Plötzlich hielt er in seinen Gedanken inne und lauschte in die Stille um ihn herum. Die Stille hatte sich verändert, die Luft hatte sich verändert, alles um ihn herum hatte sich verändert, die ganze Nacht war jetzt anders. Die Luft stand still, nicht einmal mehr das Rascheln und Rauschen des Windes war zu vernehmen und die Kälte, welche ihn nun umgab drang tief in sein Innerstes ein und nahm ihm nahezu die Luft zum Atmen. Wenige Sekunden vergingen bevor er jenen Geruch vernahm, von dem er gehofft hatte ihm nie wieder ausgesetzt zu sein. Es roch so stark nach dunkler Magie, Verwesung und Tod, dass sich alles in seinem Körper dagegen sträubte diese verseuchte Luft weiter einzuatmen. Flinken Fußes und nahezu lautlos, angetrieben von der nackten Angst, eilte er zu der Gruppe zurück um sie zu warnen. Wenige Sekunden später beobachtete er vom Dach eines nahestehenden Hauses aus, wie ihre Silhouetten in dem engen Labyrinth aus dunklen Straßen und Gassen verschwanden. Nun begann für ihn erneut die Zeit des einsamen Wartens auf ein Zeichen der Anderen, auf den Zeitpunkt ihrer erneuten Wiedervereinigung. Doch würde dieser Zeitpunkt je kommen?
Nur ein sanftes Rascheln hinter sich, verriet ihm das er nicht mehr alleine auf dem Dach war. Doch weder brauchte er sich zu fürchten, noch brauchte er sich umzudrehen um zu wissen, wer hinter ihm stand. Er würde die Energie die von ihrem Körper und ihren Bewegungen ausging, das schimmernde Leuchten welches sie umgab und die Melodie ihres Herzens, wenn es in ihrer Brust schlug überall auf dieser Welt Erkennen. Dafür musste er sie nicht ansehen. Sie war also da, war nicht ohne ihn fortgegangen.
„Zu zweit reist man sicherer, ließ ich mir sagen" . Sie war nun neben ihn getreten und aus dem Augenwinkel konnte er sehen, dass bei diesen Worten ein Lächeln ihre Lippen umspielte. „Von dieser Nacht an wird es für uns nirgendwo sicher sein. Weder in dieser Welt, noch in einer andere". Kurz schwiegen sie, sich der Last auf ihren Schultern zu deutlich bewusst. Doch noch länger konnten sie nicht verweilen, denn die Gefahr war nicht vorüber und schnell musste nun Gehandelt werden. „Nun dann sag mir meine teuerste Freundin, wohin beschließt du mich und den Schatz, den du unter deinem weiten Umhang versteckt hältst zu bringen?"
„Nach Deutschland" antwortete sie. „Nach Deutschland? Wieso willst du in ein kaltes, regnerisches Land? Wenn wir uns schon auf der Flucht befinden, wieso flüchten wir nicht an einen wärmeren Ort?"
Er wollte sie mit seinen Worten aufmuntern, doch nun sah er einen verzweifelten Ausdruck auf ihrem sonst so unbeschwerten Gesicht stehen. „Reesa, sag mir was dich bedrückt. Wieso Deutschland?"
„Dort gibt es einen guten Arzt, einen sehr verschwiegenen Arzt. Einen, der mit uns vertraut ist".
Zuerst verstand ich nicht, doch dann sah sie behutsam mit ihrer Hand ihren Bauch halten. Und verstand. „Nun dann vermute ich, ist das Heilige Buch nicht der einzige Schatz, welchen du unter deinem Umhang verborgen hältst".
Ich schenkte ihr ein warmes Lächeln und dankbar erwiderte sie es. Meine Reesa, die Frau der ich mein Herz und mein Leben geschenkt hatte, erwartete ein Kind. Doch sorgte ich mich nicht um die Tatsache, dass sie einen anderen Mann liebte, dass sie mich nie auf diese Weise lieben würde und ich sie trotzdem immer, verdammt zu einem Leben voller unerfüllter Sehnsüchte. Nein. Lediglich ihrem Wohl und dem ihres ungeborenen Kindes galt meine Sorge. Den auch das Kind, das spürte ich genau, würde ich genauso bedingungslos lieben wie seine Mutter. Ich würde es behüten und auf es achten und ich würde mein Leben für es geben, wie ich es für seine Mutter jederzeit ebenfalls würde. Denn dies war mein Schicksal, und mit meinem Schicksal war ich im reinen.
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Daughter of Ash and Flames
FantasyEine geheime Prophezeiung. Ein uraltes Erbe. Ein erbarmungsloser Herrscher auf dem Gipfel seiner Macht. Eine letzte Chance auf Freiheit. Und eine Liebe gefangen zwischen Verrat und Hass. Ein tragischer Unfall reißt Camillas Mutter zu früh von ih...