Kapitel 47

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Ich blinzle aber die Schwärze vor meinen Augen verschwindet nicht. Als ich einen Schritt nach vorne wage, spüre ich, wie der Boden unter meinen Füßen nachgibt und ich anfange zu fallen. Geschockt atme ich aus und versuche mich an irgendetwas festzuhalten, aber es scheint, als würde kein Raum existieren.

Ich falle mindestens zehn Sekunden, bevor ich auf dem Boden aufschlage und alle Luft aus meinen Lungen gepresst wird. Mein ganzer Körper wird in Schmerz versetzt, aber der Fall hat mich nicht umgebracht, was er eigentlich hätte tun sollen.

Ich blinzle und so langsam erscheint ein Bild vor meinen Augen, jedoch dauert es bestimmt eine Minute, bevor ich mein Umfeld ausmachen kann.

Um mich herum erstrecken sich hohe Felsen, über denen man einen dunklen Himmel ausmachen kann. Das Licht hier scheint also nicht von dort zu kommen. Langsam stehe ich auf, obwohl mein Körper immer noch schmerzt, und schaue mich weiter um. Ich bin auf irgendeiner Anhöhe gelandet, unter mir erstrecken sich Felder, auf denen weiße Blumen wachsen.

Bin ich-? Nein, das kann eigentlich nicht sein. Wie soll ich nur durch das Berühren von Biancas Hand in die Unterwelt gekommen sein. Aber das hier sieht eins zu eins aus wie der Asphodeliengrund. Ich war zwar noch nicht oft hier, aber trotzdem erkenne ich diesen Ort sofort wieder.

Aber warum bin ich hier und was hat das alles mit Bianca zu tun? Und ist das hier überhaupt die richtige Unterwelt oder nur eine Illusion?

Schnell springe ich von dem circa zwei Meter hohen Steinvorsprung herunter und lande in dem knietiefen Gras. Um sicher zu gehen, lasse ich mein Schwert in meiner Hand erscheinen, obwohl ich bezweifle, dass ich es gebrauchen kann - hier ist weit und breit kein Mensch zu sehen.

Ich fange an durch das Feld zu stapfeln, ohne wirklich eine Idee zu haben, wo ich bin oder wohin ich muss, aber ich versuche einfach mal meiner Intuition zu folgen. Wenn Bianca nicht hier irgendwo in der Nähe ist, warum sollte ich sonst gerade hierher teleportiert worden sein.

Nach ein paar Minuten, wird das Laufen durch das Feld immer anstrengender, aber ich kann auch nicht Schattenreisen, aus Angst, dass ich Bianca verpassen könnte. Ich schlage mit meinem Schwert ein paar hohe Sträucher weg, als vor mir auf einmal eine kleine Landstraße auftaucht. Was die auf einmal hier macht, weiß ich nicht, aber trotzdem entscheide ich mich ihr zu folgen, da dies besser ist, als die ganze Zeit durch irgendwelche Gräser zu laufen.

Ich schaue mich noch einmal um. Der Asphodeliengrund ist ziemlich triste, jedoch kommen hier die meisten verstorbenen hin, um noch ein relativ friedliches Leben nach dem Tod zu haben. Von hier aus kann man auch das Elysium sehen, dass auf einer Art schwebenden Plattform thront. Mehr kann man von hier unten nicht sehen, dort wirklich gewesen war ich noch nicht, also weiß ich auch nur aus Sagen, wie es dort aussieht. Im Tartarus hingegen war ich schon länger - warum zieht es mich immer an die schlimmen Orte?

Die Straße scheint immer noch kein Ende zu nehmen doch auf einmal höre ich Stimmen, die sich leise unterhalten. Ich folge dem Geräusch und sehe zwei Männer, die sich hinter einem Buch stehend unterhalten.

"Entschuldigung", sage ich und die beiden drehen sich zu mir um. "Habt ihr hier ein Mädchen gesehen"

"Wie sieht sie denn aus?", fragt der eine und verschränkt seine Arme.

"Schwarze Haare und etwas größer als ich", antworte ich und die Männer werfen sich einen Blick zu.

"Gut möglich, aber ich wüsste nicht, warum wir dir das sagen sollten Bursche", sagt der andere und die beiden lachen. "Vielleicht hast du uns ja irgendwas zu bieten, das unsere Meinung ändert", fügt er hinzu.

Ich verdrehe meine Augen, zücke mein Schwert und lasse schwarzen Nebel um mich herum erscheinen. Die beiden Männer weichen sofort zurück. "Ich kann euch anbieten, euch nicht sofort ein Stockwerk tiefer zu schicken", knurre ich und die Männer sehen mich schockiert an. Hoffentlich rücken sie jetzt mit der Sprache raus, da ich ehrlich gesagt gar nicht in der Lage bin die beiden in den Tartarus zu werfen. Ich höre sie zu wie sie flüstern und schnappe mehrmals die Worte Prinz und Hades auf.

Sie kennen mich also? Das heißt dann wohl, dass ich hier wirklich in der Unterwelt bin und nicht nur irgendwo in Biancas Kopf. Aber wie können wir beide aus dem Krankenzimmer in New York auf einmal hierher gekommen sein? Und vor allem sind das hier auch nur unsere Seelen, da Bianca ja immer noch in dem Bett liegt.

Also, auf jeden Fall ist es nur Biancas Seele, was mit mir und meinem Körper passiert ist, weiß ich nicht, aber der Aufprall eben war so schmerzhaft, dass ich mir schon vorstellen könnte mit Haut und Haaren hier her gekommen zu sein.

"Okay, gut wir sagen dir, was wir wissen", reißt mich plötzlich einer der Männer aus meinen Gedanken. „Hier läuft öfters mal en Mädchen herum, dass nicht ganz bei Sinnen scheint und deine Beschreibung passt auch. Sie ist in diese Richtung gegangen", er zeigt in Richtung des Elysiums. „Aber mehr wissen wir wirklich nicht"

Ich lasse mein Schwert wieder in Schatten verschwinde und nicke bevor ich in die Richtung, in die Bianca gelaufen sein soll, verschwinde.

Umbrakinesis - Nico di AngeloWo Geschichten leben. Entdecke jetzt