Inzwischen war nun gut eine Woche vergangen. Eigentlich hatte ich erwartet, dass meine Beziehung zu Gid irgendwann ins Langweilige oder Unangenehme übergehen würde, oder dass ein anderes Mädchen ihn mehr interessieren könnte als ich.
Aber ich wurde mal wieder eines Besseren belehrt. Seitdem ich aufgehört hatte Gid zurückzuweisen, liefen wir beide rum als hätten wir irgendwelche Glückspillen eingeworfen. Früher hätte mich sowas angekotzt und ich hätte mich gefragt ob man nicht zuckerkrank wird wenn man die ganze Zeit Süßholz raspelt.
Momentan jedoch befand ich mich ständig in einem Rauschzustand, zu dessen Auffrischung es nur eines Blicks in Gideons Tigeraugen, dem Einatmen seines unverwechselbaren Geruchs oder einer flüchtigen Berührung seiner magnetischen Hände bedurfte.
In den letzten Tagen hatte Gid mehr Sani-Einsätze gehabt. Und wie zu erwarten hatten sich der Reihe nach die meisten weiblichen Feriengäste (und verdächtig wenig männliche) eine Verletzung zugezogen. Allen voran auch wieder Tina. Na Klasse!
Dem hatte Gid dann allerdings irgendwann einen Riegel vorgeschoben, indem er ihr beim Abendessen vor der versammelten Mannschaft erklärt hatte, dass sie ihre Flirtversuche bei ihm bitte einstellen sollte, da er sein Herz bereits unteilbar an mich verschenkt hätte. Oh Gott! Meine Augen waren dabei ganz feucht geworden.
Den Anblick von schmachtenden Mädchen in Gideons Nähe wollte ich mir aber erst gar nicht antun. Und ich wollte ihn auch nicht von der Arbeit abhalten, obwohl er mir gesagt hatte, dass ihn das keinesfalls gestört hätte und ich bei ihm bleiben sollte. Aber ich fand, dass es mir ganz gut tat zwischendurch mein überhitztes Innenleben ein wenig abzukühlen und mich mit ein paar Aktivitäten aus meinem Ferienprogramm abzulenken.
In den Nächten bekam ich dann deutlich zu spüren wie sehr ich ihm tagsüber gefehlt hatte. Irgendwie war ich froh, dass Gideon vor mir noch keinen Sex gehabt hatte, da ich mir so keine Gedanken machen musste auf ihn naiv und unerfahren zu wirken. Es war viel schöner einen Kerl im Bett zu haben, der einen nicht mit tausend anderen Mädchen verglich und bei dem man sich nicht vorkam wie ein dummes Schulmädchen.
Dieses >Komm-zu-Papa<-Gehabe der 'erfahrenen ' Jungs konnte doch kein normaler Mensch ertragen.
Wir hatten auch immer noch lange bis in die Nacht hinein geredet. Über unsere Kindheiten, unsere gemeinsame Vergangenheit, unsere Träume und unsere Zukunftspläne.
Inzwischen war mir klar geworden, wie falsch ich ihn eingeschätzt hatte. Auf einmal kam es mir so vor als hätten wir schon immer zusammengehört und hätten uns nach einer langen Trennung wiedergefunden. Es war, als wäre ich nach langer Zeit wieder ein ganzer Mensch geworden.
So richtig bekloppt eben!Heute Nacht würde der Test im Schloss stattfinden. Wir alle waren schon sehr gespannt darauf. Nach dem Abendessen ging ich mit Gid in sein Zimmer - und das artete natürlich erst mal in einer wilden Knutscherei und Fummelei aus, bis wir etwas außer Atem nebeneinander auf seinem Bett lagen.
"Was machen wir eigentlich nach den Ferien?"
Das war etwas das mich auch schon die ganze Zeit beschäftigte.
"Na ja, wir könnten uns nach der Schule treffen und zusammen lernen."
Er schmunzelte. Lernen also...
"Oder irgendwas anderes zusammen machen..."
Das Schmunzeln dehnte sich aus.
"Denkst du, deine Eltern erlauben dir ab und zu bei mir zu übernachten?" Jetzt wurde mir klar worauf er hinauswollte.
"Da fragen wir am besten Mum. Dad kann sehr eifersüchtig werden. Schließlich bin ich sein einziges Kind." Gid streichelte gedankenverloren über meine Brüste. Klopf, Klopf! Mein armes Herz...
"Na ja, als Kind würde ich dich nicht mehr gerade bezeichnen..."
Ein rötlicher Gesichtston gesellte sich zu meinem Herzklopfen. Natürlich merkte er es sofort und begann wieder mich zu küssen, erst ganz sanft dann immer verlangender und drängender. Währenddessen hatte er sich irgendwie schon halb auf mich geschoben und mir damit meine Selbstbeherrschung geklaut.
"Wir finden einen Weg, damit wir zusammen sein können." nuschelte er in meinen Mund. "Aber wenn du in zwei Jahren zu mir ziehst, muss er sich eh damit abfinden, dass du bei mir übernachtest."
Was hatte er da gesagt? Ich sah ihn verdutzt an. Er räusperte sich.
"Natürlich nur wenn du willst..."
Ich dachte kurz nach. Wollte ich das? Ja - natürlich ! Und wie ich es wollte. Es kam nur so überraschend, dass ich gar nicht wusste, was ich sagen sollte.
"Na ja, einen Versuch ist es wert." gab ich schließlich zurück. Die kurz in seinem Gesicht aufgetretenen Zweifel verschwanden wieder und er begann zu strahlen.
"Du wirst es nicht bereuen!" Irgendwie glaubte ich ihm das sogar.Als es klopfte, fuhren wir hoch vor Schreck. Während Gid an die Tür ging versuchte ich noch panisch meine Haare und Klamotten zu ordnen. Raphs Kopf erschien, er musterte uns kurz und meinte dann:
"Ich würde ja sagen sucht euch ein Zimmer. Aber das habt ihr wohl bereits."
Gid sah ihn spöttisch an.
"Wenn mir ein Schwan die Badehose geklaut hätte, wäre ich mit solchen Äußerungen etwas zurückhaltender." Das hatte gesessen. In Raphaels Gesicht kehrte kurz wieder dieser Lilaton zurück. Und dass man Les draußen kichern hörte machte es auch nicht besser.
Schließlich brachen wir auf zum Schloss. Es lag ein Gewitter in der Luft, das uns wahrscheinlich in der Nacht noch heimsuchen würde. Als wir am Brunnen im Schlosshof ankamen, waren gerade die ersten Schläge der Turmuhr zu hören.
Zu unserer Überraschung erschien diesmal nicht Grace, sondern eine geflügelte Katze mit Hörnern, die sich als Xemerius vorstellte und die mir seltsam bekannt vorkam. Moment mal - war das nicht...
Ja, natürlich! Der Geist, der Tina und ihren Kerl ins Labyrinth gescheucht hatte. Ein Blick zu Les und Raph sagte mir dass ich nicht falsch lag.
"Hey Leute!" sagte seine Stimme in unseren Köpfen. Aber im Gegensatz zu Elisabetha alias Grace bewegte er dazu seinen Mund - oder vielmehr sein Raubtier-Schnäutzchen.
"Einer von euch muss mir jetzt ins Labyrinth folgen, damit wir den Schlüssel zur Schatzkiste holen können. "
Wir sahen uns an. Natürlich kam es nicht in Frage, dass hier jemand allein gelassen wurde. Also folgten wir ihm zu viert.
"Oh Mann! So viel Spaß hatte ich ja schon lange nicht mehr. Das im letzten Jahr war natürlich auch lustig, als ich das Heuhaufenmädchen und ihren Loverboy durch den Schlossgarten gescheucht hab..."
Und er quasselte und quasselte. Was war ich froh, dass mir sowas in meinem bisherigen Leben erspart geblieben war. Dieser Xemerius konnte ja echt nervig werden.
Während er sich in seinen ununterbrochenen Redeschwallen ergoss, führte das kleine Ungeheuer uns Stück für Stück durch das Labyrinth. Keiner von uns traute sich ihn zu unterbrechen, denn wenn wir ihn beleidigt hätten, wären wir hier womöglich allein zurückgeblieben und man hätte irgendwann in hundert Jahren oder so unsere Knochen hier gefunden.
Am anderen Ende des Labyrinths stand in einer Ecke etwas das aussah wie ein Thailändisches Geister-Häuschen. Wie passend!
Darin hing der Schlüssel. Gid steckte ihn in die Brusttasche seines Polo-Shirts und dann machten wir uns auf den Rückweg. Endlich waren wir wieder am Schlosshof und Xemerius verriet uns, dass der Schlüssel nicht nur die Schatzkiste sondern auch das Gebäude aufschloss.
Sehr schlau! Nicht dass ich je geglaubt hätte, dass sich hier schon mal jemand ausgesperrt hat, aber wenn doch...
Jedenfalls schlichen wir nun alle auf Zehenspitzen hinunter zum Weinkeller wo Les die Schatzkiste gefunden hatte.
Die Kiste war noch immer in ihrem Versteck im Geheimfach neben den Weinregalen. Die Tür zu dem Fach sah genauso aus wie die Holzvertäfelungen an der Wand um sie herum und man hätte sie niemals gefunden wäre auf ihr nicht die Inschrift >In vino veritas< eingeritzt gewesen.
Nachdem Les das Fach geöffnet hatte holte Gid den Schlüssel hervor und entriegelte die Kiste. Vorsichtig hob er den Deckel an und nun kamen zwölf in kreisförmig angeordneten Mulden versenkte Edelsteine mit jeweils einem dazugehörigen Metallschildchen zum Vorschein. Neben sechs Steinen war ein Name auf dem Schildchen eingraviert:
Robert
Elisabetha
Gideon
Gwendolyn
Raphael
LeslieEs war also schon beschlossen?
Gid verteilte an uns die Steine, die wir dann vorsichtig in unsere jeweils linke Hand nahmen. Gids Stein leuchtete als erster. Mein Rubin wurde leicht heiß und begann zu vibrieren bevor auch er ein schwaches Leuchten von sich gab.
Gespannt sah ich zu Les und Raph. Nach endlos langen Sekunden begannen auch ihre Steine zu leuchten. Also war es wahr!
"Liebe Gemeinde, wir haben uns heute hier versammelt..." hallte plötzlich hinter uns die Stimme des Nerventöters Xemerius. Wir fuhren herum und Leslie warf ihm einen bösen Blick zu.
Oh Mann! Das konnte sie echt gut. Vor diesen Blicken hatte ich auch immer Respekt. Und er verfehlte seine Wirkung auch diesmal nicht, denn Xemerius fuhr nun ebenfalls zusammen und musste schlucken.
"Ist ja gut, Leute. Ich wollte nur die Stimmung etwas auflockern."
Vorsichtig legten wir die Edelsteine wieder zurück in die Kiste, Gid verschloss sie und machte den Verschlag zu.
Dann verließen wir leise das Schloss, brachten den Schlüssel zurück, verabschiedeten uns von Xemerius und gingen zurück zum Camp.Das Gewitter in der Nacht war fürchterlich. Und immer wenn einer der lauten Donnerschläge die Erde erschütterte schlüpfte Gid ein klein wenig näher zu mir.
Mein Gideon, die große furchtlose Raubkatze hatte also Respekt vor den Naturgewalten? Das fand ich nun so süß und liebenswert, dass es mich auch nicht weiter störte als er mir erklärte, er wolle mich nur trösten. Sollte er sich das nur weiter einreden...

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Und einmal Ferienlager...
FanfictionEndlich Ferien! Gwen und Leslie haben sich im Feriencamp von Gwens Onkel Falk angemeldet. Als sie dort ankommen, stellt Gwen fest, dass ihr persönlicher Albtraum - Gideon, der Kotzbrocken - sie bis in die Ferien verfolgt. Er hat sich im Camp als San...