Kapitel 8

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Bum bum.

Angespannt zieht Alice ihr Kleid zurecht und zupft an ihren dunklen Haaren.

„Neeeeeeeeeiiiiiiiiin!!!", schreit der absolut überteuerte Friseur, „Nicht anfassen! Mein Kunstwerk!" Alice stöhnt, setzt sich gemütlich hin und verschränkt die Arme vor der Brust. Der Friseur scheint weit weg zu sein. Auch wenn er geschrien hat, war er gerade mal laut genug. Alice hört alles nur noch gedämpft, wie aus weiter Ferne.

Bum bum.

Dafür ist ihr Herzschlag deutlich zu hören. Laut und immer schneller werdend. Aufregung ist ein ihr bisher völlig fremdes Gefühl, mit dem sie absolut nicht zurecht kommt.

Bum bum.

Jetzt kommt auch noch der nervtötende Imageberater, der wild gestikulierend auf Alice einredet. Haltung, Lächeln und Würde. Sie soll die perfekte Frau sein für den perfekten Mann für ein perfektes Medienevent in Form einer perfekten Hochzeit. Alice nickt und tut so, als würde sie ihm zuhören.

Bum bum.

„Sind alle so weit?", ruft plötzlich irgendjemand.

Dann geht alles ganz schnell. Sie wird in eine weiße Limousine gesetzt, zur Kirche gefahren, aus der Limousine gezerrt und vor die riesige Kirchentür gestellt. Etliche Kamerateams und Reporter stehen an der Kirche. Alice zwingt sich zu lächeln. Eine junge Reporterin geht auf sie zu und hält ihr ein Mikrofon unter die Nase: „Frau Tok, oder besser Frau Blake, würden Sie uns vor der Hochzeit noch ein kleines Interview geben? Wie füh-"

„Sie gibt jetzt keine Interviews", unterbricht sie der Imageberater und zieht Alice ein Stück zur Seite. „Alice Schätzchen, du gibst heute nur die Interviews, die im Vorfeld abgesprochen waren, ok?"Alice nickt. Zufrieden lächelnd widmet er sich wieder anderen Dingen.

Keine zehn Minuten später steht Alice vor dem Altar und mindestens 200 Augenpaare starren sie und Alexander gebannt an. Alice nimmt keine Notitz von ihnen. Sie sagt an der richtigen Stelle „ja" und der Rest der Trauung geht einfach an ihr vorbei. Denn aus den Augenwinkeln beobachtet sie ihre Eltern, die natürlich ganz vorne im Publikum sitzen. Alles andere interessiert sie nicht. Der Hass steigt wieder in ihr auf und gibt ihr Kraft, die gesamte Trauung durchzustehen. Auch das Mittagessen mit riesigem Büfett erscheint ihr eher wie ein entfernter Traum. Sie ist nicht wirklich anwesend. Sie beobachtet weiterhin ihre Eltern, die unschuldig lächeln, sich mit allen unterhalten und am Büfett ordentlich zuschlagen. Der ganze Tag erscheint Alice unwirklich, bis endlich der Augenblick kommt, auf den sie gewartet hat. Sie steht alleine im Empfangsbereich des Saals, in dem es Mittagessen gegeben hatte. Vor ihr liegen die Jacken ihrer Eltern. Vorsichtig holt sie die zwei Wanzen hervor, die sie extra besorgt hatte und die ganze Zeit in ihrem Ausschnitt verstecktgehalten hatte und befestigt sie geschickt zwischen dem Innen- und Außenfutter der beiden Jacken. Das hatte sie in den letzten Wochen aus den Filmen gelernt.

Zufrieden lächelnd geht sie in den Saal zurück. Das ist nur der Anfang.

Aber für ihren echten Plan würde sie Hilfe brauchen. Alexanders Hilfe.

Rising EvilWo Geschichten leben. Entdecke jetzt