Kapitel 5

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Schwerfällig erhob er sich ein letztes Mal aus seinem Stuhl. Die Briefe in die Tasche seiner Hose gleiten lassend, ging er zur Tür. Schon halb durch sie hindurch, drehte er sich ein letztes Mal um, einen Abschiedsblick auf den Ort werfend, den er in den letzten Jahren sein Zuhause genannt hatte. Vermutlich das einzige Zuhause, das ihm dieses Leben jemals geboten hatte. Und tief in seinem Inneren, wusste er was er nun zu tun hatte. Ihm und den anderen seiner Art war es niemals bestimmt gewesen ein Zuhause zu haben. Nicht bevor der letzte Kampf gewonnen war. Und er erkannte seinen Fehler. All die Jahre hatte er sich etwas nehmen wollen, ohne dafür zu kämpfen. Doch der Kampf wäre seine einzige Möglichkeit gewesen tatsächlich zu bekommen, was er so sehr gewollt hatte. Freiheit. Geborgenheit. Eine Familie. Ein Zuhause. Liebe. Mit schweren Schritten ging er zurück zu dem Fenster und schloß es. Danach ließ er ein Feuerzeug aus seiner Hand gleiten und hielt die Flamme an den Saum der dicken Vorhänge. Sofort fing der trockene Stoff Feuer. Einige Augenblicke sah er den Flammen dabei zu, wie sie sich an dem Stoff aufwärts schlängelten, ihr tödliches Werk verrichtend. Dann ging er ur Tür hinaus und ließ sie ein letztes Mal hinter sich ins Schloss fallen.

Die Stadt war nun, da die Hitze des Tages verblasste, viel belebter. Menschen drängten sich auf die Straßen. Die Teehäuser waren voll und selbst in den Restaurants waren kaum noch freie Plätze zu ergattern. Unbeirrten Schrittes ging Malik weiter, die freudige Lebendigkeit der Stadt hinter sich lassend. Irgendwann unterwegs kam er an einer Poststation vorbei, gab die vier Briefe ab und betete, sie würden ihre Empfänger noch rechtzeitig erreichen.

Danach ging er langsamen Schrittes weiter. Es gab nun keinen Grund zur Eile mehr.

Er wusste nicht wie lange er gelaufen war, als er bemerkte, dass seine Füße ihn an die Ufer des Bosporus getragen hatten. Wie lange war er so in Gedanken versunken durch die Stadt gelaufen? Die Sonne war bereits tiefer Dunkelheit gewichen und er verstand die Botschaft. Seine Zeit hatte sich nun dem Ende geneigt. Die Straßen waren um diese späte Zeit weit weniger belebt. Langsam zog er seine Schuhe aus und setzte sich an das Ufer. Die tosende Strömung der Meerenge bedeckte alle anderen Geräusche um ihn herum. Er spürte die neugierigen Blicke einiger Passanten im Rücken. Sie schienen zu ahnen was er vorhatte. Wie weit würde die Strömung ihn tragen? Würde es ein schmerzhafter Tod werden? Vehement schüttelte er den Kopf um Angst und Zweifel zu vertreiben. Er gab sein Leben dem Wasser, einem der Elemente, genau so wie die Erde, sein Element, eines war. Es bestand kein Grund zur Furcht. Ein letztes Mal genehmigte er sich einen Blick in die Umgebung. Die Straßen waren plötzlich wie leer gefegt. Keine Passanten waren mehr zu sehen. Die Luft schien ebenfalls kälter geworden zu sein und ein starker Wind ließ ihn frösteln.

Er musste schon sehr lange hier gesessen haben. Ohne weiter zu zögern stieß er sich vom Rande des Ufers ab und Sprang in die weit ausgebreiteten Arme des Meeres, die ihn mit einer freudigen Umarmung zu begrüßen schienen. Dies würde eine andere Form der Freiheit werden als er sie sich vorgestellt hatte, aber es würde Freiheit sein. Die Kälte traf ihn wie ein Schock und lähmte seine Glieder für einen Augenblick.

Doch es dauerte nicht lange bis er sich daran gewöhnte und er gab sich voll und ganz der sanften, anschmiegsamen Umarmung des Wassers hin. Die Strömung riss seinen Körper immer weiter mit sich. Langsam schloss er die Augen, bis die Finsternis die ihn umgab vollkommen war.

Dann öffnete er seine Lippen und entließ den letzten Lufthauch in seinem Körper, bevor seine Lippen öffnete und den Tod einatmete. Schnell füllte sich seine Lunge mit Wasser. In diesem Moment hätte er Schmerz fühlen müssen, Todesangst haben müssen. Doch er verspürte nur einen tiefen Frieden, der von ihm Besitz ergriff. Sein Wissen würde mit ihm in die Tiefen des Meeres gezogen werden. So gab er seinen Freunden eine Chance zu überleben. Ein letztes Geschenk an sie.

Mit diesem letzten Gedanken im Geist, war er bereit sich seinem Schicksal hinzugeben und begrüßte sein Ende.

Doch plötzlich verfing sich etwas in seinem Hemd und stoppte seinen Körper, der noch vor wenigen Minuten eins war mit der Strömung. Mit letzter Kraft versuchte er sich zu befreien, doch er war nicht mehr stark genug. Das Wasser hatte alle Energie aus seinem Körper gespült.

Dann wurde sein Körper langsam zurück Richtung Oberfläche gezogen und er begriff. Feste Krallen hielten ihn umschlungen. Er war zu langsam gewesen. Wie hatten sie so schnell bei ihm sein können? Wieder einmal hatte er versagt. Sie hatten ihn lebendig gefangen und sie würden ihn foltern, solange bis er ihnen alle Antworten gab, die sie brauchten. Er wusste um seine Schwäche. Schon bald würde er unter dem Schmerz zusammenbrechen. Ihr aller Ende war besiegelt. Das Böse würde weiter herrschen.

Na wie gefällt dir das Ende? :D 

Ich hoffe ich konnte dich überraschen. Die Geschichte nimmt langsam ihren Lauf und ich freue mich so so sehr, dich mit an Bord zu haben! Wie gefällt es dir bisher? 

Hast du Anmerkungen oder sogar ein paar Verbesserungsvorschläge? Ich freue mich über alles =)

Danke, dass du da bist und meinen Worten so viel Zeit schenkst <3

Daughter of Ash and Flames Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt