38 - Kontrapunkte und Aliens

548 28 10
                                    

Und genau in diesem Moment sah Hannah nach links in meine Richtung und riss ihre Augen auf.
"Ehm...", ich versuchte Worte zu finden, "Ich hab mir Sorgen gemacht." Meine Erklärung war simpel, jedoch die absolute Wahrheit.

"Alles gut. Es ist schon spät. Sollen wir gehen?", fragt Hannah etwas zu schnell und sieht den Jungen vor ihr mit einem abschätzenden und entschuldigenden Blick an. Er wirkte überrascht und blinzelte bemerkbar.

"Ja, klar. Ich bin übrigens Elina.", sage ich und versuche nett zu lächeln, was eher aussah wie ein abschätzendes Lächeln. Ich war sichtlich verwirrt und auch überrascht, wie ebenso neugierig.

"Elias.", entgegnet er mit einer angenehmen Stimme und nickt dann, nach dem Motto "Ich hab dich gesehen". Ich nicke ihm als Antwort zurück und schlucke meinen Kloß runter, der sich in den letzten Sekunden in meinem Hals befunden hatte.

"Also...dann auf wiedersehen.", unterbricht Hannah den Blick, den ich auf Elias hatte, da ich ihn für einen kleinen Moment abgescannt hatte, soweit es in dieser Dunkelheit ging. Ich sagte auch kurz "Tschüss", nahm Hannah am Arm und spürte den Blick von Elias in unsere Rücken stechen.

***************

"Was war das denn?", frage ich Hannah neckend, die es sich gerade in ihrem Bett bequem gemacht hatte.

Wir waren nachdem dieser seltsame Moment zwischen mir, Hannah und Elias passiert ist, sofort in das nächste Taxi gestiegen, sind im Hotel angekommen und haben uns die Kleider ausgezogen und ins Bett gelegt. Ich war hundemüde und hatte auch leichte Kopfschmerzen, die nicht gerade dafür sorgten, dass ich besser einschlafen konnte.

Hannah murmelte nur ein "Da war nichts" oder so ähnlich und vergrub gleich daraufhin ihr Gesicht im Kissen.

Ich ließ es bei der Sache stehen und ging nicht mehr näher drauf ein. Wir waren auch viel zu müde um ein gutes und sinnvolles Gespräch führen zu können.

Am nächsten Morgen war mein Kopf immernoch am rauchen und ich musste an den gestrigen Abend denken. Im Nachhinein war er ja eigentlich ziemlich erfolgreich. Wir hatten alles auf der Liste erledigt.

Wie wir Denny aus Hannahs Kopf befördern:

- ein kleines Make-over (inklusive sexy Klamotten) machen [×]
- Feiern gehen [×]
- Besaufen [×]
- andere Typen kennenlernen [×]
- Kontra Liste erstellen
- tanzen bis wir keine Peinlichkeit mehr spüren [×]

Das mit dem Besaufen lief vielleicht ein bisschen chaotisch, aber trotz allem hatte der Alkohol den gewünschten Effekt. Unzwar Kopfschmerzen und einen fetten Kater, aber auch einfach das Gefühl man könnte alles tun. Man fühlt sich selbstbewusster und lockerer, wie man vermutlich an mir gemerkt hat. Denn ich hatte getanzt, wie noch nie in meinem ganzen, kurzen Leben. Ich habe mich toll gefühlt.
Hannah hatte jemanden kennengelernt und ich auch.

Und dann schoss mir der Punkt ein, den wir gestern gar nicht abgehakt hatten. Die Kontraliste.

"Hannah?", frage ich sie, während sie sich konzentriert vor dem Spiegel ihre Wimpern tuscht. "Wir haben einen Punkt auf meiner Liste vergessen."

"Was für eine Liste?", fragt sie verwirrt und blickte kurz auf.

"Die To-Do Liste.", sage ich. Sie lacht nur leise und nickt dann.

"Okay, was?", will sie auf einmal interessiert wissen, wobei sie ihre Wimperntusche zudreht. "Die Kontraliste fehlt. Was sind Punkte an Denny oder Sachen, die dich so richtig stören?"

Unerwartet fängt sie an zu lachen und sagt dann: "Elina, manchmal denke ich mir du bist verückt, aber nun, na gut...", sie scheint zu überlegen, spuckt aber dann sofort den ersten Kontrapunkt aus, "Er hat als wir uns zum ersten Mal geküsst hatten gesabbert."

Ich fiel vom Bett, wortwörtlich und rollte mich vor lachen, "Nein oder?", ich bekam mich nicht mehr ein und konnte mit dem Kichern nicht aufhören.

"Heisst das, er ist ein schlechter Küsser oder einfach nur ein nasser Küsser?", ich versuche mich zusammenzureissen. Hannah war mittlerweile mit dem Schminken fertig und kam zu mir um sich an das Bett lehen zu können.

"Sagen wir so, er brauchte anfangs etwas Übung.", sie versucht auch nicht zu lachen und wird etwas rot im Gesicht.

"Okay, naja dagegen kann man nichts tun. Was gibts noch so?", mein Grinsen gingübet beide Ohren und ich war amüsiert dabei ihr zuzuhören.

Hannah scheint zu überlegen: "Er hat Angst vor Horrorfilmen." Ich prustete los. "Nein oder?", ich war wirklich überrascht, denn Denny machte immer so einen selbstbewussten und selbstsicheren Eindruck, als hätte er vor nichts und niemanden Angst, aber anscheinend stimmt das ganze nicht, denn er war ja wohl das Gegenteil.

Es ging weiterhin immer so, dass wir über Denny sprachen und Hannah anfing irgendwie besser zu wirken. Etwas gesünder. Ihre unnatürliche Hautfarbe, die sich immer gebildet hatte, sobald sie an Denny dachte und ihre unerwiderte Liebe für ihn, war nun völlig verschwunden. Sie strahlte eine rosige Freude aus und ich hoffte es würde weiterhin so bleiben.

Heute war in Planung, dass wir ins Planetarium fahren würden und uns eine Vorstellung über Aliens ansehen werden, ob diese existieren oder nicht. Damals in Hamburg bin ich mit meiner alten Schulklasse auch zum ersten Mal im Planetarium gewesen. Ich und Diana waren über alle Maßen begeistert gewesen, weshalb wir auch mit 13 unsere Galaxy-Phase hatten. Wir haben uns in der städtischen Bücherei dutzendweise Bücher ausgeliehen und jedes einzelne durchgelesen, bis wir am Ende der festen Überzeugung waren, dass Aliens existieren würden. Und ich glaubte immernoch daran, denn irgendwie kann es ja nicht möglich sein, dass nur wir Menschen im ganzen Universum leben. Es muss einfach andere fremde Wesen geben. Anderes wäre auch ziemlich langweilig. Manchmal muss man an Dinge glauben, die vielleicht nicht existieren. Es ist besser, als das Ganze sofort zu verneinen und abzulehnen.

Während der ganzen Busfahrt saß ich neben Ryan, der mich fest an der Hand hielt und mir ab und zu einen Kuss auf die Wange gab.

Hannah saß alleine vor mir, was mich etwas traurig stimmte.

Nachdem wir eine halbe Stunde gefahren waren, in das Gebäude eingetreten waren und uns auf unsere Liegesessel gesetzt hatten, atmete ich tief durch. Auf meiner rechten Seite war Ryan neben mir, zu meiner linken Hannah, die ihren Blick durch den Raum schweifen ließ und bei Denny stehen blieb. Ich verfolgte ihren Gesichtsausdruck, bis sie spürte, dass ich sie angesehen hatte. Ich nickte und lächelte leicht um ihr zu zeigen, dass alles okay war und lehnte mich zurück, nachdem sie mir ihr rechtes Grübchen gezeigt hatte.

Nach der Vorstellung sind wir wieder zum Hotel gefahren. Es war noch früher Abend und Hannah sagte mir, sie hätte etwas vor. Ich sah sie verwirrt an und beobachtet sie dabei, wie sie eine blaue Jeans aus dem Koffer fischte. Nachdem sie ein einfaches Oberteil und eine Kette um den Hals geschlungen hatte, fragte sie mich ob sie gut aussehe.

"Wo gehts denn hin? Mit wem?", ich war etwas besorgt, jedoch auch ziemlich neugierig, weshalb sich meine Körperhaltung stabilisierte und ich mich etwas vorlehnte.

"Elias will sich mit mir treffen, er hat mir vorhin geschrieben."

Also das war neu.

"Aber überstürz nichts. Du musst noch ersteinmal richtig über Denny hinwegkommen.", entgegne ich und sehe sie etwas skeptisch an. Es hatte sich eine Falte auf meiner Stirn gebildet, die Besorgnis ausstrahlte.

"Das könnte ich, wenn du aufhören würdest andauernd seinen Namen zu sagen.", zischt sie und ich atme kurz ein. "Tut mir leid, ich-"

Sie schnitt mir das Wort ab: "Mir tut's leid, ich wollte dich nicht anzicken. Entschuldigung.", sie lächelt und fügt dann noch hinzu, "Mach dir keine Sorgen. Ich werde nichts überstürzen. Wir gehen nur ein Eis essen." Ich hatte sie noch nie zickig gesehen. Ich schluckte einmal und atmete kurz durch.

Ich nicke verständnisvoll und sehe ihr dann dabei zu wie sie durch die Tür verschwindet.

Hoffen wir, dass alles gut laufen wird, denke ich mir seufzend und lehne mich nach hinten auf mein Bett.

Love isn't that easy (Band1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt