Kapitel 38

107 12 23
                                    



Das Haus das man ihm zur Verfügung gestellt hatte, verfügte nur über einen einzigen, mit Vorhängen abgetrennten Raum. Ein Feuer knisterte in dem einfachen, aus gebrannten Ziegeln gemauerten Kamin. Eriks Augen jedoch blieben die ganze Zeit auf die Tür fokussiert. Es konnte nicht lange dauern, dachte er, während er mit zittriger Hand die Pfeife zum Mund führte, nur um sie sofort wieder abzusetzen. Die Asche war kalt, die Pfeife aus. Seine Finger zitterten immer noch, als er es schließlich schaffte, einen Holzspan im Kamin zu entzünden und die Glut über dem Tabak neu zu entfachen.

Sein Herzschlag beschleunigte sich, als er hörte, wie die Haustür geöffnet wurde. Noch immer geisterten die letzten Worte des Sehers in seinem Kopf herum. Würde sie das wirklich tun ? Ihn töten ? Die Angst hatte sich längst mit seiner Wut vermischt und kämpfte immer wieder um die Oberhand. Er wollte Mhari nicht so sehen, wie Jared es tat. Und doch konnte er sich auf das Bild, das er sich von Mhari gemacht hatte, überhaupt noch verlassen ? Die Gejarn die er zu kennen meinte, würde ihm nichts tun, selbst wenn er sie mit seinem Wissen konfrontierte. Die jedoch über die der Seher gesprochen hatte, die Gejarn die er kurz im Feuerregen im roten Tal gesehen hatte... oh ja, diese Frau würde ihn töten . Und doch hoffte er , das Jared nicht recht behalten würde. Sein eigenes Schicksal schien ohnehin besiegelt aber zu wissen, das Mhari in ihm niemals mehr als eine Schachfigur gesehen hatte... Auf eine Art wäre ein solcher Verrat schlimmer als der Tod. Und so hoffte er. Hoffte, das Jared am Ende nicht recht behalten würde, das dass nur seine Sicht der Dinge sein mochte...

Er brauchte eine Antwort. Erik schloss die Augen während er sich in dem großen, schweren Sessel zurück lehnte. Er hatte keine Ahnung, wo der überhaupt herkommen mochte. Die restliche Einrichtung der Hütte war schlicht und aus grobem, nur Oberflächlich geschliffenem Holz oder Metall gefertigt. Und er würde wohl keine Gelegenheit mehr haben, den eigentlichen Besitzer der Hütte zu Fragen. So oder so.

,, Erik ?" Ihre Stimme klang irritiert , während er hörte, wie die Tür hinter ihr wieder ins Schloss fiel. Er öffnete die Augen obwohl er es nicht wollte. Mhari stand nur wenige Schritte von ihm entfernt, hochgewachsen und grade. Wie immer blieb ihre Mine unnahbar und kaum zu entschlüsseln. Ahnte sie es schon ? , fragte er sich, während das Schweigen zwischen ihnen sich in die Länge zog. Das Schwert jedenfalls trug sie nicht mehr. Also hatte sie wohl Erfolg gehabt, Macon zu überzeugen sich weiter in Geduld zu üben ?

,, Stimmt etwas nicht ?"
Eine Menge, dachte Erik. Er wusste nicht wie er beginnen sollte .Seine Kehle fühlte sich trocken an. Betrunken war alles leichter...

,, Nicht das ich viel gegen die Vorstellung hätte, Unsterblich zu sein, aber ich würde es wirklich vorziehen vorher wenigstens nach meiner Meinung gefragt zu werden. Selbst wenn dich meine Meinung scheinbar ohnehin nicht im geringsten kümmert. Was bin ich also für dich ?" , wagte er es schließlich zu Fragen. ,, Nur eine Rückversicherung, mehr nicht ? Weil ich ihm zufällig Ähnle ist das der einzige Grund ? Für eine Weile habe ich wirklich geglaubt..." Er stockte, konnte nicht weiter sprechen. Ihre Zuneigung hatte nie ihm gegolten, oder ? Nicht einmal das Geständnis im roten Tal... Nicht wirklich jedenfalls. Nur dem, was er werden sollte. Nur weil sie hoffte, durch ihn einen Teil ihres alten Gefährten zu bewahren ? Götter, er fühlte sich betrogen und er konnte nicht einmal wütend deshalb werden. Ein Teil von ihm konnte es sogar begreifen. Am Ende durfte er sich nur selbst einen Narren schimpfen, das er nicht eher angefangen hatte, alles zu hinterfragen. ,, Ich bin nicht er, Mhari."
,, Der Seher hat es euch gesagt..." Die Worte taten weh. Nicht weil sie bestätigten, was er ohnehin befürchtet hatte. Doch die nüchterne Kälte die darin lag warf fast unerträglich. Und plötzlich war da nicht mehr Angst. Die Angst verflüchtigte sich in dem Moment, in dem er wusste, das sie berechtigt war. Er war verloren, so oder so. Was blieb... war stumme Wut.

Erik - Die UnsterblichenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt