Epilog

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Ihr verlasst uns schon?" Die Stimme des Sehers ließ Erik einen Moment zusammen zucken. Er hatte nicht damit gerechnet, dass ihm jemand Folgen würde. Oder könnte... Die fliegende Stadt war hinter ihm nur noch als Schatten am Horizont zu erkennen. Die untergehende Sonne ließ die schwebenden Bauten in allen Farbtönen von Rot, Gold und Violett erstrahlen. Macon würde mittlerweile sicher alle Hände voll damit zu tun haben, den Schaden wieder gut zu machen, den Corvus angerichtet hatte. Und ob ihm das je voll und ganz gelingen würde, stand wohl abzuwarten.

,, Wissen die Götter, wie ihr mich eingeholt habt." Erik blieb stehen und sah zurück zu der Gestalt des Sehers, die scheinbar aus dem Nichts hinter ihm auf der Straße aufgetaucht war. Der Mann wirkte gealtert, dachte Erik bei sich. Und das innerhalb der wenigen Stunden, die er ihn nicht mehr gesehen hatte. Vermutlich war Macon nicht der einzige, der nach wie vor alle Hände voll zu tun hatte. Und vielleicht war es auch das Gewicht auf seinem Rücken, das ihn erschöpft wirken ließ. Der goldene Griff der Waffe, dessen Parierstange an den Enden zu einem Löwen und Adlerkopf stilisiert waren, wirkte zu groß für die eher zierliche Gestalt des Sehers.

Jared lächelte lediglich, während er endgültig zu Erik Aufschloss und eine Weile liefen sie schlicht schweigend nebeneinander her. Die Luft war warm, obwohl der Winter nur noch wenige Tage entfernt sein konnte, doch in den südlichen Herzlanden begann die kalte Jahreszeit meist mild und manche der Bäume am Wegesrand trugen sogar noch grüne Blätter.

,, Will ich überhaupt wissen, wie ihr daran gekommen seid ?" Oder was ihr damit vorhabt. Der Gedanke kam ohne dass er etwas dagegen tun konnte, begleitet von einer erneuten Serie fremder Erinnerungen. Er wusste viel über Jared und sein Volk. Zu viel vielleicht. Und gleichzeitig war es nicht er, der diese Vorurteile hegte...

,, Ein großzügiges Geschenk." , erwiderte Jared nur.

,, Ihr meint ihr habt es gestohlen."

,, Es wird noch eine Rolle zu spielen haben." Der Seher zuckte mit den Achseln. ,, Genau wie ihr."

Erik wurde langsamer, bis er schließlich an einer Weggabelung stehen blieb. ,, Ich glaube , davon habe ich fürs erste wirklich genug.", meinte er, als er sich zu dem Seher umdrehte.

,, Nun , vielleicht sehen wir uns eines Tages wieder."

,, Ich hoffe ihr nehmt es mir nicht übel, aber ich habe fürs erste wirklich genug von weiteren Abenteuern."

,, Und was habt ihr dann jetzt vor ?"

,, Ich... glaube ich werde jemanden suchen."
,, Klingt doch nach einem Abenteuer."

,, Einen ziemlich langen, wenn ich kein Glück habe." , gab er seufzend zu. Aber lange genug Zeit hatte er ja jetzt. Und im Augenblick lag so oder so noch sehr viel Arbeit vor ihm. Einen Moment war er sich unsicher ob dieser Gedanke Corvus oder ihm gehörte. Und machte das überhaupt noch einen Unterschied?

Jared nickte lediglich, während er an ihm vorbei trat. Erik selbst blieb noch eine Weile stehen, wo er war und sah ein letztes Mal zurück auf die langsam dunkler werdende Stadt am Horizont. Erst dann drehte er sich um und schlug den anderen Weg, fort von Jared und Mhari ein. Vielleicht konnte er ihr irgendwann verzeihen. Bis dahin... hatte er einen eigenen Weg zu gehen.

Erik - Die UnsterblichenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt