Kapitel 8

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Buch Zwei

Siebzehn Jahre später...

Die Sonne geht über dem Himmel auf und mit ihr erwacht das Leben.

Langsam streckt sie ihre tausend Arme aus und erobert zurück, was die Nacht ihr gestohlen hat. Sonnenschein glitzert über den Dächern und in den Fenstern und obwohl der Großteil Sevillas noch in einem tiefen Schlaf Zuflucht findet, gehen bereits einige vom Glück weniger Bevorzugte an ihr Tagewerk.

Pferdehufen klappern über den Asphalt der engen Gassen, bereit den ganzen Tag Touristen durch die pralle Sonne zu tragen.

Bettler, Straßenmusiker und Schuhputzer eilen durch das Halbdunkel, um einen guten Platz zu bekommen, in der Hoffnung genug Geld für eine warme Mahlzeit erarbeiten zu können.

Alleinerziehende Mütter hetzen zum Ersten ihrer drei Jobs, um die Kinder vor der Armut zu schützen und ihnen etwas mehr vom Leben zu geben, als sie selbst bekommen hatten.

Und dann waren dort noch die Geräusche jener armen Seelen, die des Nachts arbeiteten und bei Sonnenaufgang in ihren winzigen Wohnungen Zuflucht suchten, um dort ihr schreckliches Los zu vergessen.

Es lebten so viele Menschen in Sevilla, mit so vielen unterschiedlichen Lebens- und Leidensgeschichten.

So viele unterschiedliche Seelen, die alle glaubten allein zu sein und nicht merkten dass sie sich vereint hatten um der Stadt Sevilla eine Seele zu geben, eine Seele so Vielseitig, dass die Stadt einen mit unendlich vielen Eindrücken in ihren Bann zu ziehen vermochte.

Und in genau dieser Stadt, in Sevilla, muss diese Geschichte weitererzählt werden.

Nur hier mag diese Geschichte entstehen und ich hoffe Sie, lieber Leser, lassen sich von ihr und von dieser Stadt ebenso verzaubern und mitreißen wie ich es bei Zeiten tat.

Es ist die Geschichte von Camilla und obwohl ich sage es sei ihre Geschichte, gehört sie ihr nicht. Denn es ist auch eine Geschichte über das Leben, über die Liebe und über eine Welt, die voller Fehler und Geheimnisse steckt und trotzdem wunderschön ist.

Und sie gehört jedem der bereit ist seine Seele und sein Herz für diese Geschichte zu öffnen!

*

Erschrocken fuhr Camilla aus dem Schlaf hoch.

Draußen dämmerte bereits der Morgen und die schlafende Stadt erwachte zum Leben, während sie auf ihrem Bett saß, mit kaltem Angstschweiß auf der Stirn. Ihr Atem ging schnell und das Herz hämmerte hart gegen ihre Brust. Gleich würde es darin zerspringen.

Sieben Nächte infolge raubte ihr dieser Traum nun schon den Schlaf und jedes Mal wachte sie an derselben Stelle auf. Trotzdem wusste sie nicht, was er zu bedeuten hatte. Doch darüber das er etwas zu bedeuten hatte, war sie sich sicher.

Langsam stieg sie aus dem Bett. Sie würde ohnehin nicht mehr einschlafen können. In der Küche erwartete sie ihren Vater vorzufinden, doch die Wohnung war verlassen. Sein Bett war unbenutzt und lediglich eine alte Decke auf dem Sofa deutete darauf hin, dass er in dieser Nacht überhaupt heimgekehrt war. Blasser Sonnenschein versuchte sich durch die geschlossenen Vorhänge Zugang zum Haus zu verschaffen und eine feine Staubschicht flimmerte in der Luft.

In der Küche fand sie eine leere Tasse Kaffee, wahrscheinlich alles was ihr Vater zum Frühstück zu sich genommen hatte und eine kleine Notiz, verfasst in seiner fein säuberlichen, eleganten Handschrift, die partout nicht zum Rest seines verworrenen Wesens passen wollte.

Liebste Camila

Ich habe das Haus sehr früh verlassen und wollte dich nicht aufwecken.

Daughter of Ash and Flames Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt