Kapitel 34✔️

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Ich muss eingeschlafen sein, denn nur langsam blinzelnd werde ich wach. Noch unscharf nehme ich mein Zimmer wahr. Ich versuche mich aufzusetzen, doch ein fürchterlicher Schmerz durchzieht meinen Körper und lässt mich zusammen zucken. Meine Hand gleitet zu meinem Kopf,  an dem ein Verband befestigt ist. Was zum? Vorsichtig wickle ich den Verband von meinem Kopf und lege ihn neben mich aufs Bett. Leicht taumelnd stehe ich auf und gehe durch die herrschende Finsternis in meinem Zimmer bis zur Tür. Leise öffne ich sie und schaue suchend auf dem Flur herum, doch es ist niemand zu sehen. Schnell laufe ich den langen Gang entlang bis zur Marmortreppe,  von der ich die Stimmen der Anderen hören kann. Verdammt und jetzt? Die werden alle Fragen stellen und was soll ich dann sagen? Ja, ich bin nur aus Trauer über den Tod meines zweiten Mates gesprungen, aber keine Sorge, mir war schon klar das ich das ganze überleben werde, vielleicht? Ganz sicher nicht. Ach komm jetzt heul hier nicht so rum und stell dich einfach. Was anderes bleibt mir wohl nicht übrig, oder? Nein leider,  nicht also los jetzt. Zögernd gehe ich einen Schritt nach den anderen nach vorne, bis ich um die Ecke trete. Alle sechs sitzen da,  inklusive Mai und David. Erstaunt und besorgt schauen mich alle an,  sogar David. Auf einmal springt Mai auf und rennt mich fast um. "Man,  haben wir nicht gesagt, dass du das nie wieder tun wirst? Jag mir doch nicht so einen Schrecken ein. Ich habe mir wirklich Sorgen um dich gemacht." Schluchzt sie an meiner Schulter. Also muss ich mich erst von einer Klippe stürzen,  damit sie wieder mit mir redet? Auf so jemanden kann ich verzichten. "Solltet ihr nicht das Rudel beschützen?" Frage ich kalt nach und löse sie von mir. Stur gehe ich an ihr vorbei und stelle mich vor Jim. "Danke dass du mich zurück getragen hast." Meine ich trocken und wende mich ab. "Setz dich doch zu uns. Wir planen die letzten Sachen für die Party heute Abend." meint er mit einem netten Lächeln. Ach die Party findet heute Abend schon statt? Verneinend schüttle ich meinen Kopf. "Ich will noch ein bisschen rausgehen. Mir ist nicht wirklich nach feiern zumute."-"Ich komme mit. Und keine Widerrede." Wirft Jim ein. Desinteressiert zucke ich mit den Schultern und gehe in Richtung Ausgang. Bei meiner Drehung habe ich Mai im Augenwinkel gesehen, wie sie mit den Händen im Gesicht schluchzend auf dem Boden kniet und David sie versucht zu trösten. Aber das lässt mich kalt. Stur gehe ich aus der Tür und höre nur noch das Gemurmel der Anderen und wie Jim hektisch aufspringt. Mit einem Ziel vor Augen folge ich dem Weg entlang bis zum kleinen Waldstück im Gelände. Jim versucht auf dem ganzen Weg immer wieder mit mir zu sprechen. Vergebens. Seine Stimme hört sich in meinem Kopf nur wie ein leises Säuseln im Wind an. Im Wald gehe ich zu einem hohen Baum und klettere ihn schnell hoch, um mich auf einen der höher liegenden Äste zu setzen. Mit einem flüchtigen Blick nach unten bemerke ich Jim, wie er verzweifelt versucht mir nach zu kommen, was schon irgendwie süß aussieht. Ein leichtes Lächeln huscht mir übers Gesicht, das aber auch sofort wieder verschwindet. Nachdenklich blicke ich in die Ferne und blende jegliche Geräusche aus. Er ist tot und kommt nie mehr wieder. Warum sind sie überhaupt hier her gekommen? Ist das wirklich meine Schuld gewesen? Ich meine, ich habe ihm nicht gesagt, dass er sich vor mich schmeißen soll und trotzdem hat er es getan. Hätte ich das auch für ihn getan? Ich glaube nicht. Aber das schlimmste ist,  dass ich nicht wirklich um ihn trauere. Im ersten Moment war es eher eine Schockreaktion und danach einfach nur Selbstvorwürfe, die ich hinter einer Fassade aus Trauer versteckt habe. Ich wünschte,  ich könnte ehrlich um ihn trauern , aber das geht nicht. Da sind keine Gefühle,  nichts. Das ist schrecklich. Ich will normal sein. Ich wollte noch nie so sein, wie ich bin, aber trotzdem bin ich es. Einzelne Tränen suchen sich ihren Weg über meine Wange, bis sie auf meinen Beinen zerspringen. Noch nicht einmal um meine eigene Familie konnte ich trauern. Warum kann ich das nicht? Was stimmt nicht mit mir? Leise fange ich an zu schluchzen und ziehe meine Beine an meinen Körper heran, um meinen Kopf auf sie zu legen. Auf einmal legt sich eine warme Hand auf meine Schulter und beruhigt mich schon mit der bloßen Berührung. Erschrocken reiße ich meinen Kopf hoch und wirble ihn herum um in Jims schöne Augen zu sehen, die mich aufmunternd anfunkeln. Behutsam streicht er mir die Tränen aus dem Gesicht und legt seine Hand auf meine Wange. An den Stellen, an denen er mich berührt fängt meine Haut an zu kribbeln und ein seltsames Gefühl breitet sich in mir aus. Immer näher kommt Jim mit seinem Gesicht auf mich zu und schließt die Augen. Verdammt,  ich will das noch nicht. Was mach ich denn jetzt nur? Hastig schaue ich mich um und bemerke,  dass die Sonne gerade am Untergehen ist. Kaum zwei Millimeter trennen seine Lippen von meinen,  da ziehe ich schnell meinen Kopf zurück. Verwirrt starrt Jim mich an, doch ich setze ein unechtes Lächeln auf und lache "Wir sollten uns fertig machen, schließlich ist jetzt bald das Fest." So schnell ich kann lasse ich mich zur Seite vom Baum fallen und lande wie eine Katze auf den Beinen. Flink laufe ich zum Haus zurück und unter meinen Balkon und klettere in mein Zimmer. Erleichtert lasse ich mich aufs Bett fallen und atme schwer durch. Gerade nochmal gut gegangen. Was meinst du hier mit gerade noch. Ich meine Hallo? Unser Mate hätte uns gerade fast geküsst und du ergreifst die Flucht? Sag mal hast du sie noch alle? Ach sei doch einfach still. Kaum habe ich die Diskussion beendet stürmen schon Tatjana und Sahra in mein Zimmer. Was ist denn hier los?

Verweigernde Alpha Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt