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,,Welches Kleid soll ich morgen jetzt anziehen Mama?", fragte ich meine Mutter, als ich nachdenklich in mein Kleiderschrank starrte. Ich hatte am nächsten Tag mein Abschluss und ich war so glücklich, dass ich jetzt mein Studium absolviert hatte und endlich Innenarchitektin wurde. Ich hätte niemals gedacht, dass ich mal studieren werde und sogar noch damit fertig werde. Innenarchitektin zu sein war immer mein größter Traum.

Ich konnte mich einfach nicht entscheiden, welches Kleid ich anziehen sollte, denn ich hatte so viele Kleider, dass ich nicht einmal ein neues für mein Abschluss kaufen musste. So viele Kleider, die noch nicht einmal getragen wurden.
Meine Mutter gab einen gelangweilten Geräusch von sich. Sie hatte auch keine Lust mehr, stundenlang ein passendes Kleid auszusuchen. ,, Das Grüne mit den goldenen Details passt am besten meiner Meinung nach", sagte sie dann endlich. Doch ich wollte nichts auffälliges. Als ich dann auch keine Lust mehr hatte, nahm ich dann einfach das Grüne heraus und schnappte mir noch ein passendes Kopftuch dazu. ,,Sonunda! (Endlich!)", sagte meine Mutter und ging so schnell wie möglich raus aus meinem Zimmer, denn sie wusste genau, dass ich noch fragen würde, ob das Kopftuch dazu passt oder welche Schuhe ich anziehen soll.

Paar Minuten später vibrierte mein Handy. Gönül hatte mir geschrieben. Meine beste Freundin.

Gönül: >> Und? Hast du schon dein Kleid gefunden?<<

Ich: >> Ja endlich! Wie findest du es? Das werde ich anziehen<<, schrieb ich ihr und schickte ihr ein Bild von dem Kleid.

Gönül: >> Wow! Wunderschön mein Schatz. Ich werde das Blaue mit Spitze anziehen.<<

Ich: >> Ich wollte dir sowieso sagen,dass du dieses Kleid anziehen sollst. Die Farbe steht dir sehr und es ist wunderschön.<<

Gönül war ein sehr hübsches Mädchen. Lockige, braune Haare und blaue Augen. Eine Zeit lang hatte sie sich überlegt, ob sie auch eine Kopftuchträgerin sein sollte aber konnte sich nicht entscheiden, weil sie ihre Haare liebte. Sie war auch eine Muslima und betete jeden Tag fünf mal aber Kopftuch zu tragen, war eine schwere Entscheidung für sie. Sie sagte immer, sie hätte Angst, wenn sie Kopftuch trägt, eines Tages mal wieder offen sein zu wollen. Und das wollte sie nicht. Ein Tag mit und ein Tag ohne Kopftuch hörte sich wie ein Spiel an und das wollte sie nicht. Sie entschloss sich dann, bis sie sich sicher war, dass sie endgültig Kopftuch tragen möchte es nicht zu tun, weil sie sich noch nicht bereit fühlte.

Ein zweites Mal vibrierte mein Handy. Diesmal hatte mir aber niemand geschrieben, sondern es war Zeit für das Abendgebet. Ich ging ins Badezimmer, machte die Gebetswaschung und betete.
Ich war schon sehr aufgeregt auf morgen.

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Am nächsten Tag wachte ich dank meines Weckers auf. Schnell lief ich in die Küche, weil ich schon den leckeren Geruch des Menemens (ein türkisches Gericht) roch. Meine Mutter war eine tolle Köchin. Sie bereitete das Frühstück vor. Doch mir fiel schnell ein, dass ich noch das Morgengebet verrichten muss und lief erstmal ins Badezimmer, für die Gebetswaschung.
Nach dem Gebet ging ich wieder nach unten in die Küche und wir aßen schnell etwas. Ich war ein Einzelkind und hatte kein Vater. Mein Vater starb vor sechs Jahren an einem Autounfall. Deshalb lebten ich und meine Mutter seitdem alleine. Ich räumte den Tisch wieder auf, spülte das Geschirr und ging wieder in mein Zimmer, um mich fertig zu machen für mein Abschluss. Zuerst zog ich das Kleid an holte meine Schminke raus und begann ein wenig mich zu schminken. Doch nicht zu viel. Im Alltag machte ich sowieso nie Schminke, außer an besonderen Anlässen. Ich tuschte mir schnell meine Wimpern, zog mir ein lidstrich und bemalte meine Lippen mit einem nicht so auffälligen, nudefarbenen Lippenstift, den ich mal zum Geburtstag von Gönül bekommen hatte. Danach machte ich mein Kopftuch und guckte mich erstmal 10 Minuten lang im Spiegel an, um zu sehen, ob ich zu auffällig war oder nicht. Ich war mir nicht sicher, als ich dann plötzlich die Stimme meiner Mutter hörte. ,,Çok güzel olmuşsun, benim Prensesim. (Du siehst bezaubernd aus, meine Prinzessin.), sagte sie mit großen Augen und ein breites Grinsen. ,, Wir haben genau das richtige Kleid gefunden, glaub mir, das sieht einfach nur traumhaft schön aus."
Nach diesen Worten, war ich mir dann auch sicher, dass es definitiv dieses Kleid sein wird.
Schnell machte sich dann auch meine Mutter fertig und wir machten uns auf den Weg. Im Auto rief ich Gönül an, ob sie schon fertig war, denn wir wollten sie und ihre Mutter auch noch mitnehmen.
Nach gefühlten 5 Jahren, kamen Gönül und ihre Mutter dann auch und wir fuhren los.
,,Entschuldigung, dass wir euch warten lassen mussten, aber ihr kennt Gönül, sie kann es nie pünktlich schaffen.", sagte ihre Mutter, Zehra Teyze (Tante) und wir mussten alle lachen. Sie hatte aber auch Recht. Gönül kam nie rechtzeitig, wenn wir uns mal verabredeten. Aber ich hatte mich schon daran gewöhnt. Das war sie halt. Sie war einfach so. Aber trotzdem liebte ich sie.

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