Teilnahmslos saß ich am Küchentisch und sah meinen Eltern dabei zu, wie sie lärmend Töpfe und Besteck in Kartons räumten, für Teller und andere zerbrechliche Dinge hatten sie schon seit einigen Wochen Zeitungspapier zur Seite gelegt. Meine Mutter warf mir wie die ganze letzte Woche beunruhigte Blicke zu und ich schaute ungerührt zurück. Schließlich räusperte sie sich: „Aprilynne, wir wissen-"
Doch ich unterbrach sie: „Ich will nichts hören."
Mit diesen Worten fuhr ich in mein Zimmer. Auch dort stapelten sich Umzugskartons. Wütend starrte ich sie an, als ob sie für unseren Umzug verantwortlich waren. Eigentlich hätte ich schon vor Tagen mit packen anfangen sollen, doch das wäre so gewesen, als ob ich es akzeptiert hätte. Mai hatte mir mehrfach angeboten dabei zu helfen, doch ich hatte immer dankend abgelehnt. Erst dann wäre uns beiden aufgefallen, dass unsere gemeinsame Zeit fast abgelaufen wäre.
Noch fünf Tage.
Seufzend schloss ich die Augen. Fünf Tage, dann würden sowohl die guten als auch die schlechten Dinge hinter mir liegen. Fünf Tage, bevor ich ins ungewisse aufbrechen würde. Nur noch fünf Tage mit Mai, meiner einzigen Freundin. Nur noch fünf Tage, in denen ich den ahnungslosen Liam aushalten musste. In fünf Tagen musste ich diese Wohnung verlassen, den einzigen Ort, den ich jemals als Zuhause gekannt hatte und sie wieder sehen würde.
Wie gesagt. Fünf verdammte Tage.
Ich öffnete die Augen und nahm mein Handy vom Nachtisch und wählte ihre Nummer.
Nach dem zweiten Klingeln nahm sie ab.
„Mai? Kannst du doch vorbeikommen? Ich brauch dich."
Und das war die volle Wahrheit, ich würde das nicht alleine schaffen.
# # #
Zwanzig Minuten später klingelte es, ich wollte mich gerade in Bewegung setzten, da wurde schon meine Zimmertür aufgestoßen und eine ziemlich müde aussehende Mai rauschte ins Zimmer.
„Ich habe gehört, hier gibt es einen Packnotfall?", rief sie aus, stemmte sich die Hände in die Hüften und sah sich im Zimmer um.
Ich lachte: „Sieht ganz so aus."
Stirnrunzelnd betrachtete sie die noch leeren Kartons.
„Hast du überhaupt angefangen?"
Mir stieg die Röte ins Gesicht.
„Ähm nein."
„Warum?"
„Rebellion?"
„Ah, okay." Sie deutete auf ihre Haare. „Kenn ich."
Zwanzig Minuten später hatten wir schon eine Kiste voll von Bikinis, Winterjacken und Pullovern, Schals und Mützen, Handschuhen, dicken Socken und sonstigen Dingen, von denen wir der Meinung waren, dass ich sie in meiner verbleibenden Zeit in Amerika nicht mehr brauchen würde. Danach verbrauchten wir drei weitere Kisten allein für meine Bücher.
„Deine Eltern werden sich freuen, wenn sie die Kisten schleppen dürfen.", hatte Mai lachend gemeint.
„Der Umzug war ihre Idee gewesen.", hatte ich bloß geantwortet und darüber nachgedacht ob ich einfach eine Kiste nur aus Bösartigkeit mit Steinen füllen sollte.
Mai sah mich besorgt von der Seite an, als sie die Bitterkeit in meiner Stimme hörte.
„April-", begann sie, aber ich unterbrach sie.
Ich lachte und drehte meine Haare zu einem Knoten hoch. „Ich will jetzt nicht darüber reden. Weder du noch ich können etwas daran ändern. Das Beste für uns beide wäre es einfach hinzunehmen und die letzten Tage noch auszunutzen."
Ich lächelte, doch selbst ich merkte, dass es gekünstelt aussah. Deshalb ließ ich es. Mai sah mich nur an. Ihr Gesichtsausdruck war unergründlich. Schließlich schluckte sie schwer und nickte.
Ich hatte mich gerade wieder dem zusammenpacken von Bettwäsche gewidmet, als ich Mais leise Stimme hörte:
„Wir sind zusammen."
Ich hielt mitten in der Bewegung inne und blickte mit schreckensgeweiteten Augen zu Mai hinüber. Diese betrachtete schuldbewusst den Teddybären in ihren Händen.
Mein Herz begann zu rasen und in meinen Ohren rauschte es. Ich brachte keinen Ton heraus, während in meinem Kopf meine Gedanken wild durcheinander zu schreien schienen.
Liam? Mai und Liam? Warum kümmerte mich das? Ich empfand nicht mehr für ihn! Aber Mai war einfach mit ihm zusammen gekommen, trotz seiner Aktion? Er war so einfach über mich hinweg gekommen?!
„Liam?!", schrie ich fast hysterisch.
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Aprilynne
Teen FictionAprilynne ist 16 und an den Rollstuhl gefesselt. Als ob das nicht schon genug Probleme wären, stößt sie an ihrer neuen Schule auf Mitschüler, die scheinbar etwas zu verbergen haben. Wird April es schaffen hinter ihre Geheimnisse kommen?