Kapitel 5 - Eine Begegnung

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"Ich soll Benedikt Höwedes treffen?" Ich konnte es immer noch nicht fassen! Wie kam Mira auf die Idee, dass er mir überhaupt zuhören würde?
"Jap, ganz genau! Ihr trefft euch heute Abend im Tacos und dann kannst du ihn ausfragen", flötete sie.
"Warum hast du nicht einfach gefragt, wer es war?"
"Ich dachte mir, dass du das lieber tun solltest."
"Aber was... was sagt man zu einem Profifußballer? Oder was ist, wenn ihn da jemand erkennt? Oder womöglich die Presse das mitbekommt?" Ich vergrub mein Gesicht in den Händen. Warum war es nur so weit gekommen?
Hätte ich mir den blöden Typen doch bloß von Anfang an aus dem Kopf geschlagen!
"Hey, jetzt entspann dich mal! Er ist auch nur ein Mensch. Und außerdem ist das eine riesige Chance für dich." Mira nach meine Hände in ihre und lächelte mich an. "Du kriegst das hin!"
"Das hoffe ich..."

Also, was zieht man zu so einem Treffen an? Es war halb sechs, ich war soweit fertig geduscht und geschminkt, aber ich hatte keinen Schimmer, was ich anziehen sollte.
Ich suchte kurzerhand in meinen Kontakten nach Miras Nummer und rief sie an.
"Na, was gibt's?", meldete sich sich schon nach dem ersten Klingeln.
"Sag mir was ich anziehen soll!", flehte ich. Mira lachte auf.
"Irgendwas ganz normales. Was schlichtes am besten. Was, was nicht sonderlich auffällt, aber auch was, was du bist", sinnierte sie.
"Oh, vielen Dank, Mira. Das hilft mir jetzt unglaublich weiter", sagte ich ironisch.
"Hm... okay, also. Nimm die Bikerjeans, die schlicht schwarze mit dem Muster an den Knien. Und dazu vielleicht einfach eine weiße Bluse und die hellbraune Lederjacke", schlug sie vor.
"Und Schuhe?"
"Die weißen Sneaker."
"Schmuck?"
"Deine goldene Kette vielleicht, sonst nichts."
"Na gut. Danke dir!" Während sie mir Anweisungen gegeben hatte, hatte ich die besagten Kleidungsstücke auf mein Bett geschmissen und betrachtete sie jetzt.
"Also dann viel Glück", trällerte Mira ins Telefon.
"Ich weiß immer noch nicht, was ich von der Sache halten soll..."
"Oh warte mal. Weißt du überhaupt wie Benedikt aussieht? Ich könnte dir ein Bild schicken, damit du..."
"Nein, nicht nötig. Ich weiß, wer er ist", unterbrach ich sie schnell, um zu verhindern, dass sie mir anschließend gleich 1000 Bilder auf einmal schickte.
"Okay, perfekt. Ich muss jetzt los. Zu Nick. Bis später!"
"Äh, tschüss. Und danke." Doch da hatte sie bereits aufgelegt.

Ich betrat das mexikanische Restaurant und schaute mich um, aber ich sah niemanden bekanntes. Also ging ich auf einen Kellner zu.
"Hallo, ähm Entschuldigung. Sagen Sie ist hier..." Doch in dem Moment sah ich etwas abseits eine Person sitzen, die direkt in meine Richtung sah und mir zunickte. "Äh, hat sich gerade erledigt, danke."
Ich ging gezwungen langsam zu dem Tisch hinüber. Als ich fast da war stand Benedikt Höwedes auf und reichte mir die Hand.
"Du bist Hanna?", fragte er freundlich und lächelte.
"Ja, ähm richtig, das bin ich. Danke, Herr Höwedes, dass Sie..."
"Ach Quatsch! Nenn mich Bene!", unterbrach er mich und schob für mich den freien Stuhl zurück. Ich nuschelte ein Danke und setzte mich.
"Möchtest du was trinken oder essen?"
"Ehrlich gesagt habe ich überhaupt keinen Hunger", gestand ich. Mir war kotzübel um ehrlich zu sein!
"Okay, dann vielleicht später", lächelte er und setzte sich mir gegenüber. "Geht's dir gut?" Er sah mich besorgt an. Na toll, Hanna! Kaum brauchte ich mal mein Selbstbewusstsein, saß es heulend in der Ecke.
"Ich finde die Situation nur etwas schräg..."
"Ja, das stimmt wohl."
"Es fühlt sich irgendwie illegal an. Als würdest du mir Drogen verkaufen oder so", lachte ich und es war ein ehrliches Lachen. Ich mochte Bene auf Anhieb und fühlte mich trotz der komischen Situation doch ein bisschen wohl.
"Ganz so böse bin ich gar nicht", lachte auch er und winkte einen Kellner heran, um uns beiden je ein Glas Wasser zu bestellen.
"Ähm... also, wie viel hat Mira denn gesagt?", fragte ich kleinlaut.
"Sie sagte, dass du auf der Suche nach einem Typen mit weißem Hemd und dunklen Haaren wärst..."
"Ja, das stimmt. Mehr nicht?"
"Nein, nichts Konkretes. Nur, dass du auch auf Dorians Party warst." Er lächelte aufmunternd und ich erzählte ihm schließlich alles.
"... Und dann hab ich einen Filmriss. Nichts, es ist alles weg! Aber ich krieg den Kerl nicht mehr aus dem Kopf und es macht mich wahnsinnig, nicht zu wissen, wer er ist!" Ich stützte mein Kinn in meine Handflächen und sah Benedikt grinsen.
"Hat sich da etwa jemand in meinen besten Freund verguckt?", grinste er.
"Was?" Ich zuckte hoch und saß plötzlich stocksteif da und starrte ihn an.
"Die einzige Person, die du meinen kannst, ist Julian. Er ist fast genau so groß wie ich, braune Augen, dunkle Haare..."
"Und er ist auch Fußballer?"
"Ja, er spielt mit mir bei Schalke und in der Natio."
Ich schluckte. War es wirklich dieser Julian gewesen? Wollte ich das wirklich wissen? Aber jetzt war es vermutlich eh zu spät. Ich kannte seinen Namen und den Verein. Wenn nicht jetzt, würde es mich in irgendeiner sentimentalen Phase dazu verleiten, ihn zu googlen.
"Hast... hast du ein Foto?" Ich sah Bene dabei zu, wie er sein Handy aus der Tasche holte, eine Weile darauf herumtippte und es mir schließlich entgegenhielt.
"Das ist Julian Draxler."
Er war es! Ohne Frage war das der Typ, der mich die ganze Zeit im Unterbewusstsein verfolgte. Er sah gut aus, er sah verdammt gut aus! Und dieses Lächeln erst! Auf dem Foto standen er und Benedikt in lässigen Alltagsklamotten vor irgendeinem alt wirkenden Gebäude und strahlten in die Kamera.
"Das ist er", flüsterte ich leise. "Ich hab ihn noch nie gesehen. Also im Fernsehen meine ich." Ich sah hoch zu Bene, der zu schmunzeln begann.
"Du hast wohl nicht viel mit Fußball am Hut, was?", grinste er.
"Nein, das stimmt", gab ich zu und reichte ihm sein Handy wieder. Aber nicht, ohne noch einmal einen Blick auf diesen Julian zu werfen.
"Hast du eine Ahnung was auf der Party passiert ist?", fragte ich ihn.
"Nein, keine Ahnung. Ich war draußen mit ein paar Freunden."
"Ach so."
"Also, wo wir das jetzt geklärt hätten... Erzähl mir was über dich!", forderte er lächelnd und ich lächelte zurück. Dann begann ich zu erzählen.

Es wurde ein wunderbarer Abend. Bene war total offen und lieb und wir unterhielten uns pausenlos. Ich erzählte ihm so ziemlich alles über mich und schloss ihn dabei immer mehr ins Herz.
Erst um Viertel vor zwölf hielt sein Wagen vor meiner Haustür.
"Danke fürs nach Hause fahren, Bene!"
"Aber klar doch. Ähm, willst du meine Handynummer haben? Vielleicht kann ich da ja mal was arrangieren mit Julian", grinste er.
"Wirklich?", fragte ich ungläubig und zog mein Handy aus der Jackentasche.
"Ja klar!" Er nahm mein Handy und speicherte sich in meinen Kontakten ein.
"Danke für alles!", strahlte ich. Dieser Abend hatte mich ein ganzes Stück weiter gebracht.
Bene lächelte nur und stieg aus. Während ich mich von meinem Gurt befreite und meine Handtasche eingesammelt hatte, war Benedikt schon ums Auto herum gelaufen und hielt mir die Tür auf. Wir umarmten uns zum Abschied. Er wartete, bis ich ins Gebäude gegangen war und fuhr dann davon.
Ich stieg die Treppen hoch bis zu meiner kleinen Wohnung und ließ mich dort sogleich auf mein Bett fallen.
Julian Draxler.
Mr. X hieß also Julian Draxler.

wanted stranger (Julian Draxler FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt