Lumina hat Alice dazuüberredet, mit ihr auf die Kirmes zu gehen. Deshalb steht Alice nunmit einer reisiegen, rosa Zuckerwatte in der Hand in der Schlange fürdas Risenrad. Lumina strahlt über das ganze Gesicht und hältebenfalls eine riesige rosa Zuckerwatte in der Hand. „Es ist sooocool hier!", schwärmt sie und schaut am Riesenrad hinauf. AuchAlice schaut daran hinauf, aber alles andere als begeistert. Sie hatHöhenangst. Aber das würde sie Lumina nicht sagen. Keine Schwäche.Als sie in die wacklige Gondel steigt, wird Alice übel. Lumina hatschon Platz genommen und schaut aus der Gondel heraus. Das Riesenradbewegt sich. „Wow cool", kommentiert Lumina lachend.
„Guck mal! Da hintenist der Kirchturm", ruft Lumina kurze zeit später glücklich, „Undda ist die Raupe! Und da ist-" Alice schaltet ab und hört ihrnicht mehr zu. Wenn Lumina zu ihr schaut, lächelt sie übertrieben,aber wenn sie wegschaut, bemüht sie sich, sich nicht aus der Gondelzu übergeben. Es ist ein absoluter Horrortrip. Lumina ist absolutbegeistert. An der höchsten Stelle angekommen, schließt sie dieAugen und singt: „I believe I can fly!"
„Könntest du daslassen?", fragt Alice entsetzt, „Dich können doch alle hören!"
„Ist doch egal",strahlt Lumina, „Oder bin ich dir etwa peinlich?" Beim letztenSatz schaut sie Alice schon fast etwas verletzt an. „Nein,natürlich nicht", sagt diese deshalb abwehrend.
„Gut", sagt Luminaund lächelt. Jetzt fängt sie erst richtig an: „I BELIEVE I CANTOUCH THE SKY!"
Alice schaut sieentgeistert an.
„I THINK ABOUT IT EVERYNIGHT AND DAY!"
„Lumina, das reichtjetzt..."
„SPREAD MY WINGS ANDFLY AWAY!"
Alice verbirgt ihrGesicht mit den Händen, aber Lumina lässt sich nicht irritieren.Sie singt den kompletten Refrain und breitet die Arme aus. Aliceschaut ihr dabei ungläubig zu.
Laut lachend verlässtLumina das Riesenrad: „Das war super! Das sollten wir öftermalchen!"
„Auf jeden Fall",kommt Alice' sarkastische Antwort.
„Oh, dir hat es auchgefallen?! Cool!" Offensichtlich hat Lumina noch nie etwas vonSarkasmus gehört.
„Was möchtest du denngerne noch machen?", fargt Lumina und schaut Alice erwartungsvollan. Diese überlegt und blickt sich um. Ihre Augen leuchten: „Ichmöchte schießen."
„Schießen?"
„Ja", bekräftigtAlice.
Lumina beginnt wieder zulächeln: „Ok, gehen wir schießen."
Alice fühlt sich zumersten Mal an an diesem Tag nicht so, als wäre sie am falschen Ort.Sie nimmt sich ein Gewehr und hält es auf Anhieb richtig, sodasssowohl der Typ von dem Schießstand als auch Lumina schwerbeeindruckt sind. Lumina dagegen, bekommt nichts auf die Reihe. Sietrifft nicht wirklich und erhält einen Trostpreis. Eine Stoffrose.Begeistert riecht sie daran und drückt sie an die Brust. Alice zieltund schießt. Treffer. Auch der zweite Schuss sitzt. Dritter Schuss.Treffer. So setzt sich das fort, bis Alice am Ende nur einmal danebengeschossen hat. „Wow", flüstert Lumina erstaunt.
„Sie dürfen sichhiervon, hiervon oder hiervon etwas aussuchen", meint der Mann vomStand.
„Was?", fragt Aliceirritiert.
„Du darfst dir wasaussuchen, weil du so gut geschossen hast", erklärt Luminafröhlich.
„Aber ich habe keineAhnung, was ich davon haben will..."
„Soll ich dir wasaussuchen?", bietet Lumina an.
„Ja. Wenn du willst,kannst du es auch behalten."
„Wirklich?!" Ihrebraunen Augen leuchten und sie ist in ihrem Element. Natürlich suchtsie sich ein großes, weiches Stofftier aus. Die nächsten Stundenmuss Alice sich immer wieder anhören: „Fühl mal, es ist sooflauschig. So unendlich flauschig..."
Schließlich, nachmehreren Karussels, Snacks und Süßigkeiten, machen sich die Beidenauf den Rückweg.
„Hey, Alice. Es istschon sehr spät und so dunkel. Meinst du, ich kann heute bei dirübernachten?" Alice' persönlicher Albraum nimmt gerade Gestaltan. Eine ganze Nacht mit ihr, nachdem sie sie schon einen ganzenNachmittag lang hatte ertragen müssen. Es würde der Horror werden.
„Wir machen darauseinfach eine Pyjama-Party. Oder einen Mädelsabend. Oder beides! Daswird super lustig!", bestätigt Lumina Alice' Befürchtungen. Aber„nein" sagen kann Alice nicht, wenn sie Lumina bei Laune haltenmöchte. Also ergibt sie sich ihrem Schicksal und sagt: „Klar. Daswird bestimmt...lustig."
„Jippie!", Luminamacht einen Freudensprung, „na dann los!" Sarkasmus-Verständnisgleich null.
In der großen Villaschlafen schon alle, als sie ankommen, also schleichen sie sich leiseins Wohnzimmer. DVDs gucken, Haare kämmen und frisieren,Beauty-Masken, Schminken, Nägel lackieren... Alice bleibt nichtserspart. Als Lumina endlich gähnt, ist es zwei Uhr nachts. Diebeiden beschließen, schlafen zu gehen. Da Lumina in dem großen Hausnicht alleine schlafen kann, teilen die Beiden sich ein Doppelbett ineinem der vielen Gästezimmer. Als das Licht aus ist, dreht Alicesich auf die Seite und schließt die Augen. Aber da hat sie dieRechnung ohne Lumina gemacht.
„Alice?"
„Ja?"
„Bist du noch wach?"
„...."
„Ich auch."
„Echt?"
„Ja", kichert Lumina,„Es war ja auch ein echt aufregender Tag."
„Allerdings."
„Ich hatte lange nichtmehr so viel Spaß wie mit dir, Alice."
„Aha."
„Ehrlich. Ich fühlemich einfach wohl bei dir."
„Danke."
„Hast du eigentlichkeine Angst?"
„Wovor?"
„Na, vor dem Mörder,der hier herumläuft und Leute auschlitzt."
„Ach so..."
„Und, hast du Angst vorihm?"
„Nein."
„Wirklich nicht?"
„Nein."
„Aber er istgefährlich."
„Ich auch."
Lumina lacht: „Sehrwitzig. Jetzt mal ehrlich, Alice. Bitte pass auf dich auf. Ich willdich nicht verlieren."
„Ich dich auch nicht,Lumina. Ich passe schon auf."
„Versprochen?"
„Versprochen."
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Rising Evil
Mystery / Thriller„Böse Menschen werden nicht geboren. Sie werden geschaffen." Alice ist zwanzig Jahre alt. Bis sie sechs war, hatte sie eine normale Kindheit. Dann sind ihre Eltern verrückt geworden. Sie kontrollierten ihr ganzes Leben, bis sie sechzehn war. Machte...