„Was haben wir?", frage ich routiniert und nehme mir die Akten vom Schreibtsich.
„Einen toten Mann. Er wurde gestern im Park gefunden. Die Gerichtsmediziner schätzen ihn auf ungefähr 40 Jahre. 1.85 groß", antowrtet mein Chef.
„Todesursache?", frage ich weiter.
Mein Chef atmet hörbar aus: „Er wurde erstochen."
Ich schaue auf: „Was ist daran so ungewöhnlich?"
„Sehen Sie sich einfach die Akte an, Sherlock."
Ich heiße nicht wirklich Sherlock, aber da ich in dieser Stadt einen Mord nach dem anderen aufkläre und der jügste Kriminalkomissar bin, den es hier jemals gegeben hat, nennen die meißten meiner Kollegen mich Sherlock. So jung bin ich mit meinen 28 Jahren aber auch nicht, sage ich immer, aber das will ja keiner hören...
Ich schlage die Akte auf und stoße zischen die Luft aus: „Sind Sie sicher, dass das ein Mensch ist? Das sieht eher wie das aus, was ich gestern zu Abend hatte."
„Finden Sie das komisch?"
„Nein, natürlich nicht, Chef. Aber wer tut so etwas?"
„Lustig, dass sie fragen, Sherlock. Genau das möchte ich von Ihnen wissen. Hängen Sie sich rein. Diese Person scheint sehr gefählich zu sein und das Töten zu genießen. Wir haben bis zum nächsten Mord vielleicht nicht mehr viel Zeit."
Ich nicke und gehe zu meinem Schreibtisch. Nach Einsehen der Akten, beschließe ich, in der Gerichtsmedizin anzurufen.
„Gerichtsmedizin, was kann ich für Sie tun?", meldet sich eine männlich Stimme.
„Müller von der Kriminalpolizei hier", fange ich an, „Es geht um den Mann, der erstochen im Park gefunden wurde."
„Ach Sie meinen dasPaket hackfleisch, das hier angekommen ist?"
„Genau", antworte ichgelassen, „Kennnen Sie schon die Identität des Mannes?"
„Ja, allerdings. Eshandelt sich um Paul Zinnen. Erwar zum Todeszeitpunkt 41 Jahre alt.Die Tatwaffe war ein Messer. Vermutlich ein normales Brotmesser, aberwir überprüfen das noch. "
„Vielen Dank",antworte ich, während ich alles notiere, „Haben Sie noch etwasanderes herausgefunden, das uns helfen könnte?"
„Der Mörder ist miteiner erstaunlichen Brutalität vorgegangen. Der Mann hat viel mehrSticke abbekommen, als nötig gewesen wären, um ihn zu töten."
„Also eine Tat ausWut?", überlege ich.
„Scheint so", ertöntes aus dem Hörer, „Ich rate Ihenen nur, den Täter schnell zufassen, denn wenn er so weiter macht, kann ich bald keine Lasagnemehr sehen. Und was noch viel schlimmer ist, wenn er nicht baldgefasst wird, fürchte ich um unser aller Leben."
Ich nicke: „Ich beeilmich." Dann lege ich auf. Großartig. Ein Irrer, der mit einemMesserdurch die Stadt läuft und Menschen auf brutalste Art und Weiseabsticht...
Ich mache mich auf, ummit der Familie des Opfers zu sprechen. Die Armen würden ihn aichnoch noch identifizieren müssen...
Unser Opfer war Maurer,unverheiratet und lebte allein. Alsich nun in der kleinen,verdreckten Wohnung seiner Mutter stehe, die verdächtig nach Qualmund Alkohol stinkt, sehe ich mich aufmerksam um. Da steht nicht eineinziges Foto. Generell scheint dieSammlung der PersönlichenGegenstände dieser Frau nur aus leeren Glasflaschen zu bestehen.Hauptsache, sie ist nüchtern genug, um mir ein paar Fragen zubeantworten...
„Weshalb sind Siegleich nochmal hier?", fragt die verschlfen und ungeduschtaussehende Frau, die mir ein Glas Wasser hinhält.
„Es tut mir sehr Leid,Frau Zinnen, aber Ihr Sohn ist tot. Er wurde ermordet. Meinaufrichtiges Beileid", bringe ich es hinter mich.
„Welcher?", fragt sienur trocken und tringt den letzten Schluck einer Wodkaflasche.
„Paul", antworte ichirritiert. Nach der Akte ist er ihr einziger noch lebender Sohngewesen.
„Ach Paul...",murmelt sie, „Der einzige, der es zu etwas hätte bringen können.Er hatte sogar einen Job, wissen Sie? Der einzige aus diesergottverdammten Familie mit einem Job, der nicht illegal ist. Wenn ernur nicht immer so agressiv gewesen wäre..."
„Paul war agressiv?",frage ich interessiert.
„Verstehen Sie michbitte nicht falsch", antwortet die Frau verunsichert, „Er war einguter Junge. Wirklich. Aber er hatte... Probleme damit seine Wut inden Griff zu kriegen... Aber er wusste das! Er hat sich ärztlicheHilfe gesucht. Er hat sich wirklich Mühe gegeben..."
„Hatte er irgendwelcheFeinde?", gehe ich das Fragenprotokoll weiter routiniert durch.
„Nein, er war ein guterJunge", flüstert sie mit Tränen in den Augen, „Der einzige miteinem Job..." Sie scheint plötzlich abwesend zu sein, als würdeihr etwas einfallen.
„Woran denken Siegerade?",erkundige ich mich und lege ihrtröstend eine Hand auf dieSchulter. Verwirrt schaut sie auf. „An nichts. Nein gar nichts.Wirklich..." Sie steht auf und geht zur Tür: „Ich glaube, eswäre besser, wenn Sie jetzt gehen."
Die verheulten Augenschauen mich erwartungsvoll an.
Ich nicke: „Natürlich.Wenn ihenen noch etwas einfallen sollte...", ich drücke ihr meineVisitenkarte in die Hand, „rufen Siemich bitte umgehend an." Sienickt und wischt sich die Tränen aus den Augen.
Irgendwasverschweigt sie, aber sie ist seine Mutter. Mütter schützen ihreKinder, egal was passiert. Wenn ich dahinter kommen möchte, mussichraffinierter vorgehen...
Ich gehe Mittagessen undschaue mirbei einem Hamburger die Fakten nochmal genau an.Irgendetwas passt hier nicht zusammen. Zuerst hatt ich vermutet, dassAlexander Blake hinter dem Mord steckt. So gut wie jedes Verbrechenin dieser Stadt geht auf seine Kappe. Aber seine Killer sind Profisund er geht ihnen nur ums Geschäft. Eine solche Tat passt nicht insMuster. Aber wer weiß schon, was Blake vorhat. Ich bin ihm seitJahren auf den Fersen. Warum er noch nicht im Gefängnis sitzt? Ganzeinfach.Er ist reich, einflussreich und hat die richtigen Freunde.Bisher konnte ich nur einige seiner Handlanger einbuchten. Um ihnselber zu schnappen, habe ich genau eine einzige Chance. Wenn ich dieversaue, bin ich meinen Job los und Blake ist immernoch auf freiemFuß.Deshalb sammle ich heimlich Indizien gegen ihn, bis ich genügendBeweise für eine vernichtende Anklage habe. Ich bin so kurz davor –dachte ich. Dieser Mord, der nicht ins Muster passt, irritiert mich.Aber auch diesen Fall werde ich lösen. So wie immer.
![](https://img.wattpad.com/cover/83921234-288-k244677.jpg)
DU LIEST GERADE
Rising Evil
Mystery / Thriller„Böse Menschen werden nicht geboren. Sie werden geschaffen." Alice ist zwanzig Jahre alt. Bis sie sechs war, hatte sie eine normale Kindheit. Dann sind ihre Eltern verrückt geworden. Sie kontrollierten ihr ganzes Leben, bis sie sechzehn war. Machte...