Raphaels Drinks waren wirklich süffig. Auch Grace und dem Butler hatte Raph etwas gemixt, als sie kurz hereingeschaut hatten. Irgendwie schienen sie dann aber doch sehr schnell müde zu werden und sind in ihre Betten verschwunden.
Da wir schon etwas angeheitert waren kam Leslie auf die verrückte Idee dass wir vor der Weinprobe noch eine Kostümprobe machen sollten. Also warfen wir uns oben im Dachboden in unsere barocken Hüllen.
Dann gingen wir bester Laune ins Musikzimmer. Gideon setzte sich an den Flügel und stimmte Musical-Songs an die Leslie und ich abwechselnd oder im Duett zum besten gaben. Sogar Gideon konnte ich einmal zu einem Duett mit mir überreden. Vielleicht lag es auch am Alkohol, aber sein Gesang rührte mich zu Tränen. Tief in meinem Herzen spürte ich den Klang seiner Stimme wiederhallen. Unsterblich schön.
Raphael wollte dann schließlich irgendwann wieder nach unten. Im Salon ließen wir uns von Raph nochmal einen seiner süffigen Spezialdrinks mixen. Nun war die Wirkung des Alkohols nicht mehr zu verleugnen. Der Boden wurde uneben und unser Weg in den Weinkeller ist dann das letzte was ich noch wusste. Über den Rest breitete sich ein dunkler Mantel des Vergessens. Leider sollte es dabei nicht bleiben...Mein Kopf! Irgendeiner hatte in meinem Schädel mit Sprengstoff gespielt und jetzt stand er kurz vor der Explosion. Auf meinen Augenlidern hingen Zentnersäcke. Und wieso zum Henker stank es hier so widerlich und penetrant nach Kotze?
Neben mir erklang in regelmäßigen Abständen ein Geräusch das sich anhörte wie eine Mischung aus Sägen und Schweinegrunzen. Langsam drehte ich meinen Kopf in Richtung des Geräuschs...
Boah! Raphael lag mit dem Kopf in seiner eigenen Kotze! Aber wieso trug er Leslies Ohrringe? Er hatte doch gar keine Ohrlöcher. Warte - war das Leslie?
Bei eingehender Betrachtung der Kniebundhosen und des vorne offenen mittelalterlichen Hemdes stellte ich fest: es war Leslie! Aber wieso trug sie Raphaels Sachen? Mein Blick wanderte an die Hand in ihrem Ausschnitt und folgte der Hand bis zu dem barocken Kleid...
Ne! Echt jetzt? Raphael hatte Leslies Kleid an? Ich war geschockt. Dann fiel mein Blick auf meinen Ärmel. Das Kleid das ich gestern trug hatte doch keine Ärmel...
Oh mein Gott! Mein Tiger - pardon meine Miezekatze - lag auf meinem Bauch und spielte mit den Händen mal wieder BH.
Mir war so schlecht dass ich auf Leslies Soße gleich noch eine Zugabe hätte geben können.
Und dann hörte ich das Räuspern einer tiefen Stimme die keinem der beiden Jungs gehörte.
Erschrocken hob ich den Kopf an - und wünschte mir in diesem Moment eine Falltür die uns alle mitsamt der ganzen Sauerei verschluckte.
Wills amüsiertes Grinsen trieb mir sofort die Schamesröte ins Gesicht. Am liebsten wäre ich gestorben!
"So wie's aussieht hattet ihr wohl gestern eine Menge Spaß..."
Mein Kopf leuchtete purpur.
"Es tut mir so leid Will!" Er lachte. Schön dass sich hier wenigstens einer amüsierte.
Mittlerweile waren auch die andern aus dem Koma erwacht und soweit ich es erkennen konnte ging es ihnen so ähnlich wie mir. Nur dass die Jungs wohl echt ein peinliches Problem mit ihrer Garderobe hatten. Und daher leuchteten auch ihre Köpfe für einen Augenblick in den schönsten Farbtönen.
"Das ist alles halb so wild, ehrlich. Glaub mir: Grace und ich haben auch schon so manche wüsten Feste gefeiert. Früher nannte man sowas 'eine rauschende Ballnacht'. Jetzt machen wir hier erst mal klar Schiff und wenn ihr euch umgezogen habt hängen wir die Klamotten zum Lüften raus. Und nachher gibt's noch ein Katerfrühstück im Salon."
Das Aufräumen war nicht angenehm. Der Geruch. Die Kotzbrocken (ich werde nie wieder dieses Wort zu Gideon sagen!). Und der Schwindel. Unsere Gesichter sahen aus wie Schweizer Bergkäse - vielleicht auch eher wie Gorgonzola...
Glücklicher Weise gab uns Will ein paar Gläser Wasser in denen er eines seiner Spezialpülverchen auflöste. Nachdem wir das getrunken hatten ging es uns wieder bestens. (Hatte ich schon erwähnt, dass David Copperfield neben Will abstinken kann?)
Da wir mehr Glück als Verstand hatten, gab es auf den Klamotten keine Kotz-Spuren. Aber der Geruch...
Als wir zum Pavillon gingen um die Sachen zum Lüften aufzuhängen fiel mir noch etwas ein.
"Will?" Er blieb stehen und drehte sich zu mir um. Und er sah mich an als wüsste er schon was ich fragen wollte. Konnte er etwa auch meine Gedanken lesen?
"Wieso hat eigentlich mein Dad bei dir angerufen um dich zu fragen ob Gideon und ich zusammengekommen sind? Das konnte er doch gar nicht wissen." Wills Blick sagte mir aber etwas anderes.
"Er wusste es."
"WAS?"
"Er weiß Bescheid, Gwen. Über alles. Und deine Mum auch."
"Aber woher..."
"Ich hab es ihnen beim letzten Klassentreffen gesagt. Immer wenn ein neues Familienmitglied dazukommt sehen Grace und ich nach, ob das Geburtsdatum auf unserer Liste steht. Bei Dir und Gid war es also schon klar. Auch Raphael haben wir gefunden. Aber auf Leslie sind wir nicht gekommen, da ihre Großmutter nach deren Geburt verschwand. Aber wie du siehst kann man sich auf die Anziehungskraft zwischen Seelenverwandten dann letzten Endes doch verlassen."
"Und wussten sie auch, dass wir die Elixiere trinken würden?"
"Natürlich. Sie haben zwar eine Weile gebraucht sich damit abzufinden, aber inzwischen kommen sie gut damit klar."
"Aber wieso haben sie mir nie etwas gesagt?"
"Sie mussten mir versprechen es dir zu verschweigen. Die Entscheidung für den Lebenspartner und das eigene Schicksal unterliegt dem freien Willen und darf nicht von Außenstehenden beeinflusst werden. Wenn du ein anderes Leben und einen anderen Partner gewählt hättest - oder Gideon sich anders entschieden hätte - wäre das eben Pech gewesen."
Daran würde ich noch eine Weile zu knabbern haben. Aber wenigstens brauchte ich meine Eltern jetzt in nichts mehr einzuweihen, denn sie waren ja bereits eingeweiht, diese Verräter!
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Und einmal Ferienlager...
FanfictionEndlich Ferien! Gwen und Leslie haben sich im Feriencamp von Gwens Onkel Falk angemeldet. Als sie dort ankommen, stellt Gwen fest, dass ihr persönlicher Albtraum - Gideon, der Kotzbrocken - sie bis in die Ferien verfolgt. Er hat sich im Camp als San...