27. Zwei Rollen

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"Wie können diese Gören nur so mit mir umgehen?! Sie haben die Ehre, mit einer wunderschönen Frau in einem Zimmer zu sein!", ärgerte sich die Killerin und schlug ihre Hände auf den Tisch.
"Entschuldige dich doch einfach bei ihnen. Vorausgesetzt, Sie möchten weiterhin hier arbeiten", meinte das Mitglied des Verteidigungsministerius nur.
"Wieso sollte ICH mich bei denen entschuldigen?! Ich habe keine Erfahrungen als Lehrer, also wie zum Teufel sollte ich das bewerkstelligen können?!", beschwerte sie sich empört.
Karasuma-sensei seufzte.
"Da kann man nix machen... komm mit", sagte er und ging mit ihr nach draußen.

Draußen liefen sie hinter den Geräteschuppen, wo sich ein in leuchtend grün strahlendes Waldplätzlich verbarg. Auf diesem freien Plätzchen saß der Traubensaft trinkend Koro-sensei auf einer Liege und beschrieb mit Mach 20 irgendwelche Zettel.
"Er bereitet gerade die Tests für die Klasse vor", erklärte Karasuma-sensei. "Da er möchte, dass die E-Klasse aufsteigt, schreibt er jede Woche einen Test über alle möglichen Fächer, weshalb er jeden Mittwoch in der Freistunde einen Test vorbereitet."
In genau diesem Moment musste er niesen, weshalb der ganze Saft auf das Papier spritzte. Das Blatt zerknüllte er darauf und warf es in den Mülleimer.
"Nicht sehr schlau, Saft während dieser Arbeit zu trinken", sagte sie nur und sie beobachteten ihn weiterhin.

"Er lässt sich dabei ja ganz schön Zeit", bemerkte die professionelle Killerin. "Mit Mach 20 sollte das viel schneller gehen."
Tatsächlich, er saß mindestens fünf Minuten an einem einzigen Blatt, was eigentlich schneller vonstatten gehen sollte.
"Das liegt daran, dass er für jeden Schüler einen anderen macht", klärte der Exorzist sie auf.
Für jeden einzelnen Schüler einen anderen Test. Sie alle kannten sich zwar erst seit einem Monat, aber trotzdem liebt der Lehrer sie über alles. Da kann selbst Irina nur staunen.
"Er bezieht sich auf die Stärken und Schwächen jedes Schülers und gibt demnach andere Aufgabenstellungen an. Wenn die Schüler dies mitkriegen würden, wären sie selber völlig überrascht."
Wortlos hörte sie dem Gemurmel des gelben Dämons zu, welcher sich gerade dachte, was für seine Schüler kniffliger wäre.
"Er bewegt sich mit unglaublicher Geschwindigkeit und zeugt als Dämon von extremer Intelligenz. So jemand wie er eignet sich perfekt als ein Lehrer."

Danach gingen sie zum Sportplatz, wo die Schüler in ihrer Freistunde mit Holzmessern eine Art Badminton spielten.
"Sieh dir auch die Schüler an." Er zeigte auf die lachenden und dennoch anstrengenden Kinder.
"Sue spielen doch nur... oder?", fragte sich Haylee verwirrt.
"Das ist Killer Badminton. Ein Training, das ich ihnen beigebracht habe. Es hilft ihnen, ein sich bewegendes Ziel zu treffen."
Erst jetzt fiel ihr auf, dass auf dem Ball, mir dem sie spielten, Koro-senseis Gesicht abgebildet war. Der Ball flog über das Netz, doch Sugino blockte ihn ab, sodass er auf der gegnerischen Seite auf den Boden prallte.
"Sie haben keine Erfahrungen im Töten und trotzdem bemühen sie sich, den Auftrag zu erledigen. Wenn sie gerade mal nicht lernen, dann trainieren sie in deren Freizeit."
Sie war beeindruckt, konnte dies jedoch nicht zeigen. Langsam, aber sicher wurde sie von ihm überzeugt, was sie aber am größten traf, war das, was er danach sagte.
"Ziel und Lehrer. Killer und Schüler. In diesem Klassenzimmer hat jeder zwei Rollen. Sie sind doch eine professionelle, oder nicht? Wenn Sie es nicht einmal schaffen, zwei Rollen auf einmal zu spielen, weil Sie keine Erfahrung darin haben, dann mangelt es Ihnen an dem Können eines Profis. Und gäbe es diese Schüler, die dies beherrschen, nicht, würde der Assassination Classroom nicht existieren", kritisierte er sie direkt. "Wenn es also unmöglich für Sie ist, gleichzeitig ein Killer und ein Lehrer zu sein, haben wir noch eine Menge anderer Leute, die diesen Job übernehmen können."
Mit diesen Worten ging er und ließ sie zuerst darüber nachdenken. Nach dieser Vorstellung über die Kinder, sowie den Lehrer, sah sie ein völlig anderes Bild von ihnen und vorallem sich selbst. Denn alles zusammengefasst wurde ihr soeben gesagt, dass sie, eine ausgebildete Auftragskillerin, nicht mit Amateur Schülern mithalten kann. Und diese Tatsache lässt einen nunmal nachdenken...

Mit klagenden Schuhen und aufrechten Gang lief sie auf dem hölzernen Boden der Schule. Ohne jegliche Vorwarnung schob sie die Tür auf und ignorierte die verwirrten Blicke ihrer Schüler auf sich. Ohne Pause nahm sie die Kreide in die Hand und schrieb etwas auf die grüne Tafel, was sie dann auch vorlas.
"If I was you I wanna have those skills of mine, too", sagte sie und drehte sich zur Klasse. "Los, sagt den Satz."
Die Schüler wiederholten ihn, ohne wirklich zu wissen, was sie vorhatte.
"Übersetzt bedeutet er so viel wie: 'Wenn ich du wäre, würde ich meine Fähigkeiten auch haben wollen'. Das ist der Satz, den ich meinem Ziel in Las Vegas in seinen letzten Sekunden gesagt habe. Menschen, die einen Liebhaber aus dem Ausland haben, bemühen sich sehr, seine Sprache zu erlernen. So habe ich es zum Beispiel geschafft, 16 Sprachen fließend zu können. In meinem Unterricht werdet ihr lernen, Leute aus anderen Ländern zu verführen und wie ihr unauffällig Kontakt mit eurem Ziel aufnehmt. Lernt das, was ihr für die Schule braucht, von eurem Oktopus Lehrer. Ich werde euch nur Techniken beibringen, die ihr vielleicht in der Zukunft brauchen werdet. Und... Wenn das alles nicht dazu führt, dass ihr mich als Lehrer seht... dann... gebe ich den Auftrag auf und werde gehen... und... Ich wollte mich... noch für gewisse Dinge... entschuldigen..." Bis zum Ende hin wurde sie immer leiser und spielte ein wenig mit den Händen rum. Das war ihr anscheinend sehr peinlich, da sie die Schüler immerhin ziemlich selbstlos behandelt hatte. Außerdem wäre es sinnlos, weiterhin zu versuchen, Koro-sensei zu verführen und das Kopfgeld zu kassieren. Er wusste immerhin sowieso bereits, wer sie wirklich war und würde sich nicht von ihr aufhalten lassen. Zwar funktionieren Annäherungen bei ihm, aber er war zu schlau, um darauf komplett hereinzufallen.
Stille füllte den Raum und die Blicke aller waren auf die Frau vor ihnen gerichtet. Dass plötzlich solche Worte ihren Mund verließen, war unerwartet und überraschend.
Doch dann fingen alle an, zu lachen. Was die Lehrerin natürlich halb erschreckte.

"Ach Bitch-neesan, das hat ja echt lange gedauert!", lachte Antonia grinsend.
"Bis vor kurzem haben Sie doch noch so Sachen gesagt, wie 'Ich töte euch' und so", kicherte Swetlana.
"Ich denke, sie ist jetzt zu einem richtigen Sensei geworden", meinte Nazar zufrieden grinsend und lehnte sich auf dem Stuhl zurück.
"Wir können sie jetzt einfach nicht mehr Bitch-neesan nennen", sagte Daniel, der in der ersten Reihe saß, lächelnd.
Ein Gefühl der Freude und des Glücks breitete sich in der blonden Schönheit am Pult auf, als diese jedoch zerstört werden musste.
"Wir nennen sie ab heute Bitch-sensei!", beschloss Nazar spontan, womit sich auch absolut jeder zufrieden stellte.
Na ja, fast jeder. Die Betroffene musste es schließlich gegen ihren Willen mithören.
"IHR ÄTZENDEN GÖREN, HÖRT ENDLICH MIT DIESER DUMMEN ANREDE AUF!"

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