Keuchend sah ich mich in dem dunklem Zimmer um. Erst nach einigen Sekunden stellte ich fest, dass es mein eigenes war. Das dass eben alles nur geträumt hatte.
Alles nur ein Traum.
Ich schaltete meine Nachtischlampe an und ließ den Traum noch einmal Revue passieren.
Es war dunkel um mich herum. Und eng. Zu eng. Ich würde zerquetscht werden. Dann traf mich der Schmerz mit voller Wucht. Ich keuchte auf und versuchte mich zu bewegen. Doch ich war eingeklemmt. Es war zu eng. Erst da erkannte ich den Bus. Ich schaute meine Hände an, doch sie waren nicht mehr die Hände einer sieben jährigen. Sie waren größer geworden, das Freundschaftsarmband war verschwunden. Ich drehte den Kopf und versuchte etwas zu erkennen. Ein Schmerz durchfuhr meinen Körper, viel schlimmer als vor neun Jahren. Ich sah niemanden im Bus. Ich war allein. Vorsichtig tastete ich mein Gesicht ab. Es schien unverletzt zu sein, doch was ich hinter meinem Ohr fand, raubte mir den Atem. Es war die Blume die Ethan mir geschenkt hatten. Ich versuchte zu schreien, doch kein Ton kam aus meinem Mund. Blinde Panik erfasste mich. Ich versuchte erneut zu schreien. Nichts. Langsam wurde mein Körper kälter und kälter. Wo war mein Retter? Warum half mir denn niemand. Ich versuchte meine Zehen zu bewegen, und ich konnte es tatsächlich. Ich konnte meine Zehen bewegen! Sie spüren! Ich schluchzte auf. Hoffnung durchflutete mich. Vielleicht waren die letzten neun Jahre auch nur ein böser Traum gewesen. Doch als ich erneut versuchte meine Zehen zu bewegen blieben sie, wo sie waren. Kalt, bewegungslos, starr. Vor Freust schrie ich auf. Ich konnte schreien.
„Hilfe!", schrie ich aus Leibeskräften. „Hilfe!"
Die Dunkelheit wurde von gleisendem Licht zerrissen. Zwei Arme hoben mich aus meinem Gefängnis, als ob ich noch so leicht wie eine sieben jährige war. Geblendet von dem Licht schloss ich die Augen. Mein Retter trug mich, doch dieses Mal verlor ich nicht das Bewusstsein, wie damals. Dieses Mal sah ich alles. Egal ob ich die Augen schloss oder sie öffnete. Altes vermischt mit Neuem. Als ich sie sah, blieb mein Retter kurz stehen. Ich war so von ihrem Anblick gefesselt. Es schien, als ob ich aus meinem Körber getreten war und alles als Außenstehende sehen würde. Dort standen sie. Nur einige Meter von mir entfernt. Ein Feuerwehrmann, der mich schlaf und leblos in seinen Armen trug. Auf einen Krankenwagen zu. In einiger Entfernung wurde Ally, die sieben jährige Ally von einer Polizistin festgehalten, während sie schrie und weinte, sie wollte zu mir. Hinter ihnen lag das Buswrack in dem Mrs Malee vor neun Jahren ihr Leben verlor, in dem ich die Fähigkeit zu laufen verlor. Keine zehn Meter von dieser Szene entfernt sah ich mich wie ich jetzt wohl aussah. Mit sechszehn Jahren, in den Armen eines Feuerwehrmannes hängend. In einiger Entfernung stand wieder Ally, doch auch sie war gealtert und wirkte kein bisschen verzweifelt, sondern mit einem bösartigem Lächeln im Gesicht. Neben ihr stand dieselbe Polizistin. Sie war nicht gealtert. Seltsam. Doch auch hier musste sie Ally festhalten, denn plötzlich fing auch sie an zu schreien. Sie beschimpfte meine zusammengesunkene Traumversion.
Ich hätte es verdient. Ich hätte schon vor Jahren sterben sollen.
Und plötzlich sprang mein Traum-Ich aus den Armen seines Retters. Es schaute sich verwirrt um, bis es eine andere zusammengesunkene Gestalt im Schnee entdeckte und auf diese zu. Ally folgte ihm, jetzt still. Mein Retter folgte ihnen und plötzlich wandelte sich das Szenenbild. Jetzt standen wir nicht mehr in der verschneiten Winterlandschaft, sondern im Central Park. Doch dieser war Menschenleer. Mein Traum-Ich und die Traum-Ally beugten sich über die zusammengesunkene Gestalt. Als sie stöhnend den Kopf bewegte, erkannte ich ihn. Ethan. Er schrie vor Schmerz auf und ich zuckte, genau wie die anderen beiden Traum-Mädchen, zusammen. Ich schloss für einen Moment die Augen, und als ich sie wieder öffnete, hatte die Scene schon wieder gewechselt. Langsam schwirrte mir der Kopf. Ethan stand am Abhang einer Klippe und schaute hinunter, als würde er abwägen, als ob ihn ein Sprung in die Tiefe das Leben kosten würde. Der Wind riss an seiner Kleidung und seinem Haar.
DU LIEST GERADE
Aprilynne
Teen FictionAprilynne ist 16 und an den Rollstuhl gefesselt. Als ob das nicht schon genug Probleme wären, stößt sie an ihrer neuen Schule auf Mitschüler, die scheinbar etwas zu verbergen haben. Wird April es schaffen hinter ihre Geheimnisse kommen?