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Als Camilla ihre Augen öffnete, spürte sie, das etwas anders war. Dass sich etwas verändert hatte. Sie wusste nur nicht was. Konnte es nicht benennen.

Der Raum um sie herum nahm Gestalt an. Fahles Tageslicht viel durch dicke, zugezogene Samtvorhänge. Wo war sie?

Gegenüber dem Bett stand ein riesiger Eichenholzkleiderschrank. In einer Ecke sah sie einen verschnörkelten Schminktisch. Im Spiegel konnte sie sich selbst betrachten. Sie trug nicht mehr ihr rotes Kleid, sondern steckte in einem weiten Männerpyjama.

Das Bett war gigantisch. Es hatte ein Großes, gepolstertes Kopfteil und vier Holzpfosten ragten an den Ecken daran empor, um in einen Stoffhimmel über dem Bett zu münden. Doch sie lag allein darin. Wo war Mirel? Nach der letzten Nacht hatte sie erwartet ihn neben sich zu finden. Alles an dem Zimmer wirkte sehr edel und elegant, aber auch alt.

Camilla wollte liegen bleiben, doch die Neugier trieb sie aus dem Bett.

Ihre nackten Füße trafen auf einen weichen Teppich, der unter ihren Füßen nachgab. Eine Wanduhr zeigte ihr, dass es erst sechs Uhr am Morgen war. Sie hatte nicht lange geschlafen.

Was war gestern Abend noch passiert? Die Erinnerungen an ihr... Aufeinandertreffen kehrteschlagartig zurück und sofort durchlief ein kalter Schauer ihren ganzen Körper.

Daran zu denken, welche Seite an Mirel sie gestern entdeckt hatte, wie alles an ihm sich plötlich verändert hatte, bis sie in seinem Gesicht nicht mehr den Mann hatte erkennen können, in den sie sich verliebt hatte.

Sie musste ihn finden. Mit ihm Reden und in seinen Augen sehen, dass zwischen ihnen alles in Ordnung war. Das sich nichts verändert hatte.

Leise öffnete sie die Schlafzimmertür und trat hinaus auf einen langen Flur. Kunstvolle Gemälde zierten die Wände. Wo auch immer sie sich befand, die Besitzer hatten Geld.

Sie gelangte an eine lange Wendeltreppe. Die Hände über das Holzgeländer gleiten lassend, schritt sie langsam hinab. Von unten her ertönten leise Geräusche. War das Mirel?

Vorsichtig huschte sie die letzten Stufen hinab. Wo lang jetzt?

Zu ihrer Linken und Rechten erstreckten sich zwei Gänge. Das Haus musste riesig sein.

Von rechts her ertönten erneut Geräusche. Bitte lass es Mirel sein.

Dicht an der Wand entlang ging sie in die Richtung, aus der sie gekommen waren.

Sie ging an einigen leeren Räumen vorbei. Moment. Camilla machte zwei Schritte rückwärts und sah erneut in den Raum. Es war eine großzügig ausgestattete Küche. Auf den Fensterbänken standen viele frische Kräuter und auf der Arbeitsplatte und an den Wänden fand man alle Küchenutensilien, die sich ein Hobbykoch wünschen konnte. Daran war nichts Ungewöhnliches, doch das war es auch nicht, das Camillas Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte.

Es war die Kaffeetasse, die auf der Kochinsel in der Mitte des Raumes stand. Sie dampfte noch.

Plötzlich wurde sie von hinten gepackt, herumgewirbelt und auf den Boden geworfen.

Zwei starke Arme hielten sie dort fest.

„Guten Morgen, Schönheit."

„Du hast mich zu Tode erschreckt" tadelte sie Mirel.

Doch ihr Körper reagierte ohne Umschweife auf seine Berührung, reckte sich ihm entgegen, als wären all die Dinge vom Vorabend vergessen.

Daughter of Ash and Flames Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt