Kapitel 30

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Als ich den Raum auch verlasse zwängt sich Anna auf einmal neben mich und lächelt mich an.

"Hier Nico, warum machst du denn mit der da?", fragt sie mich und deutet in die Richtung, in der ich Elly vermute.

"Ehm, ich dachte du wolltest mit April machen und sie ist die einzige, die ich sonst noch kenne", antworte ich.

"April hätte auch mit wem anders machen können", murmelt Anna. "Aber egal, über welches Thema macht ihr denn?", fügt sie dann noch hinzu.

"Hades"

"Aber war das nicht das Thema von deinem Referat?"

"Schon, aber Mr. Dearing meinte das würde schon gehen", meine ich und zucke mit den Schultern.

"Achso", Anna lacht kurz, "ich und April haben das Thema Halbgötter genommen, denn Helena war doch ein Halbgott, oder?"

Nein.

"Glaub schon"

"Jedenfalls wollen wir als kleine Extraseite so etwas machen wie, welcher gut zu wem passt und dazu suchen wir uns ein paar Schüler aus der Klasse aus. Wäre es okay, wenn wir auch was über dich machen?", fragt mich Anna und sieht mich abwartend an.

"Meinetwegen", antworte ich.

"Haha, super. Also wir haben uns schon so ein paar Götter überlegt. Zum Beispiel wollen wir bei April was über Athene machen, weil sie ja so gut in der Schule ist und so und bei mir was über Apollon, weil ich immer so fröhlich bin und auch Musik gerne mag. Glaubst du das passt?", erzählt Anna begeistert.

Nein.

"Schon", antworte ich und stecke meine Hände in die Taschen meines Hoodies.

"Und bei dir waren wir uns eigentlich auch schnell einig, dass wir bei dir was über Hades machen. Ich meine, du siehst wirklich so aus, als könntest du sein Kind sein", dieses Mädchen redet echt wie ein Wasserfall, aber eins muss man ihr lassen, ganz falsch liegt sie nicht.

"Wie findest du die Idee?", fragt Anna, lässt mir aber keine zwei Sekunden zum Antworten. "Cool, nicht? Stell dir mal vor, wir wären wirklich Halbgötter und würden zusammen auf Missionen gehen und gegen Monster und so kämpfen, das wäre doch mega lustig. Und dann hätten wir so magische Kräfte, mit denen wir uns verteidigen könnten... oh man, das wäre so cool, aber leider lebe ich dieses normale langweilige Leben hier", Anna seufzt.

Denkt sie wirklich, das würde Spaß machen? Jeden Tag nicht zu wissen, ob du und deine Freunde überhaupt überleben. Durch ganz Amerika reisen und gegen Monster kämpfen, während andere Jugendliche friedlich zur Schule gehen und sich mit ihren Freunden treffen.

Dein Leben steht jede Sekunde auf dem Spiel und manchmal erleidest du unbeschreibliche Qualen - und sie nennt das Spaß?

Naja gut, wahrscheinlich weiß Anna es nicht anders und hat einmal irgendwo einen Film gesehen und denkt jetzt Halbblut zu sein wäre das coolste, was dir nur passieren könnte.

Aber bevor ich noch weiter denken kann, fängt Anna auch schon wieder an zu reden.

"Da fällt mir ein, wie wäre es, wenn wir uns dann noch für jeden Halbgott-Kräfte ausdenken? In der Ilias wird ja nicht so viel erwähnt, außer dass Halbgötter übermenschliche Stärke haben...", sie runzelt kurz die Stirn. Was übermenschliche Stärke angeht, kann ich persönlich nicht ganz zustimmen. Klar gibt es so Leute, wie Percy oder Frank, die einfach so breit wie Schränke sind und wahrscheinlich den Himmel tragen könnten, aber ich brauche ab und zu sogar Hilfe von Reyna, wenn ich eine Flasche nicht aufbekomme.

"Also könnten wir uns doch so was ausdenken, wie bei Poseidon, dass man Wasser bändigen kann oder bei Zeus Blitze erzeugen, was hältst du davon?", schlägt Anna vor.

Abstand.

"Gute Idee", stimme ich zu.

"Okay, ich muss jetzt hier rein", Anna zeigt auf den Klassenraum, an dem wir gerade vorbei kommen. Sie umarmt mich noch schnell, bevor sie hinein eilt.

"Bis nachher Nico", ruft sie mir noch hinterher.

Der restliche Tag ging, trotzdem ich in Mathe fast eingeschlafen bin und eine Verwarnung kassiert habe, aber was soll ich auch tun, dieser Unterricht ist das Langweiligste, das ich je erlebt habe, relativ schnell vorbei.

Jetzt ziehe ich mich für den Sportunterricht um, ich bin extra früh gekommen, damit ich noch relativ alleine in der Umkleide bin. Trotzdem beeile ich mich mein schwarzes, etwas zu großes T-Shirt und meine Jogginghose so schnell wie möglich anzuziehen.

Zum Glück haben wir diese Woche kein Schwimmen mehr, sondern erst nächste Woche. Ich muss mit meinem Verschwinden wohl ganz schön für Aufregung gesorgt haben und hoffe, dass sich das nicht wiederholt.

Als ich wenig später in die Halle gehe, sind noch nicht besonders viele da. Nur ein paar Jungen, die schon angefangen haben einen Basketball in einen der sechs Körbe hier in der Halle zu werfen und drei Mädchen, die auf der Bank sitzen und sich unterhalten.

Ich lasse mich auch auf eine der Bänke fallen und warte auf unseren Sportlehrer.

Nach ein paar Minuten, in denen der Rest der Klasse eingetroffen ist, betritt Mr. Anderson die Halle und ruft alle Schüler mit einem lauten Pfeifen zusammen.

"In dieser Stunde machen wir mit der Selbstverteidigung weiter, das heißt, dass wir kleine Gruppen bilden werden, in denen es dann Gruppen oder Partnerübungen gibt. Die Zettel dazu werde ich euch austeilen, wenn sich alle in Vierergruppe zusammengefunden haben...", er stockt kurz und sofort brechen aufgeregte Unterhaltungen los, wer denn jetzt mit wem in ein Team geht.

"Halt!", ruft Mr. Anderson, um in der Halle nochmal für Ruhe zu sorgen. "Ich habe noch eine kleine Ankündigung. Wir werden nächsten Dienstag und Donnerstag, für alle die es vergessen Montag, Mittwoch und Freitag ist schwimmen, einen Freund von mir in einem Dojo besuchen und dort etwas Kendo lernen, hat davon schonmal jemand was gehört?", fragt er.

"Jap, ich mache schon seit fünf Jahren Kendo", meldet sich Ryan zu Wort. Na super, macht der Kerl irgendwie alles.

"Könntest du der Klasse vielleicht mal erklären, worum es sich darum handelt?", bittet Mr. Anderson ihn.

"Das ist so ein bisschen was, wie die moderne Art von Samuraitechniken beim Schwertkampf", erklärt er und Mr. Anderson nickt.

"Genau, das hat zwar nicht so viel mit Selbstverteidigung zu tun, aber da wir ja auch über Kampfkunst reden, dachte ich mir, es wäre ganz nett, auch mal so etwas auszuprobieren... und jetzt sucht euch in Gruppen zusammen"

Auf sein Stichwort bricht schon wieder Gerede los und langsam fangen sich an Gruppen zu bilden.

"Nico, hierher, wir brauchen noch ein Mitglied", ruft mir auf einmal jemand hinter mir zu. Ich drehe mich um und sehe Damian mit zwei anderen Mädchen hinter mir stehen. Einfach nur dankbar, dass ich nicht schon wieder was mit Ryan machen muss, geselle ich mich zu ihnen und wir beginnen mit den Übungen, die Mr. Anderson uns ausgeteilt hat.

Umbrakinesis - Nico di AngeloWo Geschichten leben. Entdecke jetzt