Schwer atmend lösen wir uns voneinander. „Noch sauer?", frage ich vorsichtig in die Dunkelheit hinein. Wir liegen nebeneinander auf dem verwüsteten Bett. Der Mond und die ewig helle Stadt scheinen ins riesige Zimmer hinein. Wir schauen uns an. „Ohja.", antwortet er mit gefährlich tiefer Stimme. Ich lache und schmiege mich eng an seine Brust. „Tut mir Leid? Du weißt, es war nur ein Witz!", versuche ich zu schleimen und streichele über seinen nackten Oberkörper. „Halt die Klappe, Jolie.", sagt er, aber er kann ein Grinsen nicht verbergen. „Siehst du, du fandest es auch lustig!", freue ich mich. Dann dreht er sich plötzlich auf mich.
„Joëlle Elisabeth Annen. Du hast gesagt, du willst nicht mit mir zusammen sein. Das ist so ziemlich das Unlustigste, was du sagen kannst." „Ich hab AIDS." Er schubst mich aus dem Bett.
Naja, jetzt liege ich wieder in dem Bett, weil David mich nach ein paar Minuten vermisst hat. „Siehst du?" „Sehe ich was?", frage ich neckend. „Ich habe dich doch rumgekriegt.", grinst er stolz und legt einen Arm um mich „Wer hätte das gedacht.", bemerke ich schmunzelnd.
Ja, wir sind Sarahs Wunsch gefolgt und hatten viel Spaß beim Vögeln. Es war wirklich sehr unoffensichtlich, dass David mich in diesem Buch rumkriegen wird. Er lacht befreit und zieht mich auf sich. „Es ist so schön, dich wieder bei mir zu haben.", sagt er und schaut mir tief in die Augen, es ist zwar ziemlich dunkel, aber er bringt die Message gut rüber. „Gleichfalls.", sage ich und küsse ihn lange.
„Wie geht's eigentlich eurem Café?", fragt David mich nach einer Weile. Seine Fingerspitzen wandern beiläufig über meinen nackten Rücken und zeichnen Muster. „Gut, Sarah und ich waren in den Semesterferien da. Hat sich nicht sonderlich verändert. Wir haben aber neue Vorhänge, falls es dich interessiert." „Brennend.", erwidert er sarkastisch. „Sie haben 53.99€ gekostet." „Ich wusste gar nicht, dass Vorhänge so teuer sind." „Ich auch nicht. Hab es auf die harte Tour erfahren."
„Ja, und dann bin ich ausgerutscht. Ende der Geschichte. Macht die Narbe mich männlicher?" Ich lache. Aber die Narbe macht ihn tatsächlich männlicher.
„Deine Mutter will ein Kind adoptieren?", erwidert David ungläubig „Ja, jetzt wo ich weg bin, meinen die beiden, das Haus sei so leer und sie wollen – Zitat: „der Welt etwas Gutes tun" und sie haben genug Platz und Geld und sie wollten eh immer ein zweites Kind.", zähle ich auf „Achso, damit du kein verwöhntes Einzelkind wirst?" „Naja, dafür ist es wohl ein bisschen zu spät.", lache ich.
„Dein Ernst? Du machst das immer noch?" „Ja, irgendwie beruhigt es mich vor Konzerten.", verteidigt sich David. David macht anscheinend immer noch Kopfstände vor Konzerten. Sah früher immer sehr lustig aus. „Aber Nick schubst mich immer, dieser Idiot!" „Oh, schrecklich! Soll ich deine Ehre verteidigen?" „Halt die Klappe." „Aber das ist irgendwie schön, also nicht, dass Nick dich schubst, aber, dass manche Dinge noch so sind wie früher..."
„Wie geht's deinen Eltern eigentlich? Ist es komisch, wenn ich sage, dass ich deine Mutter ein bisschen vermisst habe?" „Ein bisschen, aber sie vermisst dich auch. Sie war total aus dem Häuschen, als ich ihr erzählt habe, dass ich nach New York fliege. Und sie hat mir gesagt, ich soll ihr ganz viele Bilder schicken." „Typisch.", er schüttelt grinsend den Kopf.
„... Und mein Professor war ein alter schmieriger Kerl, der immer schreckliche Sprüche losgelassen hat." „Wow, Architektur klingt klasse!" „Es war eigentlich schon klasse. Vor allem mit Mike." „Dein Architekturkumpel?" „Genau. Einmal haben wir..."
„... hätte ich mich melden sollen?" „Ich weiß nicht. Hätte ich mich melden sollen?" „Ich hätte mich gefreut, aber..." „Ja, aber..."
„... ich hab keine Worte dafür. Das ist echt heftig." „Ich weiß, ich war auch echt- wow. Keine Ahnung." „Kann ich den mal kennenlernen? Ich wollte schon immer mal jemanden sehen, der seinen eigenen Ellbogen ablecken kann."
„Ich hab dich vermisst." „Ich dich auch." „Sehr." „Ich weiß. Ich dich auch." „Aber das habe ich dir auch schon hundertmal in den letzen Kapiteln gesagt." „Ja, ich weiß, ich hab zugehört."
Und so reden wir und reden wir. Ich bin begierig alles zu erfahren, die Löcher zu stopfen, die die drei Jahre hinterlassen haben und die Facebookposts nicht ausgleichen konnte. Und so reden wir und reden wir. Unangestrengt. Und es ist das einfachste der Welt: hier mit ihm zusammen zu sein.
Ich gähne. „...müde?" „Ein bisschen, aber es ist so schön, mit dir zu reden. Sogar über Vorhänge", protestiere ich gegen den Schlaf. David lächelt und zieht mich näher an sich. „Wir können morgen immer noch über Vorhänge und Preise diskutieren. Wir haben noch jede Menge Zeit die ganzen Löcher zu füllen. " „Oh David!" „Ups, irgendwie klang das in meinem Kopf nicht so unanständig. Aber diese Löcher füllen wir auch." , zwinkert er. „Nein, danke ich fühle mich schon sehr... gut gefüllt." „Schade..." „Sorry, dass ich leider nicht auch noch das fünfte Mal mit dir schlafen kann. Ein weiblicher Körper hat irgendwann seine Grenzen.", lache ich. Was soll ich sagen, wir haben uns drei Jahre nicht gesehen, da staut sich einiges auf...
„Ich gedulde mich. Oh, schau mal: es wird schon wieder hell...", flüstert er und langsam gleite ich in den Schlaf. Die Sonne geht auf.
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Frohe Weihnachten, liebe Leser!
Wie findet ihr die beiden eigentlich? :)
Liebe Grüße,
-alterade
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Love Songs For Me
HumorLiebeslieder? Hört man doch jeden Tag. Aber was würdest du tun, wenn du im Radio plötzlich ein Lied über dich hören würdest? Dieser Frage muss Joëlle sich stellen, als ihr Exfreund David, ein Austauschschüler aus Amerika, ihr Jahre später ein Li...