Den Rest des Nachmittags verbrachten wir in der Bibliothek wo wir ein wenig in einigen der hochinteressanten und teilweise sehr wertvoll aussehenden Bücher herum schmökerten. Es gab sehr viele wissenschaftliche Bücher, Romanreihen aus dreieinhalb Jahrhunderten (zum Teil handsigniert), Geschichtsbücher, Sprachlexika, Reiseführer und Biographien.
Und wieder war alles in bester Qualität, so als hätte jemand einen unsichtbaren Mantel darüber ausgebreitet und es so vor dem Verfall bewahrt. Waren wir nicht vorhin im Labor auf eine Versuchsanordnung zur Konservierung verschiedener Oberflächen und Materialien gestoßen? Und mir war so als gipfelten diese Versuche in der Herstellung des Steins der Weisen, der in Kombination mit dem Edelsteinpulver - sozusagen als Reagenz - die Person die zu dem Edelstein gehörte 'veredelte'...
Auf was für seltsame Gedanken man doch kommt wenn man die Nase zu lange in die Bücher steckt.
Jedenfalls beschlossen wir nach dem frühen Abendessen noch ein wenig vorzuschlafen, weil wir ja später noch was vorhatten.
Irgendwann um elf riss mich das verdammte Piepen meines Handys aus den Federn. Wie gut dass mein Arm zu kurz war um danach zu schlagen, sonst wäre es in diesem Moment wahrscheinlich futsch gewesen.
Gid schnappte sich meine Taille und zog mich brummend an sich.
"Gib mir noch fünf Minuten!" Das sagte ich morgens auch manchmal - zu meinem Wecker. Ich murmelte etwas zustimmendes, drehte mich in seinen Armen um und rollte ihn auf den Rücken, so dass unsere nackten Oberköper aufeinander lagen und ich seinen steigenden Puls fühlen konnte. War Herzrasen ansteckend?
Gids Hände fassten meinen Hintern und pressten mich gegen sich.
"Okay, gib mir lieber zehn Minuten..." Es wurden fünfzehn Minuten draus. Fünfzehn heiß umkämpfte Minuten. Irgendwann schaffte ich es trotz Gids Protestaktionen aufzustehen und mich anzuziehen.
"Dir ist hoffentlich klar, dass du mich nicht ungestraft so provozieren kannst." knurrte mein Tiger hinter mir her. Ich grinste schadenfroh als ich mich zu ihm umdrehte.
"Und ich kann nur hoffen, dass du das Echo auf deine Strafandrohung verträgst..."
Sein Gesichtsausdruck bestätigte mir, dass er mit diesem Satz nicht gerechnet hatte. Er musste schlucken. Ich lachte.
"Na komm schon, Tiger! Lass es uns hinter uns bringen."
Sichtlich lustlos stand er auf und zog sich an. Les und Raph waren schon auf dem Flur - ebenfalls noch müde. Auf dem Weg zur Bibliothek hatten wir noch einen kurzen Boxen-Stop beim Klo gemacht und standen dann schließlich gespannt auf das Kommende zehn vor zwölf an der Tür.
Wir wurden schon erwartet. Grace hatte auf einem kleinen Tisch zwei saubere Skalpelle und vier kleine Fläschchen aufgebaut. Sie reichte Gid und Raph je ein Skalpell und wies sie an sich damit die Kuppe am linken und rechten Mittelfinger einzuritzen. Danach sollten sie die Skalpelle an uns weitergeben um die Prozedur zu wiederholen.
Als das geschehen war, mussten Gid und ich unsere Hände so aufeinander legen, dass sich die Schnittstellen berührten und der Blutkreis geschlossen wurde und uns dabei in die Augen sehen. Les und Raph taten das gleiche.
Die Blutbrüderschaft mit Gid erfüllte mich mit einem Gefühl wie Weihnachten. Wärme und Geborgenheit durchströmten mich. Es war als würde ich nach Hause kommen. Es war als wären wir schon immer zusammen gewesen und hätten uns nun wieder daran erinnert.
Die Elixiere schmeckten frisch und mineralisch mit einem ganz leichten Hauch von Salz. Wir ließen sie langsam in einem Zug unsere Kehlen hinab rinnen. Als meine Substanz sich in mir verteilte, spürte ich etwas wie eine Kraft in mir die sich langsam ausbreitete und sich wie ein Schutzfilm um meinen Körper legte. Gleichzeitig sah ich die Schnittstellen an unseren Mittelfingern in Sekundenschnelle verheilen.
Und dann geschah etwas merkwürdiges: Als ich Gideon in die Augen sah und er meinen Blick erwiderte, konnte ich plötzlich einen seiner Gedanken wahrnehmen. Er hatte sich gefragt, ob mein Dad etwas gegen ihn haben würde, weil er ihm seine Gwenny geklaut hatte.
"Dad wird sich mit unserer Beziehung abfinden." Gid klappte die Kinnlade runter.
"Echt jetzt? Du kannst meine Gedanken lesen?"
Grace kicherte. Eigentlich war es mehr eine Art Glucksen.
"Ach ja, hab ich vergessen euch zu sagen. Wenn ihr euch in die Augen seht und euch auf den Blick des anderen konzentriert, habt ihr ab jetzt diese Verbindung."
"Und sind die anderen Wirkungen auch schon alle aktiv?" kam es nun von Raph. Grace lächelte ihn wissend an.
"So ist es."
Wir unterhielten uns noch eine Weile mit Grace. Sie erzählte uns von ihrem langen Leben mit Will. Wie er die Elixiere entwickelt hatte, wie sie die Jahrhunderte durchlebt hatten und wie sie nach langem Herumreisen mit wechselnden Identitäten wieder in ihr geliebtes Schloss zurückgekehrt waren. Inzwischen wechselten sie nur noch zwischen zwei Identitäten und alle paar Jahre das komplette Personal, das sie immer aus einem weit entfernten ebenfalls wechselnden Bezirk anheuerten.
Im Prinzip waren sie so reich, dass alles was sie taten aus reinem Vergnügen geschah.
Sie waren wirklich zu beneiden. Und da sie ja sowieso mit uns verwandt waren und wir die beiden schon richtig ins Herz geschlossen hatten, betrachteten wir uns nun alle sechs als eine Art Familie. Außerdem beschlossen wir, dass wir sie einmal im Jahr eine Woche im Schloss besuchen würden.
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Und einmal Ferienlager...
FanficEndlich Ferien! Gwen und Leslie haben sich im Feriencamp von Gwens Onkel Falk angemeldet. Als sie dort ankommen, stellt Gwen fest, dass ihr persönlicher Albtraum - Gideon, der Kotzbrocken - sie bis in die Ferien verfolgt. Er hat sich im Camp als San...