Kapitel 38

212 19 0
                                    

Jori

Rians Knie gaben nach und sie sackte zusammen, starrte jedoch weiterhin mit gebrochenem Blick hier hoch zum Fenster. Jewel landete neben mir. "Oh Gott, was ist ihr passiert?"
"Ich...weiß nicht." gab ich kleinlaut zu. Jewel flatterte zu Rian, landete vor ihr auf dem Boden.
Sie tschirpte Fragend und hüpfte auf Rian zu. Eine einzelne Träne quoll aus Rians Augenwinkel. Dann noch eine. Und noch eine. Schließlich hockte Rian weinend vor Jewel. Ich landete neben ihr.
"Rian? Rian? Was ist dir passiert?" fragte ich besorgt. Sie schlug sich die Hände vors Gesicht und weinte.
Jewel und ich sahen uns verzweifelt an.
"Ich muss sterben." sagte Rian plötzlich. "Ich muss hier raus. Das geht nur, wenn ich sterbe."
Inzwischen hüpfte Jewels Familie hinter uns in die Zelle zu Rian.
Jewel wandte sich zu ihrer Familie um. "Wir müssen uns bei ihr entflammen. Sie muss hier raus. Dazu muss sie aber sterben. Anders gehts nicht."
Ich hüpfte auf Rians Schoß. "Bist du dir sicher, Rian?"
Sie nickte nur.

Darryl

"Ihr könnt mich nicht hier festhalten wie einen Hund." knurrte ich wütend und zerrte an der Kette.
"Doch, Junge, könn' wir." lallte Diane.
Ich spürte, seit ich aufgewacht war, dauernd Angst. Schmerzen. Irgendwann gar nichts mehr. Es waren nicht meine Gefühle.
Rian.
Es waren Rians.
Wir hatten eine tiefe Verbindung. Sie hatte mir ihr Blut gegeben.
Es machte mich wahnsinnig, nicht zu wissen, wo sie war, was sie tat.
Noch wahnsinniger machte es mich, das ich zuerst ihre Gefühle spüren konnte, jetzt jedoch nichts mehr da war.
"Rian? Rian?" fragte ich leise. Niemand antwortete. Damiens Familie hatte es so hingenommen, das ich mehrmals am Tag Rians Namen sagte.
Ich ruckte an der Kette. Ich musste zu Rian.

Ich befand mich am Strand. Rian stand allein auf einem Anlegesteg und brannte.
"Rian!" rief ich. "Rian!" Sie reagierte nicht. Ich lief los.
"Rian, Rian, hey. Bitte. Rian. Rede mit mir." sagte ich atemlos, als ich bei ihr stand.
Sie schüttelte den Kopf. "Geh weg. Bleib, wo du bist." Ihre Stimme brach.
"Rian! Was hat man dir angetan." fragte ich.
"Bleib, wo du bist, Darryl. Bitte. Such nicht nach mir."
"Ich werde dich suchen, Rian. Und ich werde dich auch finden." sagte ich.
Sie drehte sich endlich zu mir um. Mir stockte der Atem.
In ihrem Gesicht klebte überall Blut, genau wie in ihren Haaren. Die waren jetzt sogar kürzer. Unregelmäßig geschnitten, fielen ihre hellblonden Haare nur noch etwas über die Schultern. Ihre Lippen waren aufgeplatzt und sie hatte überall Blaue Flecke.
"Wer hat dir das angetan?" fragte ich und berührte vorsichtig (sie brannte noch) ihre Wange. Rian wich ängstlich zurück und sah sich gehetzt um.
"Geh, Darryl. Such mich nicht." Ihr Körper zerbröselte zu Asche.

"Hey!" Jemand rüttelte mich wach. Ich zuckte zusammen. Damiens Schwester kniete im Dunkeln vor mir.
"Was -?"
"Pssst! Nicht so laut." sagte sie flüsternd und befreite meine Hand von der Fessel. Dann zog sie sich einen Umhang über und zog sich die Kapuze tief ins Gesicht. Mich zog sie am Handgelenk mit.
Ich musste ihr blindlings folgen, dachte jedoch eher an Rian.
Plötzlich blieb Damiens Schwester stehen und ich rannte in sie hinein. Sie sah sich um und klopfte dann.
Eine misstrauische Stimme fragte: "Wer da?"
Damien dieser Mistkerl! Alex war nicht im Knast, also würden die anderen auch noch frei sein!
"Ich bin es, Liebster. Danielle."
"Trete ein, Liebste." sagte Alex.
Danielle, vorausgesetzt es war ihr richtiger Name, zog mich mit ins Haus. oder was auch immer.
Alex zog sie in seine Arme und küsste sie leidenschaftlich. Ich sah zur Seite. In der Ecke direkt neben der Haustür stand eine Schaufensterpuppe. Sie trug Rians roten Anzug.
Danielle und Alex zogen mich mit sich.
Wir gelangten in ein offenes Wohnzimmer, das mit der Küche verbunden war.
Nina, Ginny und Angel saßen in Pyjamas vor einem Fernseher. Alle waren voller Federn. Cam lag auf der Couch und hatte die Fernbedienung.
Als Nina mich bemerkte, sprang sie auf, raste auf mich zu und umarmte mich sehr fest.
"Dir gehts gut?" fragte sie glücklich und sah zu mir auf.
Ich zwang mich zum Lächeln.
Ninas Lächeln verschwand. "Was ist passiert? Warum ist Rian nicht bei dir?"
Danielle führte mich zu einem Stuhl. Nina folgte mir. Cameron schaltete den Fernseher ab und setzte sich neugierig auf.
"Rian und ich sind mit Damien mitgegangen. Eigentlich wollte er uns glaub ich nur was zeigen. Er brachte uns zu sich nach Hause, zu seiner Familie. Rian und ich sind abgehauen, weil Damiens Oma nicht damit zurecht kam, ein Mischlingskind in der Familie zu haben. Und dann...sie haben uns wiedergefunden und Damien übte Druck auf Rian aus. Er hat behauptet, Isabella hätte euch alle verhaften lassen. Rian wollte euch retten. Und dann...ich habe sie aufgehalten, bevor sie den Palast gestürmt hat...Jemand hat mich bewusstlos geschlagen, mit irgendeinem Gegenstand. Als ich aufgewacht bin, war ich wieder bei Damiens Oma zuhause, die sich besoffen hat. Heute hat sie mich hergebracht."
"Und Rian?" fragte Nina besorgt.
"Ich habe ihre Gefühle spüren können. Sie hatte Angst. Und Schmerzen. Und danach...war da nichts mehr. Ich habe sie im Traum gesehen. Ihre Haare waren geschnitten. Schlampig. Sie sah...misshandelt aus. Blaue Flecke...sie war voller Blut und sie wollte nicht, das ich sie suche. Sie hat die ganze Zeit gebrannt. Und dann hat sie sich in Asche aufgelöst."

Ghost GirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt