Kapitel 21

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Darryl

Nikki saß an einem Anlegesteg und ließ die Füße ins Wasser baumeln. Sie schien mich zu hören, denn sie drehte sich um. Als sie mich sah, wurde ihr Gesicht von Trauer überschattet.
"Darrie. Du solltest nicht hier sein." sagte sie. Ich setzte mich neben sie.
"Du solltest nicht tot sein, Nikki."
"Es war das beste, Darryl. Du solltest nur aufpassen, wem du traust."
"Ich traue niemandem, den ich nicht kenne."
"Trotz eurer komischen Passwörter. Du weißt, was bei Liu rausgekommen ist."
"Liu wird nie wieder in die nähe von euch kommen."
"Mich kannst du ausklammern. Ich glaube, es ist besser, das ich schon tot bin. Es wird Krieg geben, Darryl. Du solltest an Ninas und Rians Seite sein."
"Du auch!"
"Ich werde hier auf euch warten, Darryl. Genau hier. Wir werden uns eines Tages wieder sehen und jeder Mensch muss sterben, mal früher, mal später. Du kannst nichts dagegen tun."
Ein Vogel krächzte. Es war ein roter, brennender Vogel. Er kam im Sturzflug auf uns zu.
"Jori wird dich wieder mitnehmen. Pass auf Nina auf."
"Ich konnte nicht mal auf dich aufpassen."
"Du bist stark. Du bist ein starker Beschützer. Dir kann nicht immer gleich alles auf anhieb gelingen."
Jori's Krallen gruben sich vorne in mein Shirt. Er brannte noch immer. Es war so heiß, so unglaublich heiß...

Rian

Darryls Augen waren blutunterlaufen und wirkten fiebrig. "Darryl?" fragte ich. "Kannst du mich hören?"
Sein verwirrter Blick huschte durchs Zimmer und blieb an Nina hängen. Er gab unverständliche Laute von sich und berührte Ninas Wange.
"Darryl" wisperte Nina glücklich und beugte sich zu ihm runter.
"Heiß, mir is heiß." nuschelte Darryl. Angel strich ihm wieder mit dem Tuch übers Gesicht.
"Du hast Fieber."
Ich sah zu Jori hinab. "Er wird nicht jetzt sterben, aber er wird irgendwann sterben, oder Jori?" fragte ich. Der Baby-Phönix ohne Federn glotzte mich an, als wäre ich verrückt geworden und stieß einen empörten Schrei aus.
"Ach ja, das geht?"
Leichtes Gezwitscher.
"Ich kenn mich mit dem Mist nicht so auf. Bin woanders aufgewachsen, wo man mir nichts von meiner Abstammung gesagt hat."
Empörtes Tschirpen.
"Mein Gott, was kann ich denn dafür?"
Ja, ungefähr so sah eine Unterhaltung für Außenstehende aus. Aber eigentlich hatte Jori mit mir geredet.
Nach meiner Sterbe-Frage sagte Jori, dass, wenn ein Phönix-Mensch einen Partner (menschlich) gefunden hatte, der Phönix-Mensch ein bisschen von seinem Blut ins Essen oder Trinken seines Partners mischen konnte und der daraufhin auch etwas länger lebte als normale Menschen.
Danach hatte er gefragt, warum ich sowas nicht wüsste, das wurde einem schon als Baby beigebracht. Und dann hatte er sich aufgeregt, weil ich ja woanders aufgewachsen bin.
   "Rian" keuchte Darryl. Ich trat neben Nina. Darryl zog mich vorne an meinem Pullover zu ihm runter, sodass ich fast auf ihm lag.
"Es wird Krieg geben. Es wird Krieg geben, Rian. Hast du gehört?"
Ich nickte. Darryl ließ mich los.

Ich saß beim Essen, mit meinen Eltern und dem Rosen-Blödmann, dessen Namen ich nicht mehr wusste. Damien stand an der geschlossenen Tür hinter Isabella, Ginny stand an der Wand hinter mir.
Und dann waren da noch ein paar Wachen vom weißen Prinzen.
"Wir würden gerne mit euch reden." sagte Isabella und räusperte sich.
"Tust du schon." sagte ich.
"Rian. Dein Vater und ich sind schon sehr alt. Wir wollen uns bald zur Ruhe begeben und du wirst das Königreich führen."
"Ich weiß nicht mal, wie groß das Königreich ist, und ich weiß nichts über diese ganzen komischen Herrschaftsformen hier, aber ihr wollt, das ich regiere? Das kann lustig werden."
"Genau deshalb haben wir eine Hochzeit geplant."
Ich stöhnte. "Lasst mich raten. Mit dem da? Als Dank, weil er die schwarzen Möchtergern-Gangster vertrieben hat?"
"Rian! Er hat das Königreich gerettet. Und er hat um deine Hand angehalten."
"Du würdest einen neuen Leibwächter bekommen. Deiner scheint ja nah dran zu sterben."
"Er wird nicht sterben. Außerdem gehts ihm wieder besser." log ich.
"Scheint mir nicht so." lächelte die Arroganz in Person (auch bekannt als Prinz, dessen Namen ich vergaß).
"Du warst noch nie in seinem Krankenzimmer."
Die Arroganz nickte leicht und betrachtete mich.
"Ganz ehrlich? Ich würde lieber Jori heiraten, als den da." sagte ich und stand auf.
"Jori? Wer ist das? Ich habe diesen Namen hier noch nie gehört." Isabella und der große Phönix sahen sich besorgt an.
"Jori ist immer bei mir. Also meistens zumindest. Er ist klug. Er hat mir einiges beigebracht. Er ist sehr treu. Ich glaube, im Moment ist er bei Darryl."
"Wir..." Isabella verzog das Gesicht. "Nun ja..."
"Wir möchten ihn kennenlernen."
"Natürlich. Ich werde ihn holen."
Ich machte mich auf den Weg, um meinen kleinen Phönix zu holen.

Ghost GirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt