Kapitel 17

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Das Feuer war bereits bis auf einige Glutpunkte und glimmende Äste heruntergebrannt, als Erik die Augen aufschlug. Die Nächte hier im Osten Cantons waren allerdings trotz der späten Jahreszeit noch so warm, das er nicht fror, als er die Decken abstreifte und sich umsah. Irgendetwas hatte ihn geweckt, auch wenn er nicht wusste was. In seinem Kopf drehte sich alles, die Nachwirkungen ihrer ersten Eskapade. Und seine Füße schmerzten wegen der zweiten.

Erik konnte Cyrus erkennen, der, an eine Zypresse gelehnt, immer noch schlief. Es hatte eine Weile gedauert, bis der Wolf sie eingeholt hatte, nachdem sie entkommen waren und so hatten sie bereits ihr Lager im Schutz eines kleinen Heins aufgeschlagen, als er sie schließlich fand. Da saßen sie allerdings auch immer noch lachend um das Feuer herum, also war es vermutlich nicht so schwer gewesen, sie zu bemerken. Und diesmal hatte es sogar ehrlich geklungen, dachte Erik, während er sich einen glimmenden Ast aus den Flammen fischte und die Flammen durch vorsichtiges pusten zu neuem Leben erweckte. Schlafen würde er jetzt nicht mehr, trotz der dröhnenden Kopfschmerzen. Seine Müdigkeit war verflogen. Mit einer Hand beförderte er etwas Tabak aus einem Beutel in seine Pfeife und entzündete sie dann vorsichtig mit dem brennenden Ast. Ein paar Züge und die gesamte Oberfläche des Tabaks glomm in einheitlichem rot, das sanft sein Gesicht beleuchtete. Erik beförderte den Ast zurück ins Feuer und begann um ihr kleines Lager herum zu laufen. Die Bäume bildeten ein annäherndes Oval um sie herum und verbargen sie so sicher vor neugierigen Blicken. Sie hatten sich zwar ohnehin ein gutes Stück vom Händlerpfad entfernt niedergelassen,

Erik bezweifelte zwar, dass ein einzelner kaiserlicher Agent sie so schnell finden würde, aber sicher war sicher. Grünes Gras raschelte unter seinen Füßen, als er den Rand des von ihnen bereits platt getretenen Bereichs erreichte. Die Bäume ragten beinahe wie eine schwarze Mauer vor ihm auf. Die Schatten unter ihrem Blätterdach schienen Erik fast greifbar. Das einzige Licht, neben dem heruntergebrannten Feuer stammte vom Mond, der freien Ebenen um den Hain herum in Silber verwandelte. Doch zwischen den Bäumen gab es scheinbar nur Schwärze und undurchdringbare Dunkelheit. Das hieß... bis auf einen einzigen, fernen Lichtpunkt, der zwischen den Stämmen aufflackerte. Eine Fackel ? , dachte Erik. Ein Teil von ihm wollte sofort zurück rennen der rufen um die anderen zu warnen. Im letzten Moment jedoch, wurde er stutzig. Das Licht kam nicht auf sie zu, wie er zuerst befürchtet hatte. Es bewegte sich weg von ihnen, hinaus aus dem Wald. Sehr seltsam... Ein Reisender würde sich bei Dunkelheit sicher nicht so weit vom sicheren Händlerpfad wagen. Und wenn es der Agent war, der da draußen herum streunte hatte er sie grade um Haaresbreite verfehlt.

Er zögerte einen Moment, dann tauchte er in die Schatten ein und folgte dem Licht. Unter dem dichten Dach aus Nadelblättern war es fast unheimlich still. Die Zweige und der mit abgestorbenen, braunen Nadeln bedeckte Boden schluckten jeden Laut, selbst den Wind, der auf den offenen Steppen und Savannen sonst so unnachgiebig wehte. Lediglich ab und an konnte er etwas im Unterholz rascheln hören, vielleicht ein Eichhörnchen oder ein Fuchs. Zumindest nichts größeres, hoffte er. Das einzige Licht, das ihm blieb, war der dünne, kaum wahrnehmbare Schein der Glut in seiner Pfeife und das ferne Feuer der Fackel, das sich immer noch von ihm entfernte. Vielleicht war es ja gar nichts, sagte er sich, als die Flamme schließlich stehen blieb, genau am Rand des Wäldchens, das ihren Lagerplatz umgab. Doch je näher er kam, desto weniger war er bereit, das zu glauben.

Die Gestalt, die dort im Schein einer einzelnen Fackel stand, kam ihm viel zu vertraut vor. Die graue Kleidung die sie trug verschmolz fast mit dem Pelz der Löwin. Mhari...

In einer Hand hielt sie nach wie vor die Fackel, die Erik zuvor überhaupt erst Aufmerksam gemacht hatte. Mit der anderen stützte sie sich auf den Speer, während sie scheinbar die Straße beobachtete. Das graue Band des Händlerpfads schlängelte sich zwischen Tafelbergen und grasbewachsenen Hügeln hindurch und verlor sich irgendwo in der Ferne. Ein schwacher Lichtpunkt markierte immer noch das Gasthaus, das sie Stunden zuvor verlassen hatten.

Erik - Die UnsterblichenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt