-43- One More Night

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Ein lautes: „Woohoo!" schallt durch KeyArena, Seattle. „Dankeschön!", brüllt David. Und so ist es vorbei. Beasts erste Tour. Die Lichter gehen aus. Alles jubelt.

Ein euphorischer Mann erwartet mich verschwitzt und lachend backstage. „Du brauchst gar nicht fragen: du warst großartig!", lache ich und falle in seine Arme. Ich muss ihm ja nicht erzählen, dass ich insgesamt 4 Packungen Taschentücher verbraucht habe, weil ich bei jedem Liebeslied heulen musste. Aber als letztes kam „Fuck and Party" und das war dann wieder okay.

Er küsst mich lange und Ben verdreht die Augen. Er glaubt nicht mehr an die Liebe, seit die Exfreundin, die er so sehr geliebt hat, ihn während seines Konzerts mit dem Türsteher betrogen hat. Leider hat sie den Türsteher vor kurzem geheiratet und nun sieht Ben jedes Mal, wenn er auf facebook geht, irgendwelche idiotischen Pärchenbilder. Denn Amerikaner teilen liebend gerne alles auf facebook.

„Oh Jolie, wir haben es geschafft! Jetzt kümmere ich mich erstmal mindestens nen Monat nur um dich! Aber erst: lass uns feiern gehen!", lacht er und ich fühle mich schrecklich. „Hey hey hey! Ich als PR Agent muss dich daran erinnern, erst auf ein Meet and Greet mit deinen 14-jährigen Verehrerinnen zu gehen!", zügle ich ihn. „Ach scheiße, stimmt ja. Fans... Berühmtsein ist manchmal echt nervig.", seufzt er, „Bis später, Schatz." „Bis später.", sage ich und gebe ihm einen Abschiedskuss.

Eine halbe Stunde später stehen Sarah und ich in der Maske, machen uns fertig und ziehen uns etwas Clubtaugliches an. „Und wann sagst du es ihm?", drängt sie. „Nach der Party.", verspreche ich. „Diesmal aber wirklich.", ermahnt mich Sarah sehr streng, „Nach der Party, aber bevor ihr schlafen geht." „Okay.", sage ich. Ich habe ihr in der letzten Woche schon vier Versprechen gegeben und nicht eingehalten. Ich schwöre, normalerweise bin ich nicht so. Doch das ist nicht normal, diese sechs Wochen sind absolut nicht normal gewesen.

Nun gibt es kein Herauszögern, denn viel mehr Zeit gibt es nicht. Oh Gott. Ich fühle mich schrecklich. Es frisst mich von innen auf, das Geheimnis zerstört mich und jedes Mal, wenn David mir zulächelt oder mich küsst oder mich auch nur ansieht, fühle ich mich wie der schlechteste Mensch auf Erden. Klar, es könnte schlimmer sein, ich hätte ihn mit Max betrügen können, ich hätte seine Familie töten können, ich hätte sein Haus anzünden können... Doch, da ich ein halbwegs anständiger Mensch bin, fühlt es sich schon echt schlecht an ihn zu verlassen und es ihm nicht zu sagen.

Ich wünschte es wäre anders. Ich wünschte, wir hätten uns ganz normal kennengelernt. Vielleicht wären wir uns eines Tages in der Uni über den Weg gelaufen, er wäre aus Versehen gegen mich gerannt, oder ich hätte aus Versehen meine Bücher fallen gelassen, oder er hätte mich einfach angesprochen, ohne irgendwas oder irgendwen zu beschädigen. Wir hätten einander sympathisch gefunden, wären Kaffee trinken oder Eis essen gegangen. Ich hätte auf dem Campus, im Club, bei jeder Party Ausschau nach ihm gehalten. Wir hätten tage-, nächtelang miteinander geschrieben. Und nach einer unbestimmten Anzahl von Dates, Worten, Küssen, Übernachtungen oder was auch immer hätten wir gemerkt, dass wir nie mehr ohne den anderen leben wollen. Und das wäre echt schön gewesen.

Ach verdammt, so ist es eben nicht. Was soll's. Ich werde mich damit abfinden müssen. Doch jetzt gilt es eben, das Beste daraus zu machen. Und das fängt dabei an, diese verdammte Afterparty legendär zu machen!

Und verdammt, sie war legendär. „Geilste Party des Jahres!", brüllt Nick, von der Yacht, des reichen Kerls, der dort seinen 63. Geburtstag mit 63 Models feiert. Ja, es ist eine sehr große Yacht. Der sehr reiche Kerl hat sich gerade von seiner fünften Ehefrau getrennt und dank seiner Tochter, die er von seiner vierten Ehefrau hat, kennt er Beast und hat sich sehr gefreut, sie einzuladen, als wir nach dem Club am Ufer entlang spazierten. Denn insgeheim ist auch er ein großer Beast-Fan. Am liebsten mag er das Lied „Fuck and Party", wer hätte das gedacht?

Seit circa einer Stunde unterhalten David und ich uns schon mit diversen Models, denn wir versuchen herauszufinden, wieviele verschiedene Nationalitäten hier vertreten sind. Sarah ist in dieser Zeit dreimal ins Meer gefallen und ich weiß ehrlich gesagt nicht mit wievielen Mädels sich Nick, Ben und Max schon vergnügt haben. Geschweige denn wie viele illegale Dinge sie konsumiert haben. Ich hoffe, die Polizei will diese Yacht nicht kontrollieren...

„Nein!", höre ich Sarahs Stimme und dann ein lautes Platsch. Vier. „Ich rette dich, Baby!", ruft Jake und springt hinterher. „Lust auf ein bisschen Schwimmen?", fragt David mit einem Zwinkern. „Warum nicht?", sage ich und wir springen hinterher. Dann überlege ich, ob Sarah nicht ein wenig zu viel getrunken hat, und hoffe, dass sie nicht ertrinkt. Doch da fällt mir ein, dass Madilyn, ein Model aus Conneticut, den Rettungsschwimmer hat und Antialkoholikerin ist. Also verlegen wir die Party ins Meer.

Nachdem wir im Meer plantschen waren und einige Flaschen geleert haben, machen wir uns auf den Heimweg. Lachend stoße ich David von der Seite an. „Hey, hör auf mich so von der Seite anzumachen.", droht er scherzhaft. „Was dann?", necke ich ihn. „Willst du wirklich das Beast wecken?", flüstert er tödlich leise. Bei dem schlechten Wortspiel breche ich in Lachen aus. Ach, wenn es doch immer so wäre... Er nimmt meine Hand in seine. „Jolie, ich bin so glücklich, dass du bei mir bist.", seufzt er und küsst mich auf die Stirn. Und das schlechte Gewissen hält mein Herz in seiner eisigen Faust umklammert.

„Hey! Hey, warum weinst du denn?", fragt er erschrocken und nimmt mein Gesicht in seine Hände. Unablässig und krasser als die Niagarafälle rinnen Tränen über meine Wangen. Ich schluchze, aber ich bringe kein Wort heraus. „Jolie! Was ist los?", fragt er und Entsetzen steht in seinen Augen. Doch ich kann nicht, ich kann diese Worte nicht hervorbringen. „Rede mit mir. Ist dir was passiert?", drängt er und ich fühle mich wie der schlechteste Mensch dieser Welt. Ich will mit ihm Schluss machen, und er sorgt sich um mich.

Wir stehen auf dem Bürgersteig einer schweigenden Stadt. Es ist so still und so friedlich. Es ist so dunkel, dass die Straßen im Licht der Straßenlaternen schwarz scheinen. Die Luft ist angenehm kühl. Wir stehen uns gegenüber. Ich schaue zu Boden.

„Es ist nichts, lass uns einfach ins Hotel gehen.", antworte ich. Ich weiß, es ist egoistisch. Aber ich will nur noch eine perfekte Nacht. Nur noch eine vollkommene Nacht für die Ewigkeit.







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auf zum finale!

x alterade

Love Songs For MeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt