Kapitel 48

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Wie die Männer mir gesagt haben, laufe ich in Richtung Elysium. Ich hoffe einfach nur, dass ich Bianca schnell finden kam und auch endlich Antworten auf alle meine Fragen bekomme, die mir schon seit Wochen im Kopf herumschwirren und anstatt weniger, immer mehr werden.

Wenigstens bin ich hier ansonsten noch keinem begegnet, was mich einerseits beruhigt, aber andererseits auch verwirrt, da es meist voller ist, besonders hier.

Nach ein paar Minuten laufen, die mir jedoch wie eine Ewigkeit vorkommen, sehe ich auf einmal ein Mädchen mit langen schwarzen Haaren auf einem Stein sitzen. Sie sitzt genau mit dem Rücken zu mir, aber auch ohne ihr Gesicht zu sehen bin ich mir sicher, dass es Bianca ist.

Langsam gehe ich auf die zu und bin mir unsicher, wie ich handeln soll. Soll ich einfach zu ihr hingehen und sie ansprechen? Oder warten, bis sich etwas tut?

Ich entscheide mich erst für letzteres aber nachdem ich ungefähr fünf Minuten nur rumstand und für jeden Außenstehenden wahrscheinlich vollkommen bescheuert aussah, versuche ich doch auf sie zuzugehen.

"Bianca?", frage ich und schüttle sie leicht an ihrer Schulter.

Als sie jedoch keine Reaktion zeigt, gehe ich um den Stein herum, um zu sehen, was los ist.

Doch was ich erblicke, lässt mich geschickt auf keuchen und ein paar Schritte zurückweichen.

Bianca starrt mit weit aufgerissenen Augen ins Leere, jedoch ist das nicht das gruseligste daran, sondern dass ihre Augen nicht mehr die bekannte braune Farbe haben, wie ich es gewöhnt bin, sondern von Augapfel bis Pupille feuerrot sind.

"Bianca!", rufe ich lauter und Bianca schließt die Augen, was mich zuerst erleichtert ausatmen lässt, da ich wenigstens eine Reaktion aus ihr herausbekommen habe.

Als sie ihre Augen wieder aufschlägt ist diese Erleichterung jedoch sofort wieder verschwunden, da auf einmal dicke Tränen aus Blut aus ihren Augen laufen und rote Striemen auf ihrer gebräunten Haut hinterlassen, die jetzt jedoch fast so weiß wie Papier wirkt.

"Bianca?!", schreie ich jetzt schon fast und will auf sie zu rennen, als sie jedoch anfängt zu sprechen.

"Nico", sagt sie leise jedoch für mich vollkommen verständlich und ein breites Lächeln ziert ihr immer noch von Blut verschmiertes Gesicht.

"Nico", wiederholt sie noch einmal und ihre Stimme klingt heiser. Langsam gehe ich etwas näher auf sie zu.

"Ja, ich bin's, Nico. Was machst du hier, Bianca?", frage ich ruhig und gehe näher auf sie zu.

"Es ist alles deine Schuld", meint Bianca aber auf einmal und ihre Stimme wird lauter.

"Was?", frage ich verwirrt und sie legt ihren Kopf schief. Die Bluttränen haben endlich aufgehört und sie wischt sich mit ihrem Ärmel die verbleibenden Reste aus dem Gesicht, was jedoch nur dazu führt, dass ihr Blut noch weiter in ihrem Gesicht verteilt wird.

"Es ist alles deine Schuld, Nico!", wiederholt sie nun lauter. "Alles. Deine Schuld!", ihre Stimme ähnelt bin schon fast einem Kreischen, weshalb ich wieder zurückweiche.

"Was... ich verstehe nicht...", sage ich leise und Bianca stößt ein hohes lachen aus.

"Natürlich nicht, du weißt wahrscheinlich noch nicht einmal, was du falsch gemacht hast", höhnt sie und ich schüttle mit dem Kopf.

"Nein, also sag mir doch bitte was los ist", bitte ich sie.

"Das bist du nicht wert", meint Bianca und ich reiße erschrocken die Augen auf, als sich dunkle schwarze Flügel aus ihren Schulterblättern bohren und ihre Hände zu Klauen verschmelzen.

"W...wa...", stottere ich, als Bianca sich zu ihrer vollen Größe aufbäumt, die in diesem Zustand bestimmt über zwei Meter beträgt.

"Also warum stirbst du nicht einfach", faucht Bianca, die nun kaum mehr wieder zu erkennen ist, und stürzt auf mich zu.

Schnell rolle ich mich zur Seite und kann ihren Angriff so noch knapp ausweichen.

"Bianca, was soll das!?", schreie ich, aber meine Worte scheinen kaum bei ihr anzukommen, die sie sich in die Luft zu winden scheint und immer wieder laut aufschreit.

Erschrocken von dem Anblick, der sich mir bietet, robbe ich einige Meter zurück und Strecke schon die Hand aus, um mein Schwert erscheinen zu lassen, zucke jedoch zurück.

Auch wenn sie im Moment nicht sie selbst ist, ist es immer noch Bianca, die vor ist. Ich könnte sie also niemals verletzten, auch wenn sie mich umbringen will, da sterbe ich lieber.

Aber irgendwie muss ich ihr ja helfen können wieder aus diesem Zustand aufzuwachen, also was soll ich tun?

Umbrakinesis - Nico di AngeloWo Geschichten leben. Entdecke jetzt