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Es war Januar und bitterkalter Winter. Die Straßen waren vereist und überall lag mindestens ein Meter Schnee. Ich war damals in der ersten Klasse. Wir machten einen Schulausflug mit dem Bus. Der Busfahrer hatte schon auf der Hinfahrt immer wieder Probleme gehabt den Bus unter Kontrolle zu halten. Ich sehe es noch genau vor mir, als es geschah.                                                                                                                                                                    Einem Jungen aus meiner Klasse war die Mütze gestohlen worden, die die anderen nun fröhlich hin und her warfen, während er verzweifelt die Arme in die Luft streckte um sie wieder zu erlangen. Ich lachte gerade über die Grimasse meiner besten Freundin. Unsere Lehrerin saß total genervt auf dem ersten Sitz ganz vorne, da geschah es. Auf einmal geriet der Bus ins Wanken und kam von der Straße ab. Wir fuhren trotz der vereisten Straßen viel zu schnell und wir überschlugen uns. Im Bus war Geschrei zu hören. Ich stürzte von meinem Sitz auf Ally. Ich erhaschte einen kurzen verschwommenen Blick nach Draußen. Weiß. Alles weiß. Wir überschlugen uns wieder. Und wieder. Jedes Mal schlug ich wieder auf meine Freundin auf. Ich schrie. Sie war still. Da schoss mir eine Frage durch den Kopf. War sie tot? Nein! Dachte ich mir, sie konnte nicht tot sein! Wir würden diesen Sommer noch Eis essen gehen und ins Schwimmbad! Ein letzter Überschlag, dann krachten wir in etwas hinein. Kurz war alles still. Der Bus stand still, keiner gab einen Laut von sich. Ich richtete mich auf. Stellte mich auf das eigentliche Fenster, was nun auf dem Boden lag. Das war ein riesengroßer Fehler. In diesem Moment ertönte ein lauter Knall, die Seite über mir wurde eingedrückt und ich unter ihr eingeklemmt. Vor Schmerz und Angst keuchte ich auf. Es war dunkel um mich herum. Und ich versank in einer viel schwärzeren Dunkelheit, die mich mit offenen Armen empfing.


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Das nächste an das ich mich erinnerte waren zwei starke Arme, die mich hochhoben und die Kälte, die mich auf einmal umfing. Ich versuchte die Augen zu öffnen, doch es gelang mir nicht. Ich würde es schaffen meine Augen zu öffnen. Wo war ich eigentlich? Ich versuchte es wieder. Dieses Mal schaffte ich es wirklich meine Augen zu öffnen. Doch im nächsten Moment wünschte ich mir es nicht getan zu haben. Vor mir lag ein langes und großes Stück Metall. Es war komplett zerstört, es lag auf der Seite, weit entfernt von der Straße, die Seite die oben lag, war nur noch eine eingedrückte Beule. Plötzlich stürmten die Ereignisse wieder auf mich ein. Das war unser Bus! Was war mit den anderen? Unweit entfernt vom Buswrack lag ein großer Baum neben einem Kran, die Schlinge mit der der Baum vom Bus gehoben worden war, war immer noch um den Stamm gewickelt. Ich bewegte mich, ein stechender Schmerz ging durch meinen Körper, von der Hüfte aufwärts und im linken Bein. Im rechten spürte ich nichts. Ich wimmerte und schloss die Augen wieder. Daraufhin flüsterte mein Retter etwas, was ich nicht verstehen konnte, aber mich beruhigte. Danach verschwamm alles wieder in einer von Schmerz geprägten Dunkelheit. Ich kriegte mit, dass ich irgendwann auf etwas Hartes gelegt worden war und dann ein durchdringendes Geheul.

Als ich wieder aufwachte wurde ich von weißem Licht geblendet. War ich tot?! Doch dann roch ich den unverkennbaren Geruch von Desinfektionsmittel und das Kissen unter meinem Kopf, die Decke über meinen Beinen. Ich war im Krankenhaus.In meinem Kopf war der Schmerz zu einem schwachen Pochen abgeschwollen. Im meinem rechten Beim spürte ich immer noch nichts. Und mein Rücken tat mir so unendlich weh! Ich wandte den Kopf und blickte in das besorgte Gesicht meines Vaters, der den Arm um meine Mutter gelegt hatte, die kurz vorm hyperventilieren war. Als sie merkten, dass ich wieder bei Bewusstsein war, sprangen sie auf und liefen zu mir ans Bett.                                                

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