Ghost Girl

Kapitel 53

Rian

"Was....denn für ein Tattoo?" fragte ich zaghaft. Darryl fuhr ein Muster auf meinen Schulterblättern nach.
"Zwei Phönix-Flügel und Feuer." murmelte er. Jori streckte den Kopf unter dem Flügel hervor, drehte sich um und blickte neugierig auf meinen Rücken.
"Es ist vollständig."  hauchte Jori.
Darryl neigte seinen Kopf leicht und küsste kurz meinen Nacken, bevor er meine Jacke hochzog.
"Was genau bedeutet es? Alannys hat auch schon davon geredet."
"Deine Fähigkeiten sind jetzt vollständig und ausgeprägt." sagte Noelani.
"Ausgeprägt im Sinne von...."
"Vielleicht....sie ist schon ein paar Mal gestorben und wieder auferstanden. Niemand hat es ihr je beigebracht."
"Was ist mit dem Feuer? Es ist eindeutig ein Phönix-Tattoo." sagte Alorick.
"Ich...ähm...ich...ich weiß nicht...." stammelte ich überrascht.
"Sie kann brennen, ohne zu brennen. Sie kann ihre Träume kontrollieren und nach ihrem Willen formen. Sie hat ihren Stiefvater gefunden und aus ihrem Traum geschmissen." sagte Darryl und klang begeistert.
Ich drehte mich zu ihnen um.
"Es ist ein schönes Tattoo." bemerkte Nina.
"Das erste vollständige Tattoo, was es seit 200 Jahren gibt." sagte Noelani.
"Haben Isabella und der große Phönix etwas damit zu tun? Sie sind doch irgendwie...200 Jahre alt...und seit 200 Jahren gibt es keine Phönixe mehr und so...."
"Kurz nach der Krönung des großen Phönix verschwanden auf einmal alle Phönixe. Zuerst dachte man sich nichts dabei. Aber sie tauchten einfach nicht mehr auf. Phönixe bedeuteten für uns, das alles gut war, das alles gut bleibt. Mit ihrem ausbleiben und Isabellas auftauchen wurde es schlechter. Nicht miserabel, aber schlechter als sonst. Einige Ernten blieben aus." sagte Alorick.
"Aber jetzt wurde es wieder besser. Nachdem Jewel uns besucht hatte, verkauften wir mehr. Wir verdienten besser. Einigen Freunden ging es genauso. Und dann warst du wieder in der Stadt. kennst du den Baum? In der Mitte des Zentrums? Wir wissen nicht, was es für einer ist. Er markiert aber seit jeher die Mitte des Zentrums. Man erzählte sich, das er früher im Frühling wunderschöne Blüten hatte. Im Sommer und Herbst gab er leckere, rote Früchte. Und man erzählt sich, das er seit deinem ersten Tod während deiner Krönung angefangen hat, zu blühen." erzählte Noelani.
"Jaimie hat ihn immer als 'Lügenbaum' bezeichnet. Nur Lügner glauben an ihn." sagte Nina.
"Dann müsste er ja selbst daran glauben." schnaubte Darryl.
"Warum Lügenbaum?"
"Ich habe seine Ausführungen nie verstanden. Er nuschelt zu sehr. Außerdem habe ich es meist nur Flüchtig mitbekommen, wenn er mit Sahra darüber diskutiert hat. Über früher." bemerkte Nina.
"Ich würde gerne diesen Baum sehen." sagte ich.
"Morgen, mein Kind. Du solltest dich ausruhen. Und deine beiden Gefährten ebenfalls. Ich habe ein Gästezimmer. Du und das Mädchen könntet dort wohnen. Für deinen Gefährten...."
"Ich kann hier auf der Couch schlafen." sagte Darryl.
"Er soll bei mir bleiben.Ich möchte...ihn an meiner Seite haben. Ich will...nicht schon wieder...von ihm getrennt werden, wenn Ritter kommen oder so."
"Nein, ich kann auf der Couch schlafen, Rian. Das macht mir nichts aus."
"Aber es macht Rian anscheinend etwas aus, wenn du nicht bei ihr bist. Und ganz ehrlich, so langsam kann ich es nachvollziehen. Ach ja, hätten Sie etwas um Wunden zu heilen?" sagte Nina geschäftig und wandte sich zu Noelani um.
"Rian, zeig ihnen deinen Rücken, bitte."
Langsam und vorsichtig drehte ich mich um, zog den Reißverschluss auf und ließ die Jacke auf den Boden fallen.
Darryl erwiderte meinen Blick.
Ich tastete langsam nach seiner Hand. Wir hielten uns fest.
Mit seiner freien Hand zog er vorsichtig meine Haare über meine Schulter.
"Wir müssten oben noch etwas für solche Wunden haben. Woher stammen sie?"
Ich antwortete nicht und sah einfach weiter in Darryls blaue Augen.
"Rian?" fragte Nina sanft und strich über meinen Arm, "Rian? Wo kommen diese Wunden her? Die auf deinem Rücken?"
Ich blinzelte ein paar mal. "Die Wunden....Von....von auspeitschungen. Und....Liu..."
Darryl spannte sich an.
"Gut. Alorick, hol das Zeug." sagte Noelani.