Kapitel 8

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Ich finde mich auf einem großen Gebäude wieder und schaue auf ganz New York. Das Empire State Building. Ich bin ganz alleine, wahrscheinlich bin ich irgendwo, wo keine Touristen hin dürfen.

"Ne, oder?", ich fahre mir mit meinen Händen durch die Haare. Nicht nur, dass ich eben vollkommen ausgerastet bin und mich so schon jeder für verrückt halten würde, habe ich mich zusätzlich auch noch in Schatten aufgelöst. Ich weiß zwar nicht, ob der Nebel das verdeckt hat, oder ob Schattenreisen für normale Menschen noch so natürlich ist, dass sie es sehen können, trotzdem muss ich mir irgendeine Erklärung ausdenken, warum ich auf einmal aus dem Unterricht verschwunden bin und zusätzlich noch einen meiner Mitschüler verletzt habe.

Ich muss jetzt mit irgendjemandem reden, aber ich weiß nicht mit wem. Ich habe keinen, dem ich im Moment meine Sorgen erzählen soll.

Egal, fürs erste wäre es praktisch hier zu verschwinden, damit mich hier nicht irgendjemand entdeckt. Die Schatten verschwimmen wieder um mich und Dunkelheit umhüllt mich.

Als sich die Schatten wieder verziehen, stehe ich in einem dunklen Garten, unter einem Granatapfelbaum.

"Nico?", höre ich eine bekannte Stimme hinter mir und drehe mich um. Persephone. Verdammt, ich dachte ich wäre hier ganz allein.

"Ja", sage ich und sie lächelt mich an. Eigentlich hätte ich mir denken können, dass sie hier ist, da ja Januar ist, aber so weit habe ich leider nicht gedacht.

"Was ist los?", fragt Persephone gleich und sieht mich mitfühlend an, sie scheint mich wohl besser zu kennen, als ich dachte.

"Nichts", antworte ich und sie zieht eine Augenbraue hoch.

"Ist was mit Will?"

Ich kratze mich schüchtern am Hinterkopf.

"Nein...ja...auch", stottere ich und Persephone kommt näher und legt mir eine Hand auf den Rücken.

"Willst du mit mir reden?", fragt sie mich und ich schüttle den Kopf.

"Nein, alles gut", meine ich, aber sie sieht mich skeptisch an.

"Mir geht's gut", sage ich nochmal, aber diesmal bestimmter.

"Nico, du warst fast ein halbes Jahr nicht hier unten und auf einmal tauchst du auf und willst mir erzählen, dass alles gut ist"

Verdammt, ich konnte Persephone in dieser Hinsicht noch nie anlügen, sie durchschaut mich einfach immer.

Kurz denke ich darüber nach, dass es eine schlechte Entscheidung war, zum nachdenken hierher zu kommen und dass ich ja einfach verschwinden könnte, aber wenn ich dann das nächste Mal hier runter komme, hätte ich was zu erklären und darauf habe ich auch keine Lust.

Nachdem ich längere Zeit nicht geantwortet habe, seufzt Persephone auf.

"Ich mache uns jetzt Tee und du wirst mir erzählen, was los ist", bevor ich was erwidern kann, unterbricht sie mich wieder. "Kein 'aber' Nico, ich sehe dir an, dass etwas ist"

Dann ist sie verschwunden und hinterlässt ein paar Nelken auf dem Boden, wo sie stand.

Ich lasse mich auf die Bank, die ein paar Meter entfernt steht fallen. Der Gedanke mit einer Göttin Tee trinkend in der Unterwelt zu sitzen und ihr meine Sorgen zu erzählen, kommt mir lächerlich vor, aber jetzt kann ich auch nicht mehr verschwinden. In der Schule wird mich sowieso keiner suchen, die werden sich wohl erstmal alle um Sam kümmern.

Ich hoffe, dass es ihm gut geht, obwohl er ja auch irgendwie selbst Schuld ist, hätte er auf mich gehört, wäre nichts passiert.

Plötzlich taucht Persephone wieder vor mir auf und ein Tisch erscheint vor der Bank. Sie stellt die Teekanne, sowie zwei Tassen darauf und schenkt ein.

"Also Nico, dann fang mal an, und sag nicht wieder, dass nichts ist"

"Ich, ähm... hatte Streit mit Will", sage ich, obwohl es nicht die Wahrheit ist, wir hatten keinen Streit, wir haben uns nur lang nicht mehr gesehen, was aber meine Schuld ist.

"Lüg mich nicht an", Persephone hat mich schon wieder durchschaut.

Ich atme einmal tief durch, es hat keinen Sinn zu versuchen ihr die Wahrheit zu verschweigen, also fange ich an zu erzählen.

Eine Stunde später sitze ich wieder in meinem Zimmer im Internat. Es ist zwar erst halb vier, aber ich bin tot müde. Trotzdem geht es mir gut. Nach dem Gespräch mit Persephone kommt es mir so vor, als sei eine riesige Last von mir genommen. Sie hatte tatsächlich Recht, es tut gut sich jemandem anzuvertrauen.

Auf einmal klopft es an der Tür.

"Nico?", ich höre die Stimme meiner Biolehrerin. Bitte nicht.

Nachdem sie noch einmal meinen Namen gerufen hat, antworte ich.

"Ja?"

"Nico, Gott sei Dank, wir haben dich schon gesucht. Lass mich rein", fordert sie mich auf. Ich seufze und öffne die Tür.

Mrs. Roden steht vor mir und sieht mich besorgt an.

"Geht es dir gut? Nachdem du aus dem Bio Raum gerannt bist, haben wir dich die ganze Zeit gesucht. Was war den los?", fragt sie mich.

Den Göttern sei Dank, der Nebel hat meine Schattenreise verdeckt.

"Ähm, also...", fange ich an und suche nach einer passenden Erklärung. Mrs. Roden sieht mich erwartend an.

"Ich hatte eine...Panikattacke", sage ich schnell, aber es klingt etwas nach einer Frage.

"Wirklich? Das steht aber nicht in deiner Akte.", meint meine Lehrerin skeptisch.

"Dann muss das wohl vergessen worden sein"

"Na dann. Trotzdem müssten Sam und du nochmal zum Direktor, nur für die Vermerkung, damit es keine Probleme gibt.", sagt sie noch und ich nicke.

Kurz bevor die geht, dreht sie sich nochmal um.

"Achso, euer Termin ist morgen um 14 Uhr", dann verlässt sie mein Zimmer.

Ich lasse mich auf Bett fallen, was für ein Tag. Ich bin gerade mal zwei Tage hier und habe schon irgendeine Scheiße gebaut.

Kurz bevor ich einschlafe, muss ich nochmal an das Referat morgen denken. Egal, ich werde es einfach aus dem Kopf machen.

Und ohne noch einen Gedanken mehr fassen zu können, bin ich eingeschlafen.

Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen:)  Eigentlich wollte ich heute nur anfangen und vielleicht 300 Wörter schreiben - und auf einmal bin ich fertig :D

Euch noch einen schönen 1. und 2. Weihnachtsfeiertag.

Umbrakinesis - Nico di AngeloWo Geschichten leben. Entdecke jetzt