Prolog

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Macon Ordeals Schritte halten vom Metall der Silberbrücken wieder. Unter ihm schimmerte das Land im Mondlicht. Flüsse leuchteten wie geschmolzenes Silber, Wälder und Wiesen waren große, dunkelgrüne Schatten in der Tiefe. Die fliegende Stadt lag ruhig da, die meisten Laternen, die in den Straßen brannten waren längst erloschen und nur ab und an konnte man einen Blick auf eine Gruppe Prätorianer erhaschen, die die Straßen patrouillierten. Macon kümmerte sich nicht groß um sie, sondern beschleunigte seine Schritte, vorbei an dem großen Platz des Kaiserfriedens, wo Banner und Wappen gefallener Reiche im Wind wehten. Einen Moment wurde er doch langsamer und bewunderte die stummen Zeugnisse, der Triumphe seiner Ahnen. Manche der Banner waren alt und längst von der Welt verschwunden, mottenzerfressene Dinger, die bald wohl völlig zu Staub zerfallen würden. Andere jedoch konnte man auch heute noch in den Rängen der Vasallen des Kaisers finden. Seines Vaters... Und auch von ihm würde man eines Tages erwarten, dass er dieser großen, öffentlichen Ruhmeshalle ein paar neue Wappen hinzufügte. Er lächelte über den Gedanken. Die Herrschaft seines Vaters war friedlich gewesen. Aber nun war Caius ein alter Mann. Noch immer mächtig und gefürchtet, aber der junge Mann spürte, dass die Zeit näher rückte, in der er ihn auf dem bernsteinthron ablösen würde. Und er... er strebte nach mehr...

Der Boden des kreisrunden, von Flaggen bestandenen Platzes, war mit einem riesigen Mosaik aus Marmor ausgelegt. In dessen Zentrum, umringt von den Wappen und inmitten von in Stein gefangenen Gesichtern von Fürsten und Königin, prangte das Banner seiner eigenen Familie. Auf schwarzem Grund ein Drache aus weißem Stein. Nach fast einem Jahrtausend der Herrschaft noch immer ungebeugt und ungebrochen, seit dem Tag an dem er zum ersten Mal in den Himmel Cantons gestiegen war.

Macon riss sich schweren Herzens schließlich von dem Anblick los. Er war ohnehin bereits zu spät und wenn sein Vater eines verachtete, dann war das Unpünktlichkeit. Trotz aller Güte, die ihm das Volk nachsagte, die einfachen Leute mussten sich ja auch nicht direkt dem Zorn eines Kaisers stellen. Macon grinste über diesen Gedanken, während er über die letzte Brücke ging. Das silbrige Gewebe unter seinen Füßen reflektierte das Mondlicht, glänzte so hell wie ein Stern, obwohl es nie poliert wurde. Die Magie, die die ganze Stadt durchzog war mit jedem Schritt spürbar, ein leichtes Kribbeln an den Fußsohlen, an das man sich nur schwer gewöhnte.

Der Kaiserpalast ragte vor ihm auf, eine Stadt mitten im Herzen der eigentlichen Stadt, umlaufen von weißen Mauern. Gewaltige Türme und Bauwerke streckten sich, breiten Fingern gleich, gen Himmel als wollten sie nach den Sternen greifen, die am klaren Himmel schimmerten. Das Tor am Ende der Brücke stand weit offen und führte auf einen kleinen Vorplatz hinaus. Ein mit Steinplatten ausgelegter Weg führte im Schatten mehrerer Birken hin zum eigentlichen Tor des Palastes. Marmorsäulen trugen ein großes Vordach unter dem eine kurze Treppe hinauf zum Portal führte. Den wachsamen Augen der Prätorianer entging nichts, während Macon ihre Reihen passierte. Es war wohl ein Wunder, das sie ihn überhaupt erkannten und nicht anhielten. Er war erst vor weniger als einer Stunde in die Stadt und war den ganzen Weg geritten. Er war verschwitzt, seine Kleider waren schmutzig von Staub, der leichte Panzer den er trug mit Kratzern übersäht. Der braune Schulterumhang, den er trug wies Flicken auf... aber das Schwert an seiner Seite war scharf und sauber und der Stahl tödlich. Das war worauf es ankam. Sollte sein Vater ruhig sehen, dass er den Ruf seines Erzeugers und Lehnsherrn ernst nahm. Auch wenn er sich fragte, was der Grund dafür sein mochte.

Noch vor einigen Monaten hatte er eine Kampagne nach Hasparen geführt, nachdem es unter dem Reitervolk zu einer blutigen Rebellion gegen das herrschende Imperium gekommen war. Normalerweise hätten die örtlichen Garden der Sache ein schnelles Ende bereitet, aber manche waren tatsächlich in das Lager der Aufständischen übergelaufen. Und so hatte der Kaiser Macon entsendet um ein Exempel zu statuieren. Was sie bei ihrer Ankunft gefunden hatten, war eine Herrschaft des Blutes. Loyale Anhänger des Kaisers hingeschlachtet, Dörfer geplündert und die Rebellen hatten sich in alle Winde zerstreut. Sie waren kaum mehr als Banditen und herrenlose Kosaken, tausende von ihnen allerdings, die eine Schneise der Verwüstung durch das Land zogen.

Erik - Die UnsterblichenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt