Kapitel 52

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Rian

"Es waren Ritter oben. Sie haben nach dir gefragt." sagte Noelani, als sie die Treppe hastig hinunter kam. Alorick schien oben geblieben zu sein.
"Sie suchen Rian." sagte Darryl.
"Ihr seid nicht sicher. Nicht auf dauer. Nicht im Zentrum." sagte Noelani.
"Einige Freunde haben gesagt, sie wollen den Palast stürmen. Sie wollen Rian als ihre Prinzessin." sagte Darryl.
"Rian ist doch eine Prinzessin? Das Volk hat sie gekrönt. Vom Volk gekrönt ist man mächtiger, als von einfachen Menschen wie Isabella oder dem großen Phönix gekrönt wird." sagte Alorick und kam mit Nina die Treppe hinunter.
"Nina!"
"Darryl!"
Die beiden Geschwister fielen sich um den Hals. Jori flog zufrieden auf meine Schulter.
"Danke, Jori."
"Darf ich jetzt schlafen?"  fragte Jori müde. Ich nickte. Jori steckte seinen Kopf unter den Flügel.
"Aber sie..." sagte Darryl gerade.
"Sie haben sich sozusagen fast selbst gekrönt, nachdem der große Phönix den Krieg gewonnen hat. Das Volk war damals dankbar. Aber inzwischen sind schon sehr viele von damals gestorben und der große Phönix hat neue Gesetze erlassen, die nicht bei allen gut ankommen." sagte Alorick.
"Viele finden das nicht gut, was sie tun. Rians Zwangshochzeit mit diesem weißen Prinzen-Ritter, zum Beispiel." bemerkte Noelani. Alorick nickte.
"Was ist bei den anderen jetzt eigentlich los?" fragte ich Nina.
"Sie halten gerade Lagebesprechung, wie sie vorgehen wollen. Angel soll sie tarnen und als Bedienstete oder sowas ausgeben." erklärte Nina.
"Ich will das nicht." sagte ich leise.
"Ja, das wissen wir. Aber sie tun es trotzdem. Sie wollen Isabella nicht länger als ihre Regentin haben. Sie wollen dich."
"Ich habe aber schon gesagt, ich weiß nicht, wie sowas geht."
"Ich glaube, das ist ihnen egal. Hauptsache, Isabella ist weg." sagte Nina müde.

Darryl

Rian sah sich um und ging unruhig auf und ab.
"Rian." sagte ich leise. Sie bleib stehen. Der Phönix auf ihrer Schulter, ich glaube, es war Jori, raschelte mit den Flügeln.
"Ich will nicht, das sie das tun, Darryl. Sie begeben sich unnötig in Gefahr." sagte Rian schwach.
"Du kannst nicht an ihren Entscheidungen rütteln. Wenn sie sich entschieden haben..."
"Sie könnten meinetwegen sterben."
"Darryl hat recht. Es ist ihre Entscheidung. Ihre Entscheidung für ein neues...Reich zu kämpfen. Außerdem wärst du eine tolle Königin." sagte Nina.
"Nein, wäre ich nicht. Ich lasse gerade Menschen sterben." sagte Rian fahrig.
"Erstens, nicht du lässt sie sterben; zweitens, niemand sagt, das sie tatsächlich sterben." hielt Nina dagegen.
Rians Blick irrte zu mir. "Sag was, Darryl." sagte sie.
"Nein. Entweder würdest du mir den Kopf abreißen, oder Nina."
"Hier wird niemandem der Kopf abgerissen." schaltete Noelani sich wieder ein. "Wenn diese Menschen es so wollen, dann sei es so. Du kannst ihre Meinungen nicht ändern, Rian. Ich kann deine Meinung nicht ändern. Ich könnte sie höchstens beeinflussen."
Eine Träne rann aus Rians Augenwinkel über ihre Wange. Es zischte, als sie auf das rote Gefieder von Rians Phönix tropfte.
"Ich will nicht noch mehr Menschen verlieren." wimmerte Rian.
"Das wirst du nicht, Kind." sagte Noelani und eilte zu Rian. "Kann man dein Tattoo schon sehen?" Rian drehte Noelani den Rücken zu und zog die Jacke im Nacken ein wenig hinunter.
"Es ist schon vollständig!" keuchte Noelani.
"Wirklich?" fragte Nina. Sie stand auf und zog mich mit zu Rian.
An Rians Schulterblättern prangten die Vogel-Flügel, dazwischen schossen Flammen hoch. Noelani hatte recht. Das Tattoo war inzwischen vollständig gebildet.

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