakt unsere Geburtsdaten - ohne die Jahreszahl. Aber warum? Und wenn das wirklich Geburtszahlen waren, wer waren dann die anderen sechs? Ich dachte es gab bislang nur uns. Woher waren dann die anderen bekannt? Und was zur Hölle hatte das 00 bei Grace zu bedeuten?
Elisabetha hatte Les verraten, dass Robert der Smaragd und sie der Blutstein sei. Aber wieso 00?
Ich beschloss die Liste mit meinem Handy abzufotografieren ebenso wie die übrigen Blätter aus der Dokumentenmappe um sie später mit Les zu analysieren...

Gid wurde langsam unruhig als er von draußen Geräusche eines herannahenden Wagens hörte. Also legte ich die Mappe schnell zurück an ihren Platz und sah mich nochmal kurz um, damit wir keine auf uns zurückzuführenden Spuren hinterlassen hatten. In Windeseile verließen wir die Bibliothek und auf dem Weg in unser Zimmer schrieb ich Leslie schnell eine SMS wo wir waren und dass sie uns dort treffen sollten.
Fünf Minuten später saßen wir alle auf dem Boden im Halbkreis vor unserem Bett und betrachteten der Reihe nach das Bild mit der Liste.
"Also das mit der 00 kann ich dir erklären..." begann Les. Sie konnte bitte was???
"Häh?!"Unsere Gesichter nahmen den Ausdruck dreier dämlich glotzenden Rindviecher an.
"Na ja, Elisabetha hat mir erzählt, dass sie 1707 in der Walpurgisnacht geboren wurde - genau um zwölf oder wenn man es anders ausdrücken will um null Uhr. Ein paar Jahre früher hätte das mit den roten Haaren zusammen schon ausgereicht um sie als Hexe zu verbrennen.
Was es allerdings mit den anderen Daten auf sich hat, kann ich dir nicht sagen."
Die Erklärung fanden wir schließlich auf einem der abfotografierten Blätter. Dort stand:

Im Laufe der Jahre werden immer wieder paarweise mögliche Träger der Edelsteine mit den passenden Geburtsdaten geboren bis sich alle Paare zusammengefunden und verewigt haben.
Wie konnte etwas so Verrücktes so logisch und einleuchtend klingen?
Und das Entstehungsjahr der Dokumente lag im Jahr 1701 basierend auf den Visionen und Albträumen von Elisabethas Mutter, die sie in einem geheimen Tagebuch festgehalten hatte.

Donnerwetter! Das musste ja nun erst mal einer schlucken.

Und einmal Ferienlager...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt