Kapitel 35

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,,Mhari auf ein Wort." Erik sah langsam von seinem Teller auf. Die Türen des Speisesaals flogen mit einem Ruck auf und Macon Ordeal trat in den weitläufigen Raum. Hinter ihm , halb in die Schatten geduckt, konnte er Jared erkennen, doch wo Macon die Ungeduld ins Gesicht geschrieben stand, wirkte der Seher nach wie vor ruhig wie eh und je, in seinen dunklen Roben scheinbar das genaue Gegenstück zu dem in Gold gekleideten Prinzen.

Die Bewohner des Dorfes aßen oft zusammen und manchmal brachten sie sogar Lebensmittel aus ihren Häusern mit um sich dann hier unter die übrigen Dörfler zu mischen.

Erikw ar das anfangs seltsam erschienen, doch mittlerweile hatte er sich daran gewöhnt, beim Essen immer ein, zwei fremde Menschen um sich zu haben. Die meisten akzeptierten seine Anwesenheit während der Mahlzeiten einfach, genau so wie sie auch Cyrus oder Mhari einfach akzeptierten und manch einer fing sogar ein Gespräch mit ihm an, obwohl Erik selten wusste, über was er mit ihnen reden sollte. So drehten sich die Unterhaltungen meist nur um Belanglosigkeiten. Viele der Bewohner waren bereits damit beschäftigt, ihre Hütten Winterfest zu machen und die letzte Ernte einzubringen, während andere Bewohner wohl erst mit dem ersten Schnee ins Dorf zurück kehren würden. Vor allem die halbnomadisch lebenden Rentierzüchter fanden sich oftmals erst gegen Ende des Jahres in ihren festen Behausungen ein , weshalb es momentan eine ganze Reihe unbewohnter Gebäude gab, in denen man Erik, Cyrus und auch Mhari untergebracht hatte. Im Augenblick jedenfalls waren außer Erik selbst nur Cyrus, Macons Frau Valja und Mhari in der großen Halle.

Letztere legte betont langsam das Besteckt bei Seite und stand auf, doch in der einsetzenden Stille klang das Geräusch von scharrenden Stuhlbeinen und Metall, das auf Porzellan traf unnatürlich Laut.

Dann war sie auch schon aus dem Saal hinaus und die Türen schlossen sich wieder hinter ihr , Macon und dem Seher. Erik blieb nur , eine Weile auf die aus groben Holz gezimmerte Tür zu starren und die Stirn zu runzeln. Das ging jetzt seit Tagen so, dachte er. Mhari verschwand zusammen mit Jared und Macon und kehrte meist erst Stunden später wieder und was immer sie dabei zu besprechen hatten, sie wirkte mit jedem mal frustrierter. Und ob es wirklich nur an ihren Gesprächen lag, wagte er zu bezweifeln. Seit ihrer letzten Enthüllung hatte er kaum Gelegenheit gehabt mir ihr zu sprechen und ihre Worte waren ihm nur all zu deutlich im Gedächtnis geblieben. Ob sie nun Erfolg hatten oder nicht... Mhari beabsichtigte zu sterben. Und weder der Seher noch Macon schienen sich groß daran zu stören. Tatsächlich nagte die Sache an ihm wohl mehr wie an Mhari selbst. Für sie hatte das von Anfang an festgestanden... Aber für ihn ? Wenn er ganz ehrlich war missfiel ihm die Vorstellung nicht nur... er verabscheute den Gedanken. Und Gleichzeitig, welche Möglichkeit hatte er etwas dagegen zu tun ? Er würde Mhari in dieser Sache nicht umstimmen... geschweige denn hätte er das Recht dazu. Mit einem hatte sie recht, das war auf seine Art eine Sache zwischen ihr und Corvus. Er hatte nicht die Macht daran etwas zu ändern. Und wieder einmal mehr konnte er nicht leugnen, wie sehr ihn diese Frau mittlerweile faszinierte. Oder vielleicht besser, in den Bann geschlagen hatte ? Er hätte gehen können, nicht ? Nach dem Debakel im roten Tal, nachdem sie Macon gefunden hatte... oder auch schon früher. Und doch war er immer noch hier, war geblieben obwohl sein Part in dieser Sache längst erledigt war... Und warum ? Die Antwort war simpel, dachte Erik. Er konnte und wollte das alles nicht mehr einfach so hinter sich lassen. Nicht wenn er je wieder Ruhe finden würde. Noch immer hatte er fragen und das Gefühl, die Wahrheit nicht ganz zu kennen . Und das Schicksal des gesamten Kaiserreichs schien daran zu hängen, wie dies alles hier enden würde.

Nun er würde zumindest keine Antwort darauf bekommen, in dem er hier herum saß, dachte er. Mittlerweile waren auch die Schritte von Mhari und den anderen draußen auf dem Gang verstummt. Vielleicht konnte er es also wagen.

Erik - Die UnsterblichenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt