Kapitel 29

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,, Cyrus, beeil dich gefälligst etwas wir müssen heute noch ankommen." Dieses Mal war er es, der dem Wolf vorweg lief . Die Holzbohlen aus denen das Fass gefertigt war, polterten über den grob gestampften Lehmboden der Dorfstraße und manchmal ließ Erik es an einer kleinen Erhöhung einfach los um dahinter her zu laufen. Bisher hielt alles, auch wenn sich bereits die ersten Wachsstücke und Pechstreifen zu lösen begannen, aber darauf konnte er jetzt keine Rücksicht mehr nehmen. Er hatte keine Ahnung, wie viel Zeit ihnen noch blieb oder ob überhaupt. Wenn die Armee des Kaisers über einen bestimmten Punkt hinaus wäre, würde ihnen auch das Drachenfeuer nicht mehr viel nützen. Noch immer tobten vereinzelt Kämpfe in den Straßen, die ihn und Cyrus immer wieder zwangen, Umwege in Kauf zu nehmen um ihnen auszuweichen. Aber immerhin schienen es weniger zu werden und die Gejarn die erste Welle aus Gardisten langsam aber sicher zurück zu treiben.

Cyrus schlich mehr hinter Erik her , als das er lief, immer darauf bedacht, das Fass vorsichtig über jede Bodenwelle zu rollen um es auf keinen Fall zu beschädigen. Hinter den letzten Gebäuden, wo die Ebene sich bis zu den Klippen erstreckte, konnte Erik mittlerweile bereits das Licht unzähliger Fackeln erkennen, die sich allmählich auf das Dorf zubewegten. Im Zwielicht davor huschten noch immer Schatten hin und her und dröhnte das Klirren von Stahl durch die Nacht. Offenbar hielten die Männer aus den freien Königreichen ihre Posten. Noch.

Am nach wie vor offen stehenden Zaun hielt Erik schließlich inne, während er darauf wartete, dass der Wolf wieder zu ihm aufschloss. Götter, das musste einfach funktionieren, dachte er, während er zusah, wie die Wand aus Fackeln langsam näher kam. Noch waren sie auf einer Seite vom Fluss und auf der anderen von den Klippen eingekeilt, aber sobald sie die freie Ebene vor dem Dorf erreichten, würden es kaum noch möglich sein, sie aufzuhalten. Selbst mit Drachenfeuer. Einen Moment konnte er Balthasar erkennen, der sich einen Schlagabtausch mit einem Prätorianer lieferte.

,, Ihr, Arzt... ich hoffe ihr habt einen Plan." Der Herr Erindals streckte seinen Gegner mit einem weiteren Hieb nieder, bevor er sich zu Erik umdrehte. ,, Und was sollen die Fässer ?"

,, Uns Zeit verschaffen hoffe ich. Das heißt wenn dieser Wolf nicht beim Laufen einschläft. Cyrus !", Der Angesprochene hatte ihn mittlerweile fast erreicht und kam neben ihm zum Stehen. Das Fass mit Drachenfeuer hielt er dabei nach wie vor mit beiden Händen fest, als hätte er Angst, eine plötzliche Bewegung zu machen.

,, Ich bin ja schon da." Selbst durch das Fell konnte Erik sehen, das dem Mann der Schweiß auf der Stirn stand. ,, Also, wie weiter ?"

,, Ihr müsst eure Männer zurück rufen." , erklärte Erik an Balthasar gerichtet. ,, Wenn das hier funktioniert wird zwischen uns und denen" , er nickte in Richtung der näherkommenden Lichter nur noch ein See aus Feuer bleiben."

Balthasar zögerte nicht, sondern legte die Hände zu einem Trichter zusammen. ,, Zurück. Alle zurück in die Siedlung.!" Die Stimme des Mannes hallte wie ein Donnerschlag durch das Tal. Die wenigen verbliebenen Kämpfer zögerten nicht lange, sondern rannten. Erik sah zu, wie die ersten den Zaun erreichten und sich hinter ihrem Fürsten versammelten.

,,Ich hoffe sehr ihr wisst was ihr tut." , meinte dieser. Die Lichter welche die Armee des Kaisers begleiteten, waren mittlerweile bereits beträchtlich näher gekommen...

,, Das hoffen wir beide." , meinte er während er sich daran machte, die verbliebene Pechschicht vom Deckel des ersten Fasses zu kratzen. Der Boden vor dem Dorf war zwar fast Eben, verlief von den Gebäuden weg jedoch leicht abschüssig. Und Drachenfeuer war flüchtig, dachte er. Der Inhalt eines Fasses würde sich rasch verteilen und den Talgrund bedecken. Aber so nahe an der Siedlung... Das konnte er nicht riskieren. Er musste näher ran. Erik gab Cyrus ein Zeichen, zu bleiben wo er war, während er die beiden Fässer mit einem kurzen Stoß auf die Ebene hinaus beförderte und ihnen kurz darauf folgte. Die Kutschen und Sänften der Adeligen die wenige Stunden zuvor noch so prächtig gewirkt hatten, waren teilweise umgestürzt, die teuren Stoffe, mit denen man sie verkleidet hatte, zerfetzt. Tote Körper zeichneten sich im Gras ab, das im Mondlicht silbern schimmerte. Es war beinahe gespenstisch Still geworden. Selbst der Wind war verstummt und in der Dunkelheit konnte Erik die kleinen, geisterhaften Flammen sehen, die bereits hier und da aus den Fässern hervortraten, wo verdunstendes Drachenfeuer nach außen drang. Er konnte die Hitze bereits spüren, die davon ausging, als er ihnen grade erneut einen Stoß geben wollte um sie endgültig in Richtung der kaiserlichen Gardisten zu befördern. Dann jedoch hielt er inne. Im unsteten Licht der Geisterflammen hatte etwas seine Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Nur eine weitere, gefallene Gestalt, sagte er sich. Doch diese hier trug weder die Panzerung eines Prätorianers noch ein Wappen der freien Königreiche. Die dunklen Roben jedoch, erkannte Erik trotzdem wieder. Abalain... Was hatte er überhaupt hier draußen zu suchen gehabt?

Erik - Die UnsterblichenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt