Und so kam es, dass sich die fünf Freunde in den nächsten Monaten über die verschiedensten Teile der Welt verstreuten um dort ein Leben unter ständiger Wachsamkeit zu führen. Zur Einsamkeit und Isolation von anderen Menschen verdammt, denn jeglicher Kontakt zur Außenwelt bedeutete Gefahr. Niemand durfte sie kennen, niemand von ihrer Existenz wissen, denn Menschen redeten viel und irgendwann würden ihre Worte zur falschen Zeit am falschen Ort in die Ohren der falschen Person dringen und alles sorgfältig versteckte zu Tage fördern. Und während sie auf diese Weise ihr Dasein fristen, nimmt unsere Geschichte ihren Lauf.
Weit entfernt von der Welt der Menschen, in einem Land, anders als das uns bekannte, mit einer Geschichte so alt, dass kaum noch Aufzeichnungen darüber existieren. Dort, in einer Festung tief begraben unter der Oberfläche, fernab von dem Licht der Sonne und den Berührungen des Windes, lebte Jener, vor dem die Freunde sich so unermesslich fürchten. Und wie sie es vorhergesagt hatten, hatte Jener, seitdem sie seinen größten Schatz gestohlen haben keinen Tag und keine Nacht geruht und gerastet. Still und heimlich erfüllt von unerbittlichem Hass hatte er sie gesucht.Seine ganze Macht war nur darauf gerichtet sie zu finden Und niemals würde er in seiner Suche innehalten. Seine Gestalt saß, verborgen in den Schatten seines Gemaches, auf einem Thron. Lediglich zwei knorrige Hände überdeckt von bleicher, eingefallener Haut blickten unter den Ärmeln seines Umhanges hervor. Der Rest seiner Erscheinung war in unwissende Dunkelheit gehüllt. Unterbrochen wurde die schwere Stille in seinem Gemach nur durch seinen rasselnden Atem und das Kratzen seiner langen, gelben Fingernägel über die Lehnen des steinernen Thrones auf dem er saß. Es war ein dunkler, kahler Raum mit nackten Steinwänden deren einzige Verzierung eine höchst merkwürdige Landkarte war. Sie war größer als gewöhnliche Karten und bei genauerem Hinsehen zeigte sich, das diese Karte sowohl die Welt der Menschen, als auch jenes fremde Land in dem wir und befinden darstellt. Dies allein ist jedoch nicht was diese Karte so merkwürdig macht. Dieser Umstand ergibt sich allein aus der Tatsache, dass fast alle auf der Karte gezeigten Städte und Dörfer ausgebrannt wurden. Es waren kaum noch unverbrannte, leserliche Stellen auf ihr geblieben.
Aus einem Gang in der Nähe des Gemachs ertönen leise Schritte. Anfangs kaum wahrnehmbar werden sie immer lauter, je näher sie dem Gemach kommen, bis sie vor dessen Tür stehen bleiben. Einige Sekunden vergehen, bevor schwere Fäuste an die Tür klopfen.
„Tritt nur ein" ertönt eine rauchige, tiefe Stimme, die in vollkommenem Einklang steht mit dem Bild, welches durch die eingefallenen Hände vermittelt wird. Wie der sichtbare Rest der Gestalt wirkt auch sie verbraucht. Die schwere Holztür wird von außen geöffnet und ein Mann tritt ein.
Sein Gesicht ist stets dem Boden zugewandt, als Zeichen seines Respektes, seiner Unterwerfung und seiner Hochachtung. Alles an seiner Haltung strahlt bedingungslose Ergebenheit und Demut aus. Er trägt einen Umhang, so leuchtend Rot wie frisches Blut. Seine Hände und seine nackten Füße sind bedeckt von schwarzen Symbolen und Zeichen, deren Bedeutung schleierhaft ist. Und obwohl man seine übrige Erscheinung nur erraten kann, strahlt er eine übermäßige Kraft und Gefahr aus. Sein Umhang fällt im tief in sein Gesicht als er spricht, so dass seine Worte nur leise zu vernehmen sind. „Mein Herrscher und Gebieter, soeben kehrte ich zurück von meiner Mission aus dem Land, von welchem die Menschen als Ägypten sprechen." Schweigend wartete er auf eine Reaktion. „Berichte mir" ertönte erneut die knochige Stimme aus der Dunkelheit.
Der Mann verharrte für einige Sekunden und unter seinem blutroten Umhang versteifen sich seine Muskeln vor Anspannung, bevor er weiter spricht. „Mein Herrscher und Gebieter, bitte verzeiht mir, doch erneut muss ich euch von meinem Versagen berichten. Auch in diesem Land konnten wir keinen der ihren ausfindig machen."
Lange Zeit sprach niemand. Erneut füllte sich der dunkle Raum mit schwerer Stille. Unendlich langsam und schwerfällig, so kam es einem vor, hob die Gestalt in der Finsternis ihren Zeigefinger und streckte ihn der Karte an der Wand entgegen. So verharrte sie einen Augenblick, den Finger auf einen kleinen Fleck mit dem Schriftzug Ägypten gerichtet. Dann, ganz plötzlich, schoss eine Flamme aus dem Finger empor und verbrannte das Fleckchen auf der Karte, welches einst Ägypten war. Der Geruch nach verbranntem Papier und Fleisch stieg auf und erfüllte jeden Winkel. Der Mann in der Tür verharrte reglos, jedoch sichtlich besorgt. Er war erneut gescheitert und fürchtete den unerbittlichen Zorn seines Meisters auf sich gezogen zu haben. Und dieser vergaß oder verzieh niemals. Doch für heute hatte das Schicksal einen anderen Weg für ihn vorgesehen. „Mein Herrscher, verzeiht mir wenn ich unaufgefordert zu euch spreche, doch dieses Mal bin ich nicht mit vollends leeren Händen zurückgekehrt." Erneute Stille und Warten, bis der Schatten aus der Dunkelheit ihn mit einer kurzen Handbewegung aufforderte weiter zu sprechen.
„Kurz vor meiner Abreise aus dem Land Ägypten besuchte ich einen für die Menschen dort typischen Ort. Es gibt dort ein Getränk namens Cay und einen sehr starken Kaffee und viele der ausschließlich männlichen Besucher rauchten etwas, das sie Wasserpfeife nannten" er räusperte sich kurz und fuhr verlegen fort „Ich hörte, das dies ein beliebter Ort für die dortigen Einwohner sei und hoffte auf etwas zu stoßen, was mich weiterbringen würde". Wieder folgte eine Pause. Der Mann schien sich seine nächsten Worte genau zu überlegen, bevor er weiter sprach. „Eine Gruppe Ortsansässiger führte ein sehr lautes Streitgespräch. Einer der ihren war kürzlich aus der Türkei zurückgekehrt und berichtete seinen Kameraden von seltsamen Ereignissen, die auch meine Aufmerksamkeit weckten."
Er wagte sich die Distanz zu dem Schatten zu verringern und trat einige Schritte tiefer in den Raum und in dessen Dunkelheit. Seine Stimme war nun mehr ein leises Flüstern, nur aus nächster Nähe zu vernehmen um unerwünschte Zuhörer zu vermeiden. Die Mauern dieser Festung hatten Ohren. Man konnte niemandem trauen, auch nicht den Leuten aus den eigenen Reihen. Dies hatte sich in der Vergangenheit gezeigt. Und sie hatten daraus gelernt.
„Er sprach von einer Sache, welche sich dort während seines Aufenthaltes ereignet hat. Zugetragen hat sich das ganze in einer Art Lokal. Einige Halbstarke haben dort wohl um ihre Freundinnen zu beeindrucken einen Streit mit einem recht verwahrlosten, betrunkenen Mann angefangen. Sie haben ihn gereizt, ihn geschlagen und ihn so lange in die Ecke gedrängt, bis etwas in diesem Mann vollkommen explodiert sein muss." Nun hatte er die volle Aufmerksamkeit seines Meisters, das konnte er spüren. Er wusste, dass aus den Schatten heraus dessen schwarze Augen auf ihn gerichtet waren und ihm kein einziges seiner Worte entging.
„Sie sagten der ganze Boden unter ihnen habe sich aufgetan. Wie bei einem Erdbeben. Viele wurden von der Schlucht verschluckt, andere wurden von riesigen Erdbrocken die durch die Luft flogen, erschlagen. Der Mann verschwand durch den aufgewirbelten Staub und ward nie mehr gesehen. Die dortigen Medien sprechen von einem kleinen Erdbeben oder einer Art Erdrutsch, doch der Mann aus Ägypten war davon überzeugt, dass der Fremde diese Tragödie verursacht hat. Er denkt er habe den Teufel in Gestalt eines Menschen gesehen, doch ich weiß es besser. Wir haben einen von ihnen gefunden. Einer war unvorsichtig und hat seine Kräfte nicht kontrolliert und jetzt haben wir die Spur, auf die wir so ewig gewartet haben. Bitte, mit eurer Erlaubnis möchte ich direkt weiter reisen in die Türkei um ihn aufzuspüren."
Das triumphierende Prickeln im Raum konnte nicht unbemerkt bleiben. Endlich ein Erfolg. Nun würde sich das Blatt wenden. Als die Stimme das nächste Mal aus den Schatten heraus sprach, konnte man das Lächeln, welches um ihre Mundwinkel spielte förmlich spüren. „Geh, brich sofort auf, raste nicht, scheitere nicht. Kehre nicht ohne ihn zurück. Es wird dich sonst dein Leben kosten. Die Rache ist endlich mein."
Und er brach in grausames, schadenfrohes Gelächter aus, welches durch alle Mauern seiner Burg drang, bis es in ihren Tiefen verschluckt wurde.
Hallo Du :-*
Ich freue mich so, dass du noch dabei bist. Wie gefällt es dir bisher? Ich hoffe ich konnte dich ein wenig verzaubern und in eine neue Welt mit hineinziehen! <3
Bist du schon gespannt wie es weiter geht? Ich freue mich auf deine Meinung.
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Daughter of Ash and Flames
FantasyEine geheime Prophezeiung. Ein uraltes Erbe. Ein erbarmungsloser Herrscher auf dem Gipfel seiner Macht. Eine letzte Chance auf Freiheit. Und eine Liebe gefangen zwischen Verrat und Hass. Ein tragischer Unfall reißt Camillas Mutter zu früh von ih...